Ein Sturz, ein Schrei - und schon liegt ein junger Mann tot auf der Erde. So geschehen im neuen Münster-"Tatort". Er soll sich vom Hochhaus in den Tod gestürzt haben - zumindest finden die Rechtsmediziner keine Hinweis, die dagegen sprechen. Aber wie findet man eigentlich heraus, ob ein Suizid vorliegt? Wir haben bei dem bekannten Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke nachgefragt.

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Im Münster-"Tatort" stürzt ein Mann von einem Hochhaus. In der Rechtsmedizin heißt es dann, man habe "keine Hinweise gefunden, die einen Selbstmord infrage stellen würde". Was aber würde denn einen Suizid infrage stellen? Der Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke erklärt es.

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Herr Dr. Benecke, wie findet man heraus, ob jemand Selbstmord begangen hat oder nicht?

Mark Benecke: Ganz grundsätzlich arbeiten wir nach dem Ausschlussprinzip, so wie bei Sherlock Holmes. Man muss also durch Beweise, nicht durch Denken – Denken ist bei uns verboten – all das ausschließen, was nicht sein kann. Dann muss das, was übrig bleibt, stimmen, egal, wie unwahrscheinlich es ist. Im Krimi wird natürlich nicht erzählt, was alles ausgeschlossen wird – das würde zu lange dauern. Wir hingegen machen das.

Bei einem Suizid läuft es dann zum Beispiel so: Angenommen, jemand stürzt vom Hochhausdach und die Kollegen finden einen treppenförmigen Bruch am Schädel. Gleichzeitig hat das Opfer in der Wohnung aber so eine eckige Yuppie-Bratpfanne. Wenn die nicht zur Wunde passt, wäre das einer von vielen Ausschlüssen. Trotzdem hat man natürlich ein Unbehagen, weil die Frage bleibt, wie man denn alles ausschließen will. Wenn im "Tatort"-Fall zum Beispiel jemand dem Opfer zuvor ein Messer an den Hals gehalten und gesagt hat: "Wenn du rausspringst, überlebst du vielleicht, wenn ich dich ersteche, sicher nicht": Davon gäbe es keine Spuren.

Warum heißt der Selbstmord eigentlich Selbstmord, wo er doch gar keine Merkmale eines Mordes hat, wie zum Beispiel die niederen Beweggründe?

Doch, hat er. Aber aus einer religiösen Sicht. Nämlich dass man Hand an etwas anlegt, was einem nicht gehört. In vielen Religionen ist es so, dass dein Leben nicht dir gehört.

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