Pedro Sánchez wird am Donnerstag in Spanien höchstwahrscheinlich vom Parlament als Regierungschef bestätigt werden. Der Sozialist verspricht vier weitere Jahre des Fortschritts und des friedlichen Zusammenlebens. Aber die Stimmung im Land kocht.

Mehr aktuelle News

Vor der als sicher geltenden Wiederwahl von Pedro Sánchez zum spanischen Ministerpräsidenten am Donnerstag im Madrider Parlament hat das Unterhaus eine hitzige Debatte erlebt. Der konservative Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo warf Sánchez am Mittwoch vor, durch "Betrug" und "politische Korruption" an der Macht zu bleiben.

Die Opposition kritisiert vor allem die Zugeständnisse an die beiden separatistischen Parteien der Region Katalonien, darunter eine Amnestie für alle "Catalanistas", die mit der Justiz in Konflikt geraten sind. Die Amnestie sei vor der Wahl kein Thema gewesen, der Wähler sei betrogen worden, heißt es. Feijóo sprach davon, Sánchez habe sich die Unterstützung der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung "erkauft".

Amnestie für Separisten stößt auf Gegenwind

Insbesondere die Amnestie, die Sánchez der Partei des katalanischen Nationalisten Carles Puigdemont für dessen Unterstützung zugesichert hat, sorgt in Spanien für heftigen Gegenwind. Die Amnestie soll insbesondere denjenigen Aktivisten zugutekommen, die nach der gescheiterten Abspaltung Kataloniens von Spanien im Jahr 2017 von der Justiz verfolgt wurden.

Davon profitieren würde auch Puigdemont, der nach Jahren im Exil nach Spanien zurückzukehren könnte. Die Zugeständnisse werden von der Opposition als verfassungswidrig und als Gefährdung der Demokratie, des Rechtsstaates und der Einheit des Landes bezeichnet.

Auch in der Bevölkerung stößt das Bündnis von Sánchez teils auf entschiedene Ablehnung. Am Mittwoch demonstrierten Hunderte Menschen in Madrid gegen die Pläne. Auch für Donnerstag werden Proteste erwartet.

"Versöhnung" statt "Rache": Sánchez verteidigt angestrebtes Bündnis

Bei der Debatte am Mittwoch verteidigte Sánchez das Bündnis mit den katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern. Seine Koalition habe "die Versöhnung der Rache, die Einheit der Spaltung" vorgezogen.

Mit Blick auf die den Unabhängigkeitsbefürwortern zugesagte Straffreiheit sagte Sánchez während seiner gut eine Stunde und 45 Minuten langen Rede, diese werde "vielen Personen und politischen Führern zugutekommen", deren Ideen er nicht teile und deren Handlungen er ablehne.

Die Maßnahme sei jedoch notwendig, um "die Wunden zu schließen", welche die "politische Krise, auf die niemand stolz sein kann", gerissen habe. Er wolle "die Einheit Spaniens durch den Weg des Dialogs und der Vergebung" gewährleisten, sagte Sánchez.

Sánchez: Feijóo ist "reaktionärem Club" beigetreten

Sánchez' PSOE hatte bei der Neuwahl Ende Juli zwar nur den zweiten Platz hinter Feijóos Volkspartei (PP) belegt. Feijóos Kandidatur wurde aber Ende September vom Unterhaus abgelehnt - unter anderem auch wegen der Zusammenarbeit der PP mit der rechtspopulistischen Partei Vox auf nationaler und regionaler Ebene.

Sánchez warf Feijóo am Mittwoch vor, die Brandmauer gegenüber Vox eingerissen und sich "dem reaktionären Club von (Donald) Trump, (Marine) Le Pen, (Viktor) Orban und (Vox-Chef) Santiago Abascal" angeschlossen zu haben. Seine linke Regierung werde für weitere vier Jahre des "friedlichen Zusammenlebens und des Fortschritts" sorgen.

Es gilt als sicher, dass Sánchez sich bei der Abstimmung im Madrider "Congreso de los Diputados" mit den Stimmen von 179 der insgesamt 350 Abgeordneten durchsetzen wird. Der 51-jährige Sozialist regiert die viertgrößte EU-Volkswirtschaft bereits seit 2018 mit der ersten Koalitionsregierung seit den 1930er-Jahren.

Sollte am Donnerstag der äußerst unwahrscheinliche Fall eintreten, dass Sánchez nicht die nötige absolute Mehrheit von mindestens 176 Stimmen erhält, würde es binnen 48 Stunden eine zweite Abstimmungsrunde geben, bei der Sánchez eine einfache Mehrheit genügen würde. Wenn es aber bis zum 27. November keine neue Regierung gibt, müssen die Spanier am 14. Januar wieder zu den Wahlurnen. (dpa//afp/thp)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.