• Am Pfingstwochenende sind nach Flugausfällen Tausende britische Touristen gestrandet und mussten lange Wartezeiten in Kauf nehmen.
  • Reiseexperten erwarten auch in Deutschland logistische Probleme zur Hauptreisezeit.
  • Wann Urlauber besonders viel Geduld brauchen und was die Airlines empfehlen, um Wartezeiten zu verringern.

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Bei Airlines wie easyJet, TUI und Co. hat am vergangenen Pfingstwochenende Chaos geherrscht. Tausende britische Urlauber strandeten, nachdem die Airlines ihre Flüge wegen Personalmangels gestrichen hatten. Die niederländische Fluggesellschaft KLM hatte schon Ende Mai ihre Ticketverkäufe drastisch reduzieren müssen.

Die Nachrichten dürften auch bei deutschen Urlaubern die Vorfreude auf den eigenen Urlaub gedämpft haben. Schnell stellt sich die Frage: Drohen flächendeckende Flugausfälle auch an deutschen Flughäfen? Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) warnte bereits vor Personalengpässen in der Reise- und Verkehrsbranche während der Hauptreisezeit.

Flughafen-Personal in Pandemie abgewandert

"Über alle Standorte hinweg fehlen den Dienstleistern, die an der Abfertigung der Passagiere beteiligt sind, rund 20 Prozent Bodenpersonal im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit", hatte Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Engpässe könne es vor allem beim Check-in, beim Beladen der Koffer und in der Luftsicherheitskontrolle geben.

Auch Reise-Expertin Ulrike Ockoniewski rechnet mit langen Wartezeiten. "Die Kapazitäten sind während der Pandemie deutlich verkleinert worden, Personal ist in andere Bereiche abgewandert", erklärt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Während der Lockdowns war die Branche praktisch lahmgelegt. "Man hat zwar schon neues Personal akquiriert, aber die Personaldecke ist noch immer nicht so dicht, wie sie es vor der Pandemie war", weiß Ockoniewski. Und das, obwohl die Reisefrequenz wieder an das Niveau vom Jahr 2019 heranreiche.

Tipp: Rechtzeitig am Flughafen sein

So schnell wie notwendig können die Lücken aber nicht gestopft werden: Sicherheitsauflagen für die Stellenbesetzung an Flughäfen verzögern den Prozess. "Auch in Bezug auf die Maschinen ist eine gewisse Einschränkung zu befürchten", sagt Ockoniewski.

Die Fluggesellschaften hielten nicht mehr so viel Kapazitäten vor – falle eine Maschine aus, komme es schnell zu erheblichen Verspätungen mit Wartezeiten von teilweise 48 Stunden.

Ockoniewski rät: "Fluggäste sollten in jedem Fall rechtzeitig am Flughafen sein. Wenn Engpässe beim Sicherheitspersonal in der Abfertigung der Fluggäste auftreten, kann man so sicherstellen, dass man die Maschine noch rechtzeitig erreicht."

Flughafen Düsseldorf rechnet mit langen Warteschlangen

Auch am Flughafen Düsseldorf, dem größten in Nordrhein-Westfalens, rechnet man mit langen Schlangen. Insbesondere "in den Morgenstunden und nach späten Ankünften" werde Geduld gebraucht, teilt Flughafensprecherin Verena Wefers unserer Redaktion mit. Der Flughafen sei mit der für Sicherheitskontrollen zuständigen Bundespolizei im Gespräch über einen zweiten Dienstleister.

In Düsseldorf laufen außerdem Vorbereitungen, um die Service-Kräfte im Terminal durch studentische Hilfskräfte in den sechs Ferienwochen zu entlasten. Reisende könnten den Kontrollprozess beschleunigen, wenn sie elektronische Geräte und mitgeführte Flüssigkeiten bei den Kontrollen griffbereit halten, Jacken ausziehen und Gürtel schon öffnen.

Düsseldorfer Flughafen: Früh-Check-In schon ab drei Uhr morgens

"Das Servicepersonal übermittelt den wartenden Passagieren die Informationen der jeweiligen Airline-Dienstleister und versorgt Fluggäste bei längeren Wartezeiten mit Wasser", kündigt der Düsseldorfer Flughafen an. In den Sommerferien werde es bei einigen Fluggesellschaften wieder die Möglichkeit des Früh-Check-in ab drei Uhr morgens geben.

Reise-Expertin Ockoniewski rät, sich genau über die Geschäftsbedingungen zu informieren. "Sollte es zu Verspätungen oder Flugabsagen kommen, kann man unter Umständen an einem anderen Flughafen einen Flug buchen und die Reise mit dem neugebuchten Flug antreten", sagt sie.

Das werde aber auch nicht für alle Reisenden möglich sein – die Kapazitäten in der Hauptreisezeit seien begrenzt.

Über Fluggastrechte informieren: Ausgleichszahlungen möglich

Ockoniewski sagt außerdem: "Man sollte seine Fluggastrechte kennen und sich darüber genau informieren." Bei Flügen aus oder in die EU steht Reisenden nach der EU-Fluggastrechtverordnung eine Ausgleichszahlung zu, wenn der Flug annulliert wird, überbucht ist oder mit einer Ankunftsverspätung ab drei Stunden am Zielort ankommt.

Die genaue Höhe hängt von der Flugstrecke und Verspätung ab. Teilweise werben Dienstleister direkt an Flughäfen damit, das Verfahren für Reisende gegen eine Provision für sie zu übernehmen. Dafür muss man seine Rechte an die Dienstleister abtreten. Notwendig ist das nicht, man kann die Formulare auch selbst ausfüllen.

Nichts für schwache Nerven: Heftige Turbulenzen verhindern Flugzeuglandung

Schreckensmomente erlebten Passagiere eines Fluges in die indonesische Stadt Palu am Sonntag. Die Maschine versuchte in einem Sturm auf der Landebahn aufzusetzen. Wegen heftiger Turbulenzen musste der Pilot die Landung im letzten Moment abbrechen. Die verstörten Fluggäste kreisten 30 Minuten über dem Flughafen.

Hilfreich für die Erstattung ist es, sich den Grund der Annullierung bereits am Flughafen bestätigen zu lassen. Die Airline muss nämlich bei außergewöhnlichen Umständen wie Streik und Unwetter keine Ausgleichszahlung leisten. Reiserechtsexperten empfehlen auch, Belege für Ausgaben wie Getränke und Mahlzeiten zu sammeln.

Wer einen neuen Flug bucht und der Fluggesellschaft die Kosten dafür später in Rechnung stellen möchte, sollte sich bei der Airline oder dem Reiseveranstalter zunächst über eine gleichwertige Ersatzbeförderung informieren. Die Umbuchung kann auch auf ein anderes Verkehrsmittel, etwa die Bahn, erfolgen. Im Zweifelsfall sollte man immer Reiseveranstalter oder Airline kontaktieren.

Lufthansa ist auf Ferienzeit gut vorbereitet

Die Airline Lufthansa sieht sich allerdings gut auf die kommende Ferienzeit vorbereitet. Man habe viele "operative Maßnahmen" umgesetzt, um das System zu entlasten, teilt Pressesprecherin Anja Stenger unserer Redaktion mit. "Ein Beispiel dafür ist die Verlängerung von Bodenzeiten, um Verspätungen zu minimieren und das Erreichen von Anschlussflügen zu ermöglichen", sagt sie.

Die Fluggesellschaft bittet Reisende, rechtzeitig an den Flughafen anzureisen. "Lufthansa empfiehlt außerdem weiter die Nutzung digitaler Services, Online-Check-In und den Vorabend Check-In", erklärt Stenger. Auch sollte das Handgepäck auf das nötigste reduziert werden, um lange Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen zu vermeiden.

Eurowings: Zeitpuffer für die Sicherheitskontrolle einplanen

"Vielen Reisenden ist nicht bewusst, dass auch sie selbst einiges dazu beitragen können, damit die Prozesse am Flughafen flüssiger werden", sagt auch Eurowings-Sprecher Florian Gränzdörffer. Eurowings bittet abfliegende Passagiere ebenfalls für den Weg durch die Sicherheitskontrolle einen zusätzlichen Zeitpuffer einzuplanen.

Um den Ablauf an den Sicherheitskontrollstellen zu beschleunigen, empfiehlt die Airline außerdem, die Flüssigkeitsregelungen zu beachten. "Idealerweise sollte auch das Handgepäck aufgegeben werden", sagt Gränzdörffer.

Gepäck schon am Vorabend einchecken

"Eurowings-Gäste, die einen Flug ab Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln/Bonn oder Stuttgart gebucht haben, können außerdem ihr Gepäck bereits am Vorabend zwischen 18 und 20 Uhr einchecken und auf diese Weise am Abflugtag Zeit sparen", ergänzt er. Reisende bittet man außerdem, sich vor Reiseantritt auf der Webseite oder über die App jederzeit über den Status ihres Fluges auf dem Laufenden zu halten.

"Im Falle einer Flugannullierung setzen wir alles dran, unsere Gäste mit einem alternativen Flug ans Ziel zu bringen", verspricht Gränzdörffer. Selbstverständlich könnten sich die Gäste aber auch für einen Flug-Voucher entscheiden oder eine Rückerstattung beantragen. "Dies ist alles auch online über die digitalen Services möglich", sagt der Sprecher.

Über die Expertin:
Ulrike Ockoniewski ist seit 32 Jahren selbstständig und hat bis 2017 ein Reisebüro mit Ladenlokal in Bochum betrieben. Mittlerweile berät sie freiberuflich ohne stationäres Reisebüro. Zu ihrem Team gehören zwei weitere Reiseberaterinnen. Weitere Infos unter: www.ullis-reisebuero.de.
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