Der Hunger nach Fisch wächst weltweit. Während der Wildfang im Meer bereits an seine Grenzen stößt, bietet die Zucht in Fischfarmen großes Wachstumspotenzial. Deutschland ist allerdings weit abgeschlagen. Das soll sich ändern.

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Die Deutschen sind eigentlich keine großen Fischesser. Während der weltweite Durchschnittsverbrauch bei über 20 Kilogramm Fisch pro Jahr liegt, isst der Durchschnittsdeutsche nur etwa 14 Kilogramm. Hierzulande landet eher Fleisch (60 kg pro Jahr und pro Kopf) auf den Tellern. Allerdings hat der Fisch mehrere Vorteile: Fische liefern laut Verbraucherzentrale hochwertiges Eiweiß, Mineralstoffe sowie Jod und weisen im Vergleich zu Fleisch einen niedrigeren Fettgehalt auf.

Die Welternährungsorganisation FAO geht weltweit von einer stark steigenden Nachfrage nach Fisch aus. Und das nicht allein wegen der steigenden Weltbevölkerung. Fisch liefert heute 17 Prozent des gesamten weltweit konsumierten Proteins. "Dieser Anteil wird weiter wachsen, auch weil das steigende Einkommen von Konsumenten mit einer erhöhten Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Fisch einhergeht", heißt es in einer Studie.

Woher stammt der Fisch?

Dass die Fische auf unseren Tellern von starken Männern auf Kuttern aus den Tiefen des Meeres gezogen werden, diese romantisierende Vorstellung stimmt leider nur selten. Denn erstens schwimmen da draußen riesige Fischverarbeitung-Fabriken auf den Ozeanen; und zweitens stammt bereits die Hälfte der weltweit verkauften Fische aus Fischfarmen, so genannten Aquakulturen. Bei den in Deutschland beliebten Lachsen sind es beispielsweise 90 Prozent der Fische, die in kreisrunden Netzen in den norwegischen Fjorden schwimmen.

Der Anteil an künstlich gezüchtetem Fisch wird weiter zunehmen. Denn laut FAO sind 35 Prozent der weltweiten Wildfisch-Bestände überfischt, weitere 60 Prozent werden gegenwärtig maximal genutzt. Wachstumspotenzial gibt es in der offenen See also nicht. Um den steigenden Fischbedarf zu decken, bleiben also nur Fischfarmen. Nach Angaben des Thünen-Institutes für Fischereiökologie aus Bremerhaven ist die Aquakultur weltweit der am schnellsten wachsende Sektor der Tierproduktion.

Kritik an Fischfarmen auf ZDF und Arte

Allerdings gibt es Kritik an der künstlichen Fischhaltung. Jüngst erschienen gleich zwei Dokumentationen zur Lachszucht, die für Wirbel in der Branche sorgten: "Gier nach Lachs" auf Arte, und für das ZDF war Schauspieler Hannes Jaenicke "Im Einsatz für den Lachs" (hier in der ZDF-Mediathek zu sehen). In den TV-Beiträgen wurde den Lachsfarm-Betreibern vorgeworfen, das Meerwasser um die Netze herum mit Schadstoffen wie Ethoxyquin und Kot aus der Zucht zu verunreinigen, genmanipuliertes Soja als Futter zu verwenden und Krankheitserreger freizusetzen.

Die Antwort der Gegenseite ließ nicht lange auf sich warten. Die norwegische Fischerei-Kommissarin für Deutschland, Kristin Pettersen, erklärte im Fischmagazin, dass mehr als 90 Prozent aller Fischfarmen in Norwegen nachweislich gute Umweltkonditionen aufweisen würden. Auf jeden Zuchtzyklus folge eine Brachezeit, um dem Meeresboden eine Erholungspause zu ermöglichen. Auch das Antioxidationsmittel Ethoxyquin werde in Fischfutter nicht mehr verwendet. Zudem dürfen ihr zufolge Futtermittel, die aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden, in Norwegen nicht verkauft oder vermarktet werden.

Das sagt die Wissenschaft zur Aquakultur

Auch Fabian Schäfer vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei kennt die Kritik an den TV-Formaten. Er wolle zwar keine Medienkritik üben, habe sich aber über die mitunter sehr einseitige Darstellung gewundert. Generell seien gerade die norwegischen Lachsfarmen sehr innovativ, auch was den Tierschutz angehe, sagt Schäfer. So kämen unter anderem Laser zum Einsatz, um Fischschädlinge wie die Lachslaus zu bekämpfen. Auch setze man auf Impfungen der Lachse, um den Einsatz von Antibiotika erfolgreich zu reduzieren. "Es gibt sicherlich weiter Optimierungspotenzial in der Aquakultur, zum Beispiel was die Haltungsform und Wechselwirkungen mit der Umwelt betrifft, aber es werden laufend Innovationen in der Praxis umgesetzt", so Schäfer.

Ein weiterer Vorteil: Weil Fische wechselwarme Lebewesen sind, braucht deren Aufzucht weniger Energie als beim Fleisch, um die gleiche Menge tierisches Eiweiß zu produzieren. "Es gibt Fische, Krebstiere und Muscheln aus Aquakultur mit einem sehr geringen ökologischen Fußabdruck", sagt Schäfer. Mittlerweile gebe es auch Kreislaufanlagen, in denen die Fische in künstlichen Becken schwimmen und das Wasser mit Filteranlagen gereinigt werde, erklärt der Wissenschaftler. Mit solchen Kreislaufanlagen könnten auch Parasiten wie die Lachslaus ferngehalten werden.

So können sich Verbraucher informieren

Für Produkte aus Aquakulturen gibt es verschiedene Siegel, die auf den Verpackungen der Fischprodukte aufgedruckt sind. "Dieses sind jedoch keine Gütesiegel, die etwas über die Qualität der Erzeugnisse aussagen. Die Siegel garantieren aber bestimmte Standards bei der Aufzucht der Tiere", erklärt Sandra Kess vom Fisch-Informationszentrum aus Hamburg.

Ein Siegel stammt zum Beispiel vom Aquaculture Stewardship Council (ASC). Dieses Siegel sei für die Aquakultur sozusagen das, was der Marine Stewardship Council (MSC) für die Wildfischerei ist, sagt Kess. Darüber hinaus gebe es für die Aquakultur noch einige Bio-Zertifizierungen, wobei "Bioland" bislang nur die Aufzucht von Karpfen im Programm hat. Das Siegel von "Naturland" zertifiziert ein breiteres Spektrum.

Fabian Schäfer gibt Verbrauchern noch den Tipp, bei Forellenzüchtern oder den Teichwirtschaften in der Umgebung vorbeizuschauen. "Die Betriebe sind meist sehr offen gegenüber ihrer Kundschaft. Und bei Veranstaltungen wie dem jährlichen Abfischen kann man viel über die Aufzucht der Fische erfahren."

In Deutschland soll Aquakultur ausgebaut werden

In Deutschland gibt es großes Potenzial für Aquakulturen. Von den 1,1 Millionen Tonnen Fisch, die hierzulande pro Jahr auf den Tellern landen, stammen lediglich drei Prozent aus heimischen Fischfarmen. 75 Prozent (840.000 Tonnen) der Fische werden importiert, 230.000 Tonnen bringt die deutsche Seefischerei aus Nord- und Ostsee an Land.

Die Fischproduktion in Farmen sollte hierzulande in den vergangenen Jahren bereits deutlich gesteigert werden. Das steht im Strategieplan Aquakultur, der mit einem Programm des Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds gefördert wurde. Allerdings gilt der Plan als gescheitert. Als Grund nennt Fabian Schäfer unter anderem schwierige Genehmigungsverfahren und das schlechte Image von Fischfarmen in Deutschland. Dabei habe die nachhaltige Aquakultur ein großes Potenzial.

Derzeit wird an einem neuen Strategieplan gearbeitet, auf dessen Grundlage die nächste Förderperiode bis zum Jahr 2027 ausgestaltet wird. Konkrete Zielvorgaben werden momentan durch Bund und Länder innerhalb einer Arbeitsgruppe unter Federführung von Sachsen erarbeitet.

Viel Potenzial durch Forschung

In Zukunft soll aber nicht nur die Anzahl der Fischfarmen gesteigert werden. Es wird auch an vielen Orten geforscht. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Das Institut für Fischereiökologie in Bremerhaven sucht nach neuen Rohstoffen für Futtermittel für die Fischzucht. Dabei spielen Rapsproteine und Nebenprodukte der tropischen Diesel-Herstellung eine Rolle.

Und um die Abfälle durch Exkremente bei der Fischzucht in den Griff zu bekommen, werden in Deutschland Aquaponik-Projekte getestet. In diesen Anlagen werden Fisch- und Pflanzenzucht kombiniert. Vereinfacht: Der Kot der Fische wird durch Bakterien in Nährstoffe verwandelt, die wiederum von Tomaten- oder Salatpflanzen aufgenommen werden. Das durch die Pflanzen gefilterte Wasser fließt wieder zurück in die Fischbecken. So entsteht ein Kreislauf. Eine solche Anlage über mehrere Etagen entsteht beispielsweise gerade in Chemnitz und soll im kommenden Jahr fertiggestellt werden.

Verwendete Quellen:

  • Verbraucherzentrale zu Inhaltsstoffen von Fisch
  • Forderung für bessere Verbrauchersiegel vom BUND
  • ZDF-Dokumentation: "Hannes Jaenicke: Im Einsatz für den Lachs"
  • Arte-Dokumentation "Die Gier nach Lachs"
  • Fisch-Informationszentrum Hamburg
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