• Am 27. Juli 2021 feiert Faisal Kawusi seinen 30. Geburtstag.
  • Im Interview mit unserer Redaktion gibt der Comedian Einblick in die weniger humorvollen Phasen seines Lebens.
  • Ein Gespräch über Vorbilder, humorlose Menschen, Mobbing - und eine SM-Szene-Bar in Frankfurt.
Ein Interview

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Er ist Comedian mit Leib und Seele. Wenn er über Themen wie Übergewicht, Ausländer-Sein oder Homosexualität spricht, nimmt er kein Blatt vor den Mund. Offen und ehrlich thematisiert er die Dinge, über die in unserer Gesellschaft von vielen nur mit Unbehagen geredet werden. Dabei nimmt Faisal Kawusi sich auf der Bühne oft selbst auf die Schippe und bezieht immer wieder - mit einer guten Portion schwarzem Humor - seine afghanischen Wurzeln in seine Gags ein.

Mittlerweile kann der 30-Jährige auf etwa zehn Jahre Bühnenerfahrung blicken. So hat er neben seiner eigenen Show mal das Tanzbein in der zehnten Staffel der RTL-Tanzshow "Let's Dance" geschwungen, ist für das "TV total Turmspringen" in die Badehose geschlüpft oder hat sich mit Luke Mockridge in der Sat.1-Show "Luke! Die Woche und ich" einem Windkanal gestellt.

Im Interview mit unserer Redaktion spricht Faisal Kawusi nun über Vorbilder, humorlose Menschen, seine Banklehre - und welche Rolle eine SM-Szene-Bar in Frankfurt bei seiner Comedy-Karriere spielte. Zudem gibt er Einblick, wie er es geschafft hat, mittlerweile so locker mit Kritik und Klischees umzugehen - und hat dabei auch ein paar nützliche Tipps parat.

Herr Kawusi, Sie haben ursprünglich eine Lehre als Bankkaufmann gemacht. Wieso haben Sie den Bürostuhl gegen die große Bühne getauscht?

Faisal Kawusi: Im August 2011 habe ich meine Lehre begonnen, im September war mein erster Auftritt. Beide Berufe gingen also zunächst Hand in Hand. So hatte ich die Möglichkeit, genau zu vergleichen, woran ich mehr Spaß habe. Es hat sich sehr schnell herauskristallisiert, dass ich mich auf der Bühne sehr viel wohler fühle und sehr viel mehr "Ich" sein kann als in der Bank.

Wie sah Ihr erster Auftritt aus?

Das war vor sieben Leuten in einer SM-Szene-Bar in Frankfurt: die zwei Besitzer, vier Angestellte und ein Taxi-Fahrer – der Pause gemacht hat und auch noch mittendrin gegangen ist. Insgesamt sehr frustrierend. Dem Barbesitzer hat das aber so gut gefallen, dass er mich ein paar Tage später zu der Nacht der erotischen Lesung eingeladen hat, wo ich das Vorprogramm machen sollte. In dem kleinen Gewölbekeller war richtig Rambazamba. Da habe ich das erste Mal Blut geleckt und gecheckt: "Das ist der Ort, wo ich hingehöre." Das war der 27. September 2011. Den Abend werde ich niemals vergessen.

Faisal Kawusi: "Humor ist meine stärkste Waffe"

Sie nehmen Sie sich in Ihren Shows selbst gerne auf die Schippe – meistens, wenn es über Gewicht und das Ausländer-Sein geht. Sind Sie schon immer so locker mit Kritik und Klischees umgegangen?

Es ist eine Fähigkeit, die ich erlernt habe – die jeder erst erlernen muss. Prinzipiell ist erstmal jeder verletzt, wenn man auf das Gewicht reduziert oder beleidigt wird. Ich bin irgendwann an einen Punkt angekommen, wo ich mich entscheiden musste: Entweder werde ich ein Leben lang leiden, oder ich finde einen Weg, damit umzugehen. Ich habe mich für den Humor entschieden und das ist bis heute meine stärkste Waffe gegen alles. Wenn man diese Waffe optisch darstellen würde, dann wäre sie eine Blume, weil sie etwas Schönes ist: Man tut niemandem damit weh und kann sich selbst damit schützen, wenn jemand einen attackiert. Mit Humor entwaffnet man sein Gegenüber, weil man auf einmal pure Souveränität zeigt. Das überfordert und verwirrt ihn komplett. Und wenn man es dann noch schafft, dem Gegenüber ein Kompliment zu machen, dann schämt er sich und es tut ihm leid. Aber das ist Master-Level.

Oft fallen einem die guten Sprüche erst im Nachhinein ein …

Ja, aber man ist kein Strohhalm, man ist ein Mensch. Und als solcher muss man in erster Linie auf seine Attitüde achten. Wenn man das als Fundament seiner Lebensbetrachtung annimmt, dann kommen die Sprüche automatisch. Dafür muss man vorher allerdings seine Gedanken ordnen, sodass in dem Moment nicht eine konstruierte, sondern eine vom Herzen kommende Antwort kommt. Diese Souveränität aufzubauen ist jahrelange Arbeit und bedeutet Niederlagen. Aber niemals aufgeben. Glaube an dich und vertraue dir selbst. Das ist leichter gesagt als getan. Aber wenn du es tust, dann hast du das Leben, das die oberen zehn Prozent haben. Ich rede nicht von denen die reich sind, sondern die wahrhaftig glücklich und zufrieden sind.

Sie sollten Motivations-Coach werden.

Das höre ich oft. Aber als Komiker wird man besser bezahlt - und man kommt auch öfter ins Fernsehen (lacht).

Apropos Kritik: Immer wieder hört man kritische Stimmen, dass Comedians sich in puncto Rassismus, Sexismus, Homophobie etc. auf sehr dünnem Eis bewegen bzw. nicht mehr ganz korrekt bleiben. In Ihren Augen berechtigt?

Nein, denn erstens: Diese Menschen, die das sagen, sind in der Regel humorlose Menschen. Und soll ich mir als Komiker von solchen humorlosen Menschen Comedy erklären lassen?

Zweitens: Das Prinzip der Comedy ist ein Prinzip des Sarkasmus, des sprachlich ins Irreführende, des Provozierens. Zu denen, die andauernd Kunst beurteilen und kritisieren, sage ich: Wer hat denn euch zum Comedy-Dieter-Bohlen gemacht? Wer gibt euch das Recht, darüber zu urteilen, was mein Gag ist?

Drittens: Diese Menschen, die auf andere zeigen, sind reine Selbstdarsteller und gucken auf andere herab. Das ist für mich ein Indiz für psychische Schwäche.

Faisal Kawusi zu Homosexualität: "Es ist ok. Es ist sogar schön."

Haben Sie ein Vorbild aus der Comedy-Szene?

Kaya Yanar. Ich war zehn Jahre alt, als ich ihn das erste Mal bei "Was guckst du?" gesehen habe. Dadurch, dass ich mit meiner Familie jeden Freitagabend diese Sendung angeschaut habe, war er irgendwann wie ein lustiger Cousin, der am Freitagabend vorbeikommt und uns alle zum Lachen bringt. Er ist mein Einschalt-Impuls. Ich habe mitbekommen, wie viele Komiker mit Migrationshintergrund Kaya als Vorbild genommen haben.

Warum ist ein Vorbild so wichtig?

Da geht es um das Stichwort Inspiration. Für mich ist das größte Kompliment, was mir jemand machen kann, zu sagen: "Du hast mich inspiriert." Ein Beispiel ist die Sendung, wo ich mit Luke Mockridge rumgeknutscht habe. Mit diesem Auftritt wollte ich einem Kind mit Migrationshintergrund, das zu Hause sitzt, ganz offensichtlich homosexuell ist und das mit niemandem kommunizieren kann, zeigen: "Es ist ok. Es ist sogar schön. Sei frei. Sei wundervoll." Das ist meine Verantwortung als Künstler, Komiker – und als Mensch.

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