• In den USA dürfte das Angebot von Corona-Vakzinen bald die Nachfrage übersteigen.
  • Das liegt einerseits am Impftempo, andererseits an großen Vorbehalten in der Bevölkerung.
  • Und die Zahl der Impfverweigerer könnte zum Problem für das Erreichen der Herdenimmunität werden.

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Es klingt nach einem Luxusproblem, aber Gesundheitsexperten sind alarmiert. Während Menschen weltweit sehnlichst auf eine Corona-Impfung warten, kommt die Kampagne in den USA so schnell voran, dass es stellenweise schon an Impfwilligen fehlt. In Teilen der Bevölkerung gibt es große Vorbehalte gegen die Vakzine - und die Behörden warnen, dass eine große Zahl von Impfverweigerern das Ziel einer Herdenimmunität gefährden könnte.

"Alarmierend, dass die Impfskepsis so weit verbreitet ist"

"Es ist alarmierend, dass die Impfskepsis so weit verbreitet ist", sagte kürzlich kopfschüttelnd der Leiter der Nationalen Gesundheitsinstitute, Francis Collins. "Wenn wir COVID-19 hinter uns lassen wollen, müssen alle Amerikaner mitmachen."

Doch schon in wenigen Wochen könnte das Vakzin-Angebot die Nachfrage in den USA übersteigen - weil alle Impfwilligen geimpft sind und Skeptiker sich nicht impfen lassen wollen. "Sobald dies passiert, werden die Bemühungen viel schwieriger, zur Impfung zu ermutigen", warnte jüngst die auf Gesundheitspolitik spezialisierte Kaiser Family Foundation. "Das ist eine Herausforderung bei dem Ziel, das als notwendig erachtete Niveau der Herdenimmunität zu erreichen."

Rund 70 bis 85 Prozent der Bevölkerung müssten für die Herdenimmunität geimpft sein, schätzen die Experten. Dies sei wichtig, um eine weitere Verbreitung des Virus und die Entstehung neuer Virus-Varianten zu stoppen. Profitieren von der Herdenimmunität würden zudem Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.

Impfkampagne der USA kommt mit atemberaubender Geschwindigkeit voran

Bislang sind rund 38 Prozent der erwachsenen US-Bevölkerung und 30 Prozent der Gesamtbevölkerung durchgeimpft. Rund 55 beziehungsweise 43 Prozent haben mindestens die erste Dosis erhalten. Schon das ist ein gewaltiger Erfolg: Die Impfkampagne in den USA kommt in atemberaubender Geschwindigkeit voran.

220 Millionen Impfdosen wurden seit dem Amtsantritt von Präsident Joe Biden im Januar gespritzt, an einigen Tagen waren es mehr als vier Millionen. Zuletzt ist die Zahl der täglichen Impfungen aber zurückgegangen - und das liegt auch an der Impfskepsis.

Biden appelliert regelmäßig an die Bürger, sich impfen zu lassen. Als Anreiz hat die Gesundheitsbehörde CDC zuletzt die Empfehlungen zum Tragen für Schutzmasken für Geimpfte gelockert. Und Unternehmen bieten beispielsweise kostenlose Donuts oder ein Freibier für Geimpfte an.

Jeder vierte oder fünfte Amerikaner will keine Impfung

Umfragen zufolge will aber rund jeder vierte oder fünfte Erwachsene in den USA keine Impfung. Bei den Anhängern der konservativen Republikaner sind es laut einer Erhebung sogar 43 Prozent.

Bei denen dürften Bidens Appelle weitgehend ungehört verhallen. Und der bei der rechten Basis nach wie vor äußerst populäre Ex-Präsident Donald Trump hält es nicht für notwendig, für Impfungen zu werben.

Der 74-Jährige ließ sich schon im Januar still und heimlich impfen, was erst Wochen später bekannt wurde. Der Nachrichtensender CNN berichtete nun, Berater würden den Rechtspopulisten dazu drängen, öffentlich für Impfungen zu werben - zumal die Vakzine in seiner Regierungszeit entwickelt wurden. Ob Trump sich überreden lässt, bleibt abzuwarten.

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Neuer Trend macht Sorge: Viele lassen zweite Spritze ausfallen

Zuletzt machten die Behörden einen weiteren, besorgniserregenden Trend aus: Millionen Menschen lassen nach der ersten Dosis mit den Vakzinen von Biontech/Pfizer und Moderna die zweite Spritze ausfallen. Laut neuen Zahlen der Gesundheitsbehörde CDC sind es bislang rund fünf Millionen Menschen, etwa acht Prozent derjenigen, die eine erste Spritze erhielten. Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen - womöglich auch Nachlässigkeit und Bequemlichkeit, weil schon die erste Impfung einen gewissen Schutz bietet.

Und so verschieben sich die Prioritäten im Kampf gegen die Corona-Pandemie: Nach einem anfänglichen Ansturm auf die Vakzine muss die Biden-Regierung jetzt immer mehr Überzeugungsarbeit leisten, damit die Menschen sich impfen und durchimpfen lassen. (Fabian Erik Schlüter/afp/mgb)

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