Drei Frauen werden in Nürnberg auf offener Straße niedergestochen. Vom Täter fehlt lange Zeit jede Spur. Aber nach zwei Tagen der Ungewissheit können die Anwohner im Ortsteil St. Johannis endlich aufatmen.

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Nach den teils lebensgefährlichen Angriffen auf drei Frauen in Nürnberg ist ein Tatverdächtiger gefasst. Die Ermittler nahmen den 38-Jährigen am Samstag fest.

Der Deutsche ist mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Der Mann sei bereits 18-mal verurteilt worden, sagte Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke.

Vorwiegend sei es um Diebstahl, Drogendelikte, Brandstiftung, Betrug und Beleidigung gegangen. Der 38-Jährige habe aber auch einmal eine Jugendstrafe wegen einer Vergewaltigung erhalten. Es sei "ein Spaziergang quer durchs Strafgesetzbuch", sagte die Anklägerin.

Alle Opfer inzwischen außer Lebensgefahr

Zwei Tage nach den Taten war die Polizei dem Mann über einen DNA-Abgleich auf die Spur gekommen. Weil alle Opfer auf dem Nachhauseweg von den Angriffen völlig überrascht wurden, geht die Staatsanwaltschaft in allen drei Fällen von versuchtem Mord aus.

Das Motiv ist aber unklar: Der Verdächtige hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert. Der 38-Jährige kannte die Frauen nicht und sprach sie vor den Angriffen auch nicht an. Ob der Mann eine psychische Erkrankung hat, sei bisher völlig unklar.

Der Mann, ein Deutscher ohne festen Wohnsitz, soll die drei Frauen im Alter von 26, 34 und 56 Jahren am Donnerstagabend in kurzen Abständen binnen drei Stunden niedergestochen haben.

Alle drei Opfer wurden am Oberkörper schwer verletzt - zwei der Frauen schwebten zeitweise in Lebensgefahr. Noch werden sie im Krankenhaus behandelt.

Mit Hilfe von Zeugenaussagen geschnappt

Bereits am Freitagvormittag konnte eine Polizeistreife den Mann in der Nähe der Tatorte vorläufig in Gewahrsam nehmen. Auf ihn hatten die Beschreibungen der Opfer sowie von Zeugen gepasst.

Außerdem hatte er die Tatwaffe dabei - ein etwa 25 Zentimeter langes Messer. Dafür konnte er keine schlüssige Erklärung abgeben.

Am Samstag bestätigte sich nach Ansicht der Ermittler, dass Sie den Richtigen haben: An dem bei dem Mann gefundenen Messer sowie an seiner Kleidung konnten genetische Spuren von einem seiner Opfer nachgewiesen werden.

Glücklicherweise habe der Mann das Messer und seine Kleidung nicht entsorgt, sagte Gabriels-Gorsolke. "Wir können klar Entwarnung geben", sagte Mittelfrankens Polizeipräsident Roman Fertinger. "Für uns ist es der Täter."

Vor Angriff versucht, ein Messer zu stehlen

Etwa zwei Stunden vor dem ersten der drei Angriffe hatte der 38-Jährige versucht, in einem Nürnberger Kaufhaus ein anderes Messer mit einer gebogenen Klinge zu stehlen. Dies war nicht die Tatwaffe.

Woher er diese hatte, ist bisher unklar. Bei diesem versuchten Diebstahl wurde der Mann gestellt, und die Polizei nahm seine Personalien auf. Die letzte Meldeadresse des gebürtigen Thüringers war demnach in Berlin.

Es habe sich aber herausgestellt, dass die nicht mehr aktuell sei, sagte Fertinger. Für die meisten seiner bisherigen Straftaten wurde der Mann laut Staatsanwaltschaft im Osten Deutschlands verurteilt.

Der 38-Jährige habe sich seit etwa einer Woche in Nürnberg aufgehalten, sagte der Leitende Kriminaldirektor Thilo Bachman. "Er hat nach bisherigen Erkenntnissen keine festen Ankerpunkte."

Nun müsse ermittelt werden, warum er nach Nürnberg gekommen sei. Bereits in den Jahren 2005 und 2009 habe er sich in der Region aufgehalten - allerdings nie für längere Zeit.

Bachmann: "Kontur, aber noch kein klares Bild"

Die Frage sei auch, ob der Mann für ähnliche weitere Taten bundesweit verantwortlich sei, sagte Bachmann. Das Puzzle, das sich den Ermittlern bislang zeige, habe "eine Kontur, aber noch lange kein klares Bild".

Der Mann sitzt nun in Untersuchungshaft - bislang allerdings nur wegen des versuchten Diebstahls. Einen weiteren Haftbefehl wegen der Messerangriffe werde die Staatsanwaltschaft in der nächsten Woche beantragen, sagte Gabriels-Gorsolke.

Die Polizei dankte der Bevölkerung für die etwa 200 Hinweise, die bisher eingegangen sind. "Diese haben unsere Ermittlungen durchaus angereichert", sagte Bachmann.

Nur wenige Stunden nach den Taten machten zwei Streifenpolizisten den Verdächtigen dingfest. "Hut ab vor den beiden Beamten, die den richtigen Riecher hatten", sagte Gabriels-Gorsolke dazu.

Fertinger bat um Nachsicht, dass die Polizei sich mit der Information zur vorläufigen Festnahme zurückgehalten hatte: "Wir wollten sicher sein, dass wir den Richtigen haben."

Zur Aufklärung der Taten war eine Sonderkommission mit 40 Beamten eingerichtet worden. Die Ermittler waren rasch davon ausgegangen, dass es sich in allen Fällen um denselben Täter handelte. Im Stadtteil St. Johannis, wo die Tatorte lagen, hatten die Angriffe Entsetzen und Verunsicherung ausgelöst. (fte/ank/dpa)

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