Die zweite Staffel von "Curvy Supermodel" will vor allem eines: Nicht mehr so brav sein wie die Premiere im letzten Jahr. Dazu verzichtet Folge eins weitgehend auf Oberbekleidung - und lässt Heidi Klums Zuchtmeister auf die Mädchen los.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der Einstieg in die zweite Staffel von "Curvy Supermodel" ist so subtil wie ein Schlag mit einem Lattenzaun.

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Die Models traben über eine Pferderennbahn, während sie die Juroren beurteilen. Eine der Bewerberinnen erscheint, Roksana. Sie trägt einen rosa BH, einen rosa Schlüpfer und ein durchsichtiges schwarzes Etwas. "Man muss ja zeigen, was man hat", sagt sie.

Jana Ina, eine der neuen Jury-Mitglieder in diesem Jahr, kreischt bei ihrem Anblick, als sei Schlussverkauf bei Manolo Blahnik. Bereits nach ein paar Minuten ist klar: Im zweiten Jahr von "Curvy Supermodel" gibt sie die hysterische Mutti.

Ihr Gegenstück ist Modelscout Peyman Amin, der zwischen 2006 und 2009 in der Jury von "Germany’s Next Topmodel" saß. Dort war er der, pardon, Arsch vom Dienst. Spezialität: unsichere heranwachsende Mädchen zusammenfalten.

In "Curvy Supermodel" ist er immer noch der gnadenlose Zuchtmeister. Er wurde eingekauft, um den Ton der Sendung zu verschärfen, der im letzten Jahr vorgeworfen wurde, einfach zu freundlich zu den Mädchen zu sein. Das steht in Staffel zwei nicht zu befürchten.

Amin sagt direkt in der ersten Folge Sätze wie: "Ich fand es schade, dass in deinem Gesicht nichts passiert ist. So fad."

Dazu gesellt sich Laufstegtrainer Carlos Costa, der vor allem wild gestikuliert und unverständlich redet: "Das Gesicht ist, wenn ick es anschaue, ist sehr California like." Und Angelina Kirsch, selbst Curvy Model, die einzige Konstante der Show. Sie war schon in Staffel eins dabei und spult immer immer und immer wieder die gleichen Selbstbewusstseinsfloskeln ab: Seid stolz auf eure "Kurven und Dellen"!

Nur das Beste geben heißt vor allem ausziehen

Das können sie in der zweiten Staffel von "Curvy Supermodel" offensichtlich am besten, wenn sie halbnackt sind.

Roksana steht mittlerweile nur noch in Unterwäsche auf der Rennstrecke. Peyman hat Erbarmen und schickt sie in die nächste Runde. Roksana hüpft, freut sich und sagt: "Ich habe mein Bestes gegeben. Ich habs gezeigt, indem ich mich ausgezogen habe." Roksana ist übrigens erst 16.

Das scheint aber kein größeres Problem zu sein. Generell ist die Kleiderdichte in der zweiten Staffel relativ überschaubar.

Der obligatorischen "Walk" vor der Jury: ein Querschnitt durch aktuelle Unterwäschetrends. Angelina Kirsch sagt dazu: "Wir verkaufen nicht nur Kleidung, wir verkaufen ein Lebensgefühl."

Das ist natürlich nur eine weitere Floskel. In erster Linie folgt "Curvy Supermodel" einem Trend: kurvig sein ist voll okay. Das war es natürlich schon immer, nur eben nicht in der Modebranche. Und wenn wir ehrlich sind, ist es das immer noch nicht. Die meisten Models sind genauso spindeldürr wie sie es immer waren.

"Curvy Supermodel" macht da keine Ausnahme: Nachwuchsmodel Hanna ist zwar stolz auf ihre Kurven, allerdings nicht ohne zu erklären, dass ihre Schilddrüse an ihrem Übergewicht schuld sei. Und die Depressionen. Einfach dick sein darf hier keiner. Es muss schon ein Schicksal dahinter stecken.

"Die suchen sich ein Opfer, an dem sie sich auslassen können"

Der Rest von "Curvy Supermodel" folgt den üblichen Spielregeln von Castingshows: Bring die Kandidaten dazu, zu weinen oder sich zu streiten. Für ersteres ist Peyman Amin zuständig, den Rest übernehmen die Kandidatinnen ganz von allein.

Beim Shooting für den Recall sollen sie sich fünf von ihnen in eine überdimensionale Pralinenschachtel pressen. Es dauert nicht lange und die Mädchen keifen sich an. "Die suchen sich ein Opfer, an dem sie sich auslassen können", beschwert sich Melina, die bereits in der ersten Folge zum Hassobjekt auserkoren wurde. "Warum, weiß ich auch nicht", fügt sie hinzu.

Was fatal für sie sein könnte, heißt das doch, dass sie das Konzept der Sendung nicht verstanden hat: Das Model geht so lange zur Jury, bis es bricht.

Denn natürlich ist es für Peyman Amin nach Jahren unter der Knute von Heidi Klum ein Leichtes, die Emotionen der Mädchen zu manipulieren.

Damit auch in den nächsten Wochen die Stimmung explosiv bleibt, müssen Anastasiya, Jennifer, Zoey und Melina erklären, warum sie komplett zerstritten sind. Das Ergebnis ist vorhersehbar: Sie keifen sich wieder an. Nur um von der Jury, die genau das provoziert hat, zu hören, das "sowas natürlich gar nicht geht".

Die nächsten Tränen fließen, Mutti Jana Ina stürmt auf die Bühne. Die Mädchen müssen beruhigt werden. Damit sie Peyman Amin in der nächsten Woche wieder in die Mangel nehmen kann.

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