Rasen, Drängeln, dichtes Auffahren, riskante Überholmanöver oder Pöbeln - längst Alltag im Straßenverkehr. Wutanfälle hinterm Steuer sind keine Ausnahme mehr. Laut einer Studie der Uni Würzburg und der RWTH Aachen entwickeln über 50 Prozent der befragten Fahrer häufig bis sehr häufig Aggressionen im Auto.

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Die Polizei geht davon aus, dass aggressives Verhalten am Steuer in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat. Männer und Fahrer hochpreisiger Fahrzeuge sind laut Statistik häufiger aggressiv.

Auch wenn der erhobene Mittelfinger vielleicht als Kavaliersdelikt durchgeht, so zeichnet die Unfallstatistik ein trauriges Bild: Aggressives Fahrverhalten führt zu einer Zunahme an schweren Unfällen.

Etwa ein Drittel aller Verkehrstoten geht auf fahrlässiges Verhalten oder aggressiven Fahrstil zurück.

Warum fördert der Straßenverkehr Choleriker zutage?

Meinen täglich' Stau gib mir heute! Egal ob im Berufsverkehr oder auf der Fahrt in den Urlaub, Stau ist programmiert. Durch steigendes Verkehrsaufkommen wird der Raum insbesondere in den Städten immer knapper, der individuelle Zeitdruck hingegen immer größer, was auf die eigene Toleranzschwelle drückt.

Da wird der andere, dem eigenen Fortkommen im Wege stehende Verkehrsteilnehmer schnell zum Feind, und das gegenseitige Verständnis, von Rücksichtnahme ganz zu schweigen, schwindet gegen null.

Es mag der überlasteten Verkehrssituation, beruflichem Stress oder der eigenen Persönlichkeitsstruktur geschuldet sein, wenn einem der Kamm schwillt. Ein ADAC-Sprecher bringt es auf den Punkt: "Emotionale Aggressivität ist ein Erregungszustand, der aus negativen Gefühlen resultiert. Solche negativen Gefühle entspringen häufig Frustrationen."

Das Auto verschafft Anonymität

Stress, Frust und Ärger kennt jeder. Warum sich die Wut aber gerade im Straßenverkehr so extrem manifestiert, liegt laut TÜV NORD nicht zuletzt an der besonderen Situation im Auto: "Zwar befindet man sich in der Öffentlichkeit, doch bietet das Auto gleichzeitig einen privaten Schutzraum, in dem weder Gesichtsverlust noch direkte Sanktionen drohen", so der Psychologe Christian Müller.

Das Auto verschafft also eine gewisse Anonymität, die es, ähnlich wie im Internet, leichter macht, unfreundlich oder beleidigend zu werden.

Artet die Wut allerdings in Nötigung aus, so kann es durchaus unangenehm und teuer werden. Jährlich circa 30.000 Anzeigen wegen Nötigung im Straßenverkehr sprechen eine deutliche Sprache. Nötigung kann eine Straftat nach § 240 Abs. 1 des StGB darstellen, die mit einer Geldstrafe sowie mit Punkten in Flensburg, einem Fahrverbot (§ 44 StGB) bis hin zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) geahndet werden kann.

Ausbremsen oder ignorieren? Die beste Reaktion auf aggressive Fahrer

Ärgert man sich über einen aggressiven Autofahrer, so ist es verlockend, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen oder ihm eins auszuwischen. Also einfach mal kurz auf die Bremse steigen oder dem Choleriker den Mittelfinger zeigen?

Besser nicht! Denn wenn Aggression auf Aggression trifft, droht die Situation zu eskalieren. Also unbedingt ruhig bleiben und sich nicht provozieren lassen - auch wenn es schwerfällt: Entweder ganz ruhig oder überhaupt nicht reagieren.

Jeder flippt mal aus

Der Vordermann schleicht mit gemütlichen 80 Kilometern pro Stunde auf der linken Spur der Autobahn oder mit 30 anstatt der erlaubten 50 km/h in der Stadt dahin. Nur eine Vollbremsung verhindert, dass es zu einer Kollision kommt, weil ein anderer Fahrer die Spur wechselt, ohne zu blinken oder in den Rückspiegel zu schauen.

Ist man mit solchen Verkehrsteilnehmern konfrontiert, kann man schon mal ärgerlich werden. Ehrlicherweise kann sich kaum ein Autofahrer davon freisprechen, im Auto nicht schon einmal den einen oder anderen Fluch ausgestoßen zu haben. Und das ist auch gut so, denn manche Dinge müssen einfach raus.

Das eigene hitzige Temperament herunterbremsen

Wird man im Auto häufiger oder gar regelmäßig zum Choleriker, sollte man in sich gehen. Auch wenn man sich noch so sehr ärgert, mehr Platz auf den Straßen bekommt man davon nicht.

Um sich nicht zusätzlichem Stress auszusetzen, sollte man versuchen, rechtzeitig loszufahren und Zeitpuffer für einen kleinen Umweg, Stau oder die Parkplatzsuche mit einzuplanen. Aggressive Musik im Auto ist kontraproduktiv, besser sind ruhige Rhythmen, klassische Musik oder sanfter Jazz, die beruhigen.

Abhilfe schaffe häufig das Bewusstsein, dass Frustration die Situation nicht auflöst, so der Tipp eines ADAC-Sprechers. Außerdem würden sich Atemübungen und kleine Pausen mit Bewegung an der frischen Luft anbieten, um sich zu beruhigen und die Weiterfahrt entspannt anzugehen.

Auch in schönen Erinnerungen zu schwelgen oder sich den nächsten Urlaub auszumalen, bringt einen weg von der Wut. Na dann, gute Fahrt - und bleiben Sie gelassen!

Verwendete Quellen

  • ADAC
  • Aggressionen im Straßenverkehr
  • BASt-Bericht M 151
  • Chr. Maag, H.-P. Krüger, Universität Würzburg
  • K. Breuer, A. Benmimoun, D. Neunzig, D. Ehmanns, RWTH Aachen
  • TÜV NORD GROUP: Warum wir beim Autofahren so schnell aggressiv werden

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