Spitzenpolitiker verlieren nach der Erfahrung des ehemaligen Bundesverteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ihre innere Freiheit - und ihre früheren Freunde. "Es ist ein Geschäft, das zerstörerische Elemente hat", sagte zu Guttenberg der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag). Der "völlig abartige Rhythmus" lasse Spitzenpolitikern kaum Zeit zum Reflektieren. Und bei 15, 16 Terminen am Tag sehe man selbst seine Familie nur wenige Stunden die Woche. Der Preis: Einsamkeit.

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"Ja, wir werden von einsamen Menschen regiert – die aber das Gegenteil behaupten", schilderte zu Guttenberg in dem Interview. Die Zeit zum Pflegen von Freundschaften fehle, sie gingen deshalb ganz schnell verloren. Immerhin könnten sich manchmal innerhalb der Politik neue Bande bilden. "Die Erkenntnis der wechselseitigen Einsamkeit kann auch zusammenschweißen", berichtete der 51-Jährige. Auch er selbst habe auf diese Art einige belastbare Freundschaften geknüpft. "Aber fast ausschließlich in andere Parteien hinein. Im eigenen Laden ist man leicht direkter Konkurrent. Oder wird wenigstens so empfunden."

Zu Guttenberg hatte zunächst eine glänzende Karriere hingelegt, wurde gar als Kanzlerkandidat gehandelt. Dann stürzte er über Plagiate in seiner Doktorarbeit. Am Ende seiner politischen Karriere sei er "nach jahrelangem Raubbau" mit nur 39 Jahren auch am Ende seiner Kräfte gewesen, schilderte er nun. "Und doch wünsche ich mir, dass sich junge Menschen mit Gestaltungswillen für die Politik entscheiden. Ich wünsche mir, dass sie nicht von verkrusteten Parteistrukturen desillusioniert werden." Dafür müsste es mehr Möglichkeiten zum Hin- und Herwechseln zwischen Politik und Berufsleben geben.  © dpa

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