Ein Ermittlungsrichter hat gegen den Hamburger Geiselnehmer Haftbefehl erlassen. Die Staatsanwaltschaft hat zudem weitere Details zu der stundenlangen Geiselnahme auf dem Flughafen Hamburg bekannt gegeben.

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Gegen den Geiselnehmer vom Hamburger Flughafen ist am Montag Haftbefehl erlassen worden. Das teilte die Staatsanwaltschaft am Nachmittag mit. Der 35-Jährige ist demnach dringend verdächtig, sich Zugang zur Wohnung seiner Ex-Frau in Stade verschafft und gewaltsam die dort lebende gemeinsame vierjährige Tochter mit einem Mietwagen verschleppt zu haben.

Die um Hilfe rufende Ex-Frau, die das alleinige Sorgerecht für die gemeinsame Tochter hat, soll er mit einer halb-automatischen Selbstladekurzwaffe bedroht und dabei einen Schuss in die Luft abgegeben haben.

Mit dem entführten Kind soll der Beschuldigte dann den Angaben zufolge zum Hamburger Flughafen geflüchtet sein und dort kurz nach 20:00 Uhr eine Schrankenanlage durchbrochen haben. Mit dem Pkw sei er auf das Vorfeld des Flughafens eingedrungen.

Weitere Schüsse abgegeben und Brandsätze aus Pkw geworfen

Über den polizeilichen Notruf habe er mitgeteilt, dass er eine Bombe im Fahrzeug habe und für sich und seine Tochter die Ausreise in die Türkei fordere, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Der Beschuldigte soll hier drei weitere Schüsse aus der Pistole abgegeben und zwei Brandsätze aus dem Pkw geworfen haben. Angesichts der vom Beschuldigten geäußerten Drohung, er werde schießen oder den Sprengstoff zünden, wurde von einem Zugriff zunächst abgesehen.

Nach etwa 18 Stunden ließ sich der Mann von der Polizei festnehmen. Neben der Schusswaffe konnte den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge eine selbstgefertigte Attrappe eines Sprengstoffgürtels sichergestellt werden. Es habe sich um ein mit Alufolie umwickeltes Buch gehandelt, in das Drähte gesteckt waren.

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Mann bereits wegen Entziehung Minderjähriger verurteilt

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft bereits weitere Details zu den Hintergründen der Tat bekannt gegeben. Der Vater des Kindes sei im Frühjahr 2023 zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro wegen Entziehung Minderjähriger verurteilt worden, sagte Kai Thomas Breas, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade, am Montag. Der Türke habe das Mädchen im März 2022 in seine Heimat mitgenommen. Die Mutter habe Anzeige erstattet, dann aber zunächst versucht, auf anderem Wege die Sache zu regeln. Zunächst sei das Verfahren daher eingestellt worden.

Am 2. September 2022 habe die Frau dann noch einmal Anzeige erstattet, sagte der Behördensprecher. Zuvor hatte im Juli das Familiengericht des Amtsgerichts Stade dem Vater die elterliche Sorge entzogen und das Sorgerecht allein der Mutter übertragen. Die Frau holte ihre Tochter demnach am 17. September aus der Türkei ab und brachte sie zurück nach Deutschland. Der Strafrahmen für die Entziehung Minderjähriger liegt zwischen einer Geldstrafe und bis zu fünf Jahren Haft.

Vater entführte das Mädchen erneut

Am Samstag hatte der 35-Jährige erneut das Mädchen aus der Wohnung seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau in Stade entführt und war mit dem Auto geflüchtet. Zeugen zufolge versuchte die Frau verzweifelt, ihren bewaffneten Ex-Partner zu stoppen. Sie erstattete wieder Anzeige. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Mannes in Buxtehude sicherte die Polizei Beweismaterial.

Am Hamburger Flughafen durchbrach der Entführer eine mit einer Schranke gesicherten Zufahrt, fuhr aufs Rollfeld und parkte neben einer Maschine der Turkish Airlines. Erst nach einem mehr als 18-stündigen Verhandlungsmarathon gab der Geiselnehmer auf und übergab das Kind körperlich unverletzt Spezialkräften der Polizei. Anschließend ließ er sich festnehmen. Die Mutter hatte in der Nähe auf die Freilassung gewartet.

Flugbetrieb wieder angelaufen

Wenige Stunden nach dem unblutigen Ende der Geiselnahme war der Flughafen am Montagmorgen wie geplant in den Normalbetrieb gestartet. Gegen 6:00 Uhr waren die ersten Maschinen in Richtung Lissabon und Frankfurt am Main abgehoben, wie aus dem im Internet veröffentlichten Flugplan hervorging.

Im Anschluss sollten weitere Maschinen eng getaktet folgen. Bereits am Sonntag war der Flugbetrieb nach dem Ende des Polizeieinsatzes gegen 17:30 Uhr wieder angelaufen. Bis Betriebsende war es noch zu Streichungen und Verzögerungen gekommen. (dpa/tas)

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