Nahe der Ortschaft Meymac in Frankreich wird ein Massengrab mit Dutzenden vom französischen Widerstand erschossenen Wehrmachtssoldaten aus dem Zweiten Weltkrieg vermutet. Die Grabungen haben jetzt begonnen.

Mehr Panorama-News

Gut 79 Jahre nach der Erschießung von 46 Wehrmachtssoldaten durch französische Widerstandskämpfer haben am Mittwoch in Frankreich die Grabungen nach den sterblichen Überresten begonnen. Ein Massengrab mit rund 30 deutschen Kriegsgefangenen wird nahe der Ortschaft Meymac in Zentralfrankreich vermutet. Dort begannen französische Experten nun mit technischer Unterstützung des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge mit den Arbeiten, die bis Ende August dauern sollen.

Bagger und Georadar im Einsatz

Die Widerstandskämpfer hatten die Wehrmachtssoldaten und eine der Kollaboration beschuldigte Französin am 12. Juni 1944 in einem Waldstück nahe Meymac erschossen. 1967 hatte es bereits eine erste Grabung gegeben, bei der die Leichen von elf Menschen geborgen wurden.

© AFP

Ende Juni hatte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge nach eigenen Angaben mit einem Team von "Georadar NRW" sowie französischen Partnern mit der Suche nach den Überresten der Erschossenen begonnen. Dabei hätten sie "eine Fläche von fast 3000 Quadratmetern auf Bodenanomalien untersucht", hieß es in einer Mitteilung. Daraus hätten sich dann drei "Verdachtsflächen" ergeben, auf denen die Grabungen nun stattfinden.

Ein Team von Archäologen begann am Mittwochnachmittag damit, den bewaldeten Hügel weiter zu erkunden und die Erde mithilfe von Baggern und Georadar auszuheben. "Wir möchten gerne das zweite Massengrab finden, mit wahrscheinlich 36 Toten", sagte Thomas Schock, der Leiter des des Umbettungsdienstes beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, zu Beginn der Grabungen.

98-jähriger Widerstandskämpfer brach sein Schweigen

Der frühere Widerstandskämpfer Edmond Réveil. © AFP/Pascal Lachenaud

Auslöser der erneuten Suche war der Bericht des 98 Jahre alten ehemaligen Widerstandskämpfers Edmond Réveil aus Meymac, der am Lebensabend sein Gewissen erleichtern wollte und sein Schweigen nach mehr als sieben Jahrzehnten brach. "Es war ein Kriegsverbrechen", sagte Réveil, der nicht ahnte, welches Aufsehen er auslösen würde. Über Wochen hatte er seine Geschichte immer wieder erzählt.

Deutsche Soldaten hatten in der Region schwere Kriegsverbrechen begangen: Im 50 Kilometer südwestlich von Meymac gelegenen Tulle hatten SS-Soldaten am 9. Juni 1944 99 Zivilisten an Balkonen und Laternen aufgehängt. Eine andere SS-Einheit verübte am 10. Juni in dem Ort Oradour-sur-Glane das schlimmste Massaker des Zweiten Weltkriegs in Westeuropa mit 643 Toten.

Der Präfekt von Corrèze, Etienne Desplanques, sagte vor Journalisten, es gebe "ziemlich starke Hinweise darauf, dass dieses Gebiet bereits in der Vergangenheit aufgewühlt wurde". Er sprach von einem Forschungsgebiet von 45 Metern Länge und 10 Metern Breite. "Wir müssen uns diesem Thema mit großer Würde und Verantwortung widmen", ergänzte er. "Es ist die Pflicht Frankreichs."

Volksbund muss Angehörige ausfindig machen

Ziel sei es nun, "die sterblichen Überreste der seit 80 Jahren an diesem Ort vergessenen deutschen Soldaten zu exhumieren" und sie "nach Deutschland, aber vor allem, wenn möglich, zu ihren Familien zurückzubringen", sagte der Bürgermeister von Meymac, Philippe Brugère, der Nachrichtenagentur AFP.

Sollte die Suche nach den sterblichen Überresten der Soldaten erfolgreich sein, werden sie zunächst den französischen Partnern übergeben, erklärte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Erst nach der erfolgreichen Identifikation der Toten nach Untersuchungen am Institut in Marseille könne der Volksbund Angehörige ausfindig machen und informieren.

Selbst dann würden die sterblichen Überreste - entgegen der Darstellung des Bürgermeisters - aber wohl nicht nach Deutschland kommen. "Bestattungsort wäre eine deutsche Kriegsgräberstätte in Frankreich", teilte der Volksbund mit. (afp/fab)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.