• Für Verbraucherinnen und Verbraucher, die gerne Lachs essen, stellt sich die Frage: aus der Zucht oder doch lieber Wildlachs?
  • Einerseits sind die Meere bereits überfischt, andererseits gilt Lachs aus Aquakulturen als überzüchtet.
  • Worauf Sie beim Fisch-Kauf in Bezug auf Nachhaltigkeit und Geschmack achten können.

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Er lebt in Freiheit, schwimmt durch die Ozeane und Seen der Welt und ernährt sich vollkommen natürlich, ganz ohne Antibiotika. Diese Vorstellung lässt wohl eher zum Wildlachs greifen, wenn man ihn und Zuchtlachs nebeneinander im Supermarktregal sieht. Doch ist Wildlachs wirklich gesünder und ist Zuchtlachs nicht die nachhaltigere Variante? Ein Vergleich.

Nachhaltigkeit: Welcher Lachs schneidet besser ab?

Zuchtlachs kommt meist aus Nordeuropa, vorrangig aus norwegischer Aquakultur. Aber auch in Chile gibt es einige Lachsfarmen. Die Haltung der Zuchtlachse ist umstritten: Die Tiere leben in Massentierhaltung in Anlagen in Unterwasserkäfigen auf dem offenen Meer, wie der WWF berichtet. Dadurch sind die Lachse Stress ausgesetzt. Hinzu kommt, dass die Lachse oft krank werden. Ein häufiges Problem ist Läusebefall. Unter anderem um dem vorzubeugen, kommen Chemikalien zum Einsatz. Damit Futter länger haltbar ist, enthält es teilweise das schädliche Pflanzenschutzmittel Ethoxyquin.

Ein weiteres Problem entsteht, wenn Lachse aus den Zuchtbecken entwischen. Die Tiere aus den Aquakulturanlagen unterscheiden sich nämlich vom Wildlachs. "Wenn sie sich mit Wildlachsen paaren, könnten die Nachkommen die genetische Vielfalt der Wild­bestände beein­trächtigen. Zuchtlachs ist auf bestimmte genetische Merkmale gezüchtet", erklärt der Agrarwissenschaftler Professor Dr. Carsten Schulz im Interview mit "Test.de".

Wer Zuchtlachs kaufen möchte, dem empfiehlt der Leiter des Lehrstuhls für Marine Aquakultur an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, zu norwegischem Fisch zu greifen. In Aquakulturen in Chile seien staatliche Kontrollen und Regulierungen der Gewässernutzung nicht so weit ausgeprägt. "Lachs ist in Chile nicht zu Hause. Entkommene Fische konkurrieren mit heimischen um Raum und Futter", warnt Schulz. Auch die deutsche Verbraucherzentrale rät dringend davon ab, atlantischen Lachs aus Chile zu kaufen. Fische aus Netzkäfiganlagen aus Europa ohne Zertifikat oder mit ASC-Zertifikat seien wiederum nur "bedingt zu empfehlen". Die Empfehlung: Lachs aus Netzkäfiganlagen mit EU-Bio- oder Naturland-Zertifikat.

Lachsfarm Norwegen
Eine Lachsfarm in Norwegen: In den kreisrunden Käfigen schwimmen die Zuchtfische. © Getty Images/iStockphoto/MariusLtu

Lautet deshalb das Credo, ausschließlich Wildlachs zu kaufen? Das lässt sich so nicht unterschreiben. Schließlich stammen nicht ohne Grund mehr als 90 Prozent der verkauften Lachse aus Aquakulturen. Stichwort Überfischung. Laut dem MSC ist der atlantische Lachs bereits so stark überfischt, dass sich seine Bestände in "kritischem Zustand" befinden. Und auch beim pazifischen Lachs sind die Bestände zurückgegangen.

Abgesehen davon, dass sich die Lachsbestände wieder erholen sollten, hinterlässt Wildlachs nicht zwangsläufig einen kleineren CO2-Fußabdruck. Laut der Stiftung Warentest kommt der Lachs häufig aus Fanggebieten vor Alaska und Russland tiefgefroren nach Asien, wo er filetiert wird – und erst im Anschluss nach Europa.

Der WWF empfiehlt, Wildlachs lediglich aus Alaska zu kaufen, da die Bestände dort besser gemanagt würden. Hinzu kommt die entsprechende Fangmethode. Denn je nachdem landen auch andere Tiere mit im Netz, die gar nicht verspeist werden. "Die Alaska-Fischerei ist mit Ankerwaden, Stellnetzen und Schleppangeln vergleichsweise selektiv", heißt es seitens des WWF. Käuferinnen und Käufer sollten deshalb auf das MSC-Siegel achten, wenn sie Wildlachs kaufen.

Große Unterschiede bei Geschmack und Gesundheit

Lachs gilt als gesund, denn er enthält Eiweiß, Jod und Vitamin D. Zudem ist er ein wichtiger Omega-3-Fettsäuren-Lieferant, wodurch der Cholesterinspiegel gesenkt und Herzinfarkten vorgebeugt wird. Die Stiftung Warentest hat im August 2021 25 abgepackte Filets mit frischen und tiefgekühltem Lachs verglichen. Das Ergebnis: "Wildlachs ist oft günstiger, konnte bei der Verkostung aber nicht mit Zuchtlachs mithalten."

Die Erklärung dazu ist einfach: Zuchtlachs enthält mehr Fett als Wildlachs – und Fett ist ein Geschmacksträger. Deshalb besitzt Lachs aus Aquakulturen im Schnitt mehr Omega-3-Fettsäuren als Wildlachs. Außerdem lässt sich die Qualität der Zuchtlachse besser kontrollieren. Bei Wildlachs schwankt sie hingegen. "Sie wird zum Beispiel kurz vor der Paarung schlechter, weil [der Lachs] Fett­reserven abbaut", schreibt die Stiftung Warentest.

Wildlachs, Alaska
Wilde Lachse an den Brooks Falls, einem Wasserfall im Katmai National Park in Alaska. © Getty Images/iStockphoto/sekarb

Ein weiterer entscheidender Punkt: In der Regel ist Wildlachs länger eingefroren als Zuchtlachs. Nicht nur dadurch könnten Konsistenz und Aroma leiden, sondern auch durch Antauen auf der langen Reise nach Deutschland, heißt es weiter.

Als qualitativ hochwertig gilt vor allem Lachs aus Bio-Aquakulturen. Dort haben die Fische mehr Platz als in anderen Netzgehegen und sie erhalten vor allem Bio-Futter. Unter anderem muss dieses frei von synthetischen Farbstoffen sein, die Lachsen oft verabreicht werden. Allgemein lässt sich laut Schulz jedoch feststellen, dass Betriebe im Vergleich zu früher kaum noch Antibiotika einsetzen. "Das ist maßgeblich den Impfungen zu verdanken. Sie schützen die Lachse vor vielen Krankheitserregern", erklärt er. "Europäische Züchter müssen inzwischen jeglichen Einsatz von Medikamenten dokumentieren."

Zu Alternativen greifen

Zusammenfassend lässt sich sagen: Weder Zuchtlachs noch Wildlachs sind die ideale Lösung fürs Klima und die Gesundheit. Wenn, dann sollte es am besten Wildlachs aus Alaska mit MSC-Siegel sein oder Zuchtlachs mit Bio-Zertifikaten.

Wer offen für Alternativen ist, kann hingegen zu anderen Fischen greifen. Catherine Zucco, Fischereiexpertin beim WWF Deutschland, empfiehlt Nordseehering. "Auch Bio-Forelle und Karpfen aus europäischer Zucht sind empfehlenswert", sagt sie. Als allgemeinen Einkaufs-Tipp empfiehlt Ökotest zudem, nicht nur auf die Fischart zu achten, sondern sich auch über die Fangmethode und das Fanggebiet zu informieren.

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Ist Lachszucht an Land die nachhaltige Zukunft?

Künftig haben Verbraucherinnen und Verbraucher wohl nicht nur die Wahl zwischen Wildlachs und Zuchtlachs aus Aquakulturen im Meer. In Dänemark ist mittlerweile auch Lachszucht an Land möglich. Bei Danish Salmon etwa werden die Lachse in großen Tanks gehalten, die mit Salzwasser befüllt sind.

Das hat einige Vorteile. Unter anderem befallen keine Parasiten die Lachse, da sie von der Außenwelt abgekapselt sind. Außerdem können die Zuchtlachse nicht ins offene Meer entweichen und die Populationen der Wildlachse kontaminieren. Das verwendete Wasser wird mithilfe eines rezirkulierten Aquakultur-Systems recylcelt.

Ein großes Problem bleibt jedoch. "Wir verarbeiten immer noch viel zu viel Wildfisch aus dem Meer zu Fischfutter", sagt Kim Hironymus Lyhne von Danish Salmon dem ZDF. "Da müssen wir umdenken und alternative Proteinquellen finden." Erst dann besteht die Möglichkeit, dass sich Lachszucht wirklich nachhaltig gestalten lässt.

Verwendete Quellen:

  • WWF Blog: "Lachs: Eine Gefahr für die Umwelt!"
  • test.de: "Lachs im Test, Interview: 'Aus Fehlern gelernt'" (24.08.2021), "Lachs im Test: Zuchtlachs vor Wildlachs"
  • verbraucherzentrale.de: "Lachs, Atlantischer" (Stand: 26. Januar 2022)
  • msc.org: "Wie nachhaltig ist Lachs?"
  • fischratgeber.wwf.at: "Der WWF Fischratgeber"
  • oekotest.de: "Fisch kaufen: Welcher Fisch darf noch auf den Teller?"
  • ZDF.de: "Zuchtlachs aus Aquakultur: In Zukunft kommen die Fische von Land"
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