Im Fall der seit 13 Jahren verschollenen Madeleine "Maddie" McCann gibt es neue Spuren. Ermittler verdächtigen einen 43-jährigen Deutschen.

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Hat ein 43 Jahre alter Deutscher vor rund 13 Jahren das britische Mädchen Madeleine "Maddie" McCann ermordet? Es gibt zumindest Spuren, die auf den wegen Sexualstraftaten vorbestraften und in Deutschland inhaftierten Mann hinweisen. Bewiesen ist nichts. Aber die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt wegen Mordverdachts gegen den Mann. Er lebte im Zeitraum des Verschwindens an der portugiesischen Algarve. Die Ermittler hoffen nun auf Hinweise aus der Bevölkerung.

Fall "Maddie" McCann: Ermittler gehen von Entführung aus

Fall Maddie: Deutscher Sexualstraftäter unter Mordverdacht
Menschen laufen an dem Appartmentkomplex in Praia da Luz (Portugal), in dem die britische Familie McCann 2007 Urlaub machte. © dpa

Maddie verschwand am 3. Mai 2007 aus einer Appartementanlage im portugiesischen Praia da Luz. Die Eltern waren zu der Zeit in einem nahe gelegenen Restaurant essen. Die Ermittler waren von einer Entführung ausgegangen. Zeitweise standen auch die Eltern selbst unter Verdacht.

Nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) lebte der Beschuldigte zwischen 1995 und 2007 regelmäßig an der Algarve unter anderem einige Jahre in einem Haus zwischen Lagos und Praia da Luz. "Nach hier vorliegenden Erkenntnissen ging er in dieser Zeit im Raum Lagos mehreren Gelegenheitsjobs, unter anderem in der Gastronomie, nach", teilte das BKA mit.

Nach Informationen der "Braunschweiger Zeitung" (Donnerstag) soll es sich bei dem Beschuldigten um einen Mann handeln, der Ende 2019 vom Landgericht Braunschweig wegen Vergewaltigung einer damals 72-jährigen Amerikanerin im Jahr 2005 in Praia da Luz zu sieben Jahren Haft verurteilt worden sei. Darauf deute vieles hin, so die Zeitung. Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte werfe der Justiz Rechtsfehler im Auslieferungsverfahren vor.

Verdächtiger im Fall "Maddie" bereits in Haft

Derzeit verbüßt der Verdächtige eine Haftstrafe in Kiel. Grund dafür ist, dass der 43-Jährige vor dem Urteil am Landgericht Braunschweig in einer anderen Sache in Schleswig-Holstein verurteilt worden war, wie die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag erfuhr. Das Justizministerium in Hannover wollte auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Ein Sprecher bestätigte aber, dass der Mann nicht in einem niedersächsischen Gefängnis einsitzt, sondern in einem anderen Bundesland.

Der Fall Maddie war am Mittwochabend - wie schon früher - Thema in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst". Auf die Spur des nun Verdächtigen kamen die Ermittler nach eigenen Angaben durch einen Hinweis nach der ZDF-Sendung zum Fall im Oktober 2013. "Die damaligen Informationen reichten nicht für Ermittlungen aus und schon gar nicht für eine Festnahme", sagte BKA-Ermittler Christian Hoppe in der Sendung. Auch ein weiterer Hinweis auf den Tatverdächtigen im Jahr 2017 habe noch nicht gereicht.

"Und die Informationen, die wir im Rahmen unserer Ermittlungen gewinnen können, führen uns immer mehr zu der Überzeugung, dass es sich bei dem Tatverdächtigen um den Täter handeln könnte", fügte der leitende Kriminaldirektor beim BKA hinzu. Bei der Behörde wurde ein Hinweisportal BKA eingerichtet und für Hinweise zur Aufklärung der Tat eine Belohnung von 10.000 Euro ausgesetzt.

Ehemalige Nachbarin beschreibt Verdächtigen als aggressiv

Die "Braunschweiger Zeitung" schreibt mit Blick auf den Gerichtsprozess, dass der in einem schlichten grauen Shirt und etwas zu großer Jeans gekleidete Mann intelligent gewirkt habe. Deutsche Zeugen aus portugiesischer Zeit hätten ihn als Glücksritter beschrieben, "der versucht hat, was auszustrahlen, aber auch nicht auf großen Zampano gemacht hat".

Eine frühere Nachbarin aus Portugal beschrieb den Verdächtigen als aggressiv. "Er war immer ein bisschen wütend, ist die Straße schnell hoch und runter gefahren und eines Tages, so um 2006, verschwand er ohne ein Wort", berichtete die Frau dem britischen Sender Sky News. Etwa ein halbes Jahr nach dem Verschwinden des Mannes sei sie gebeten worden, beim Aufräumen der Unterkunft zu helfen, berichtete die Frau. "Es war eklig." Überall hätten beschädigte Sachen wie Computer gelegen. In einem Müllbeutel seien Perücken und seltsame Kleidungsstücke - möglicherweise für Kostümierungen - gewesen.

Wie Scotland Yard am Mittwochabend mitteilte, trug der Mann zur Tatzeit kurzes, blondes Haar und war etwa 1,80 Meter groß. Besonderes Augenmerk lenkten die britischen Ermittler auf zwei Fahrzeuge und zwei Telefonnummern, die der Verdächtige benutzt haben soll. Es geht um einen Caravan vom Typ VW T3 Westfalia mit portugiesischem Nummernschild, in dem der Mann zeitweise gewohnt haben soll, und einen Jaguar, Model XJR 6, mit einem deutschen Kennzeichen. Am Tag nach Maddies Verschwinden sei der Jaguar auf einen neuen Halter umgemeldet worden.

An dem Abend, als Maddie verschwand, soll der Verdächtige einen Anruf erhalten haben unter der Nummer +351 912 730 680 mit portugiesischer Ländervorwahl. Der Anruf wurde in der Region um Praia de Luz entgegengenommen.

Fall Maddie: Deutscher Sexualstraftäter unter Mordverdacht
Menschen sonnen sich am Strand in Praia da Luz (Portugal). © dpa

"Ermittler glauben, dass die Person, die diesen Anruf getätigt hat, ein höchst wichtiger Zeuge ist, und rufen sie dazu auf, in Kontakt zu treten", hieß es in der Scotland-Yard-Mitteilung. Die Nummer des Anrufers laute +351 916 510 683.

"Maddies" Eltern wollen "Frieden finden"

Madeleines Eltern hatten sich mit teils emotionalen Aufrufen immer wieder an die Öffentlichkeit gewandt, um Informationen über den Verbleib ihrer Tochter zu erhalten. "Alles, was wir je wollten, ist sie zu finden, die Wahrheit ans Licht zu bringen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen", heißt es in einem Statement der Eltern in der Scotland-Yard-Mitteilung. "Wir werden niemals die Hoffnung aufgeben, Madeleine lebend zu finden, aber was auch immer herauskommen sollte, wir müssen es wissen, weil wir Frieden finden müssen."

Die neuen Erkenntnisse lösten am Donnerstag ein großes mediales Interesse an den Ermittlungen in Braunschweig aus. Für eine Statement der Staatsanwaltschaft am Donnerstagmittag meldeten sich so viele internationale Reporter an, dass es mindestens einmal wiederholt werden soll, wie ein Behördensprecher am Donnerstagmorgen sagte. Die Sendung "Aktenzeichen XY...ungelöst" zog am Mittwochabend die meisten Zuschauer an. 5,22 Millionen sahen um 20.15 Uhr die Sendung im ZDF, das entspricht einem Marktanteil von 17,8 Prozent.  © dpa

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