Wer ständig nörgelt, erzieht sein Gehirn zu negativen Gedanken - und das macht krank. Unter der ständigen Unzufriedenheit leiden Körper und Psyche.

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Gelegenheiten zum Jammern gibt es unzählige: Die Bahn kommt zu spät, das Wetter ist schlecht und die Arbeit macht keinen Spaß. Doch wenn Nörgeleien zum Dauerzustand werden, ist Vorsicht geboten. Denn Wissenschaftler haben herausgefunden, dass chronische Unzufriedenheit das Gehirn verändert – mit schwerwiegenden Folgen.

So schreibt der Wissenschaftsautor Steven Parton in einem Artikel auf dem Forschungs-Portal "Psych Pedia", dass unser Gehirn bei jedem Gedanken Muster anlegt, die später wieder abgerufen werden können.

Negative Gedanken werden zur Gewohnheit

Das funktioniert folgendermaßen: Im gesamten Gehirn befinden sich Synapsen (neuronale Verknüpfungen), die durch einen kleinen Zwischenraum voneinander getrennt sind, dem sogenannten synaptischen Spalt.

Bei jedem Gedanken bilden die Synapsen untereinander Brücken, um die Information zu transportieren, die für den Gedanken notwendig ist. Dabei rücken die Synapsen jedes Mal, wenn sie miteinander kommunizieren, näher zusammen.

Wenn sich Gedanken oft wiederholen, ruft das Gehirn immer wieder die gleichen Informationen ab - und die Verbindung wird stärker. Anders gesagt: Jammern wir permanent, zieht unser Gehirn die negativen Gedanken den optimistischen vor - und zwar aus dem einfachen Grund, weil es sich dafür weniger anstrengen muss.

Jammern macht krank und vergesslich

Jammern wiederum setzt den Körper unter Stress; er schüttet das Stresshormon Cortisol aus. Ein dauerhaft hoher Cortisol-Spiegel erhöht das Risiko für bestimmte Krankheiten wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Fettleibigkeit, Diabetes und Depressionen.

Eine Studie der Universität Stanford belegt zudem, dass chronische Unzufriedenheit den Hippocampus verkleinert. Diese Region in unserem Gehirn ist für unsere Gedächtnisleistung zuständig. Permanentes Jammern fördert demzufolge die Vergesslichkeit.

Hinzu kommt, dass die persönliche Lebenseinstellung auch über Erfolg und Misserfolg entscheiden kann. Dazu Diplom-Psychologe Michael Thiel, Co-Autor des Buches "Deutschland, einig Jammerland": "Es gibt durchaus erfolgreiche Dauerjammerer, die ihr Nörgeln ganz professionell in Politik und Wirtschaft einsetzen, um ihr Gegenüber durch taktisches Jammern sukzessive zu manipulieren."

Doch generell gilt: Wer dauerhaft Jammern als Taktik einsetzt oder in der Jammerphase stecken bleibt - und sie nicht als Initialzündung für notwendige Veränderungen im Leben erkennt - wird irgendwann keine Energie, keine Freunde und keinen Erfolg mehr haben, weil dann das Nörgeln zum Selbstzweck wird.

"Es wird einsam und der Jammerer braucht für diese negative Weltanschauung immer mehr Energie", sagt Thiel im Gespräch mit unserer Redaktion. "Vielmehr steuert er dann recht schnell auf eine behandlungsbedürftige Jammerdepression zu."

Übrigens: Wer viel jammert schadet laut Thiel nicht nur sich selbst, sondern gefährdet auch die Gesundheit seiner Mitmenschen. Denn wenn jemand seine negativen Emotionen auslebt, empfindet sein Umfeld Empathie.

Unser Gehirn baut die schlechten Empfindungen nach, um sich vorzustellen, wie es dem Gegenüber geht. Umgibt man sich also mit Nörglern, übernimmt man automatisch auch ihr Gedankengut.

Der Weg aus der Nörgelspirale

Was kann man dagegen tun, wenn man sich bereits in der Nörgelspirale befindet? Experte Thiel rät: "Wichtig ist, die eigene Einstellung zur Jammerei zu ändern, in dem man aktiv wird."

Also nicht mehr nur passiv jammern und nörgeln, sondern Probleme angehen, kreative Lösungen suchen, kommunikativ werden und Verantwortung übernehmen. Das bedeutet: die Komfortzone verlassen und Stellung beziehen.

Thiel: "Wer aktiver und optimistischer durchs Leben geht, Jammern nur in Ausnahmefällen als Signal dafür erkennt, etwas ändern zu müssen, wird mit positiver Energie an Probleme herangehen können und zieht fast automatisch Gleichgesinnte an. Aus dem ehemaligen Jammerlappen wird ein lebensfreudiger Mitmensch, mit dem sich jeder gern umgibt."

Konkrete Tipps für eine positivere Einstellung:

  • Steuern Sie negativen Gefühlen bewusst mit positiven Gedanken entgegen.
  • Suchen Sie sich ein Umfeld aus Optimisten, um Ihre positiven Gefühle zu stärken.
  • Konzentrieren Sie sich auf Ihre Erfolge statt auf Ihre Misserfolge.
  • Lernen Sie, lockerer mit Ihrem Frust umzugehen, indem Sie negative Erlebnisse nicht so stark gewichten.
  • Seien Sie dankbar und lernen Sie die einfachen Dinge im Leben zu schätzen.
  • Setzen Sie sich realistische Ziele, die Sie erreichen und als Erfolg verbuchen können. Sind die Ziele nämlich zu groß und praktisch unerreichbar, nimmt man dies wie einen dauernden Misserfolg wahr. Das wiederum beeinflusst das Lebensgefühl negativ.
  • Arbeiten Sie an Ihrem Selbstbewusstsein. Je positiver Sie von sich selbst denken, umso selbstsicherer werden Sie und umso größer wird Ihre Frustrationstoleranz. Mögliche Misserfolge hauen Sie nicht sofort um, sondern spornen Sie eher an, es besser zu machen und aus Fehlern zu lernen.

Verwendete Quellen:

  • Psych Pedia: The Science of Happiness: Why complaining is literally killing you
  • Stanford News Service: New studies of human brains show stress may shrink neurons
  • Online-Lexikon für Psychologie und Pädagogik: Synapse
  • Michael Thiel, Dipl. Psychologe und Autor
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