Was ist für ausländische Touristen eigentlich typisch deutsch? Wir haben mal in einigen Reiseführern geschmökert.

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Wenn man als Deutscher wissen möchte, was das Ausland über uns denkt, empfiehlt sich ein Blick in ausländische Reiseführer und Online-Ratgeber. Wir haben jene Quellen gelesen, die eigentlich gar nicht für uns Deutsche gedacht sind. Was den Gästen aus der Ferne da so alles verraten und geraten wird, ist durchaus interessant - und amüsant bisweilen auch.

Deutsche Tugenden

Die Pünktlichkeit der Deutschen wird in fast allen Reiseführern erwähnt. So heißt es darin oft: "Die Deutschen sind tatsächlich so pünktlich, wie man es ihnen nachsagt." "Iguide.travel" empfiehlt seinen Lesern sogar, am besten zehn Minuten vor der Zeit zu kommen und sich zu entschuldigen, falls man sich verspätet.

Dass das Thema Pünktlichkeit zum Beispiel für die Deutsche Bahn schon lange nicht mehr gilt, hat sich im Ausland zum Glück noch nicht herumgesprochen. Der Reiseführer "Lonely Planet Germany" hält das deutsche Zugsystem sogar für das effizienteste und bequemste in ganz Europa. Vor dem deutschen Straßenverkehr wird dagegen gewarnt. Die Deutschen fahren angeblich viel schneller und aggressiver als es die meisten ausländischen Gäste gewohnt sind. Vor allem die Autobahnabschnitte ohne Tempolimit werden als Stresszone für Deutschlandreisende beschrieben.

Deutsche Befindlichkeiten

Natürlich wird in den Reiseführern auch auf so manche deutsche Befindlichkeit verwiesen - immerhin will man den Reisenden aus der Fremde ja vor unangenehmen Situationen bewahren. So heißt es etwa auf der Website "about-germany.org" über das deutsche Begrüßungsritual: "Schütteln Sie Ihrem Gegenüber die rechte Hand und schauen Sie ihm dabei in die Augen! Lassen Sie währenddessen auf keinen Fall die linke Hand in der Hosentasche!"

Andere Autoren dagegen warnen eindringlich davor, sich in Deutschland gegen ein Auto zu lehnen, denn das gepflegte Gefährt sei für die Deutschen ein Heiligtum. Gäste aus Asien werden darauf hingewiesen, dass man in Deutschland flüstern darf, ohne schief angeschaut zu werden. Eine erstaunliche Tatsache, die allerdings auch nicht immer und überall zutreffen dürfte. Unüblich wiederum sei es, die Nahrung vor dem Verzehr in mundgerechte Stücke zu zerkleinern - darauf zumindest weist ein Reiseführer aus den USA seine Leser explizit hin.

Überhaupt ist so manche Facette des deutschen Essens ein Thema, denn unsere Küche ist für ausländische Touristen offenbar gewöhnungsbedürftig. Der britische "Rough Guide Germany" schreibt, das deutsche Brot sei feucht und besitze einen starken Eigengeschmack. Die Vielfalt deutscher Brotsorten gilt dabei eher als verwirrend, auch die regional unterschiedlichen Bezeichnungen für Brötchen wirken auf viele Autoren befremdlich. Das trifft aber nicht nur auf die Backwaren zu. So weiß etwa ein US-Reiseberater zu berichten, dass die Weißwurst gummiartig schmecke. Wir nehmen an, dass er nicht wusste, dass man diese bayerische Wurstspezialität ohne Haut genießt.

Auch auf die Gepflogenheiten bei Tisch geht so manch ein Reiseführer ein. Laut dem Buch "The German Way" verhält sich der Tourist dann korrekt, wenn er das Besteck in beiden Händen hält, die Unterarme und Ellenbogen nicht auf den Tisch lehnt und vor allem die linke Hand während des Essens nicht in den Schoß legt. Darüber hinaus sollte man sich vor dem Trinken "Prost" oder "zum Wohl" und vor dem Essen "Mahlzeit" oder "Guten Appetit" wünschen. Als angemessenes Trinkgeld bezeichnen die meisten Autoren 10 bis 15 Prozent des Gesamtpreises.

Oh je: Nackte Menschen!

Ein weiteres pikantes Thema ist der Hinweis auf unser lockeres Verhältnis zur Nacktheit. In anderen Ländern scheint es demnach völlig unüblich zu sein, einen nackten Menschen in der Öffentlichkeit zu sehen. In Deutschland kann einem das bei schönem Wetter fast überall passieren. Das zumindest hat die Britin Cathy Dobson in ihrem humorvollen Buch "Planet Germany" festgestellt.

Für sie scheint dies allerdings keineswegs immer eine erfreuliche oder gar prickelnd-erotische Angelegenheit zu sein. Dabei empfindet die Autorin weniger die nackten Tatsachen an sich als störend, sondern vielmehr, dass noch immer ein großer Teil der freizügigen Deutschen Achsel- und Beinbehaarung trägt. Im Online-Reiseführer "virtualtourist.com" wird zudem dazu geraten, niemals in Badehose in die Sauna zu gehen. Von den Deutschen würde dies als unhygienisch empfunden.

Klippen im deutschen Alltag

Wirklich praxisrelevant wird es bei Cathy Dobson im "Planet Germany". Die Autorin warnt darin vor so manchen Tücken im deutschen Alltag. So auch vor denen deutscher Bierbänke, schließlich könne es durchaus passieren, dass die plötzlich hochklappen, wenn die Sitznachbarn aufstehen. Wie die Deutschen so ein Malheur vermeiden - besonders wenn sie schon ein paar Bier intus haben - ist der Autorin allerdings ein Rätsel. Zum Glück weiß Dobson hingegen, dass in Deutschland nicht alle Frauen im Dirndl und nicht alle Männer in Lederhosen rumlaufen.

Weitere Alltagstipps kommen von anderen Autoren. So wird Deutschlandbesuchern etwa geraten, keinen Deutschen als "Ossi" oder "Wessi" zu bezeichnen, weil sie nicht ganz zu Unrecht vermuten, dass so etwas als unhöflich aufgefasst werden könnte. In puncto Mülltrennung werden vor allem Mieter von Ferienhäusern in einigen Reiseführern darauf hingewiesen, dass dieses Thema von den Deutschen sehr ernst genommen wird. Jeder Gast sollte sich daher mit den örtlichen Regeln vertraut machen und sie auch möglichst einhalten, wenn er nicht negativ auffallen will.

Der Ton macht die Musik

Sie werden es ahnen, ausländische Reiseführer liegen nicht immer ganz richtig, wenn sie über Deutschland schreiben. So werden auf der US-Website "dummies.com" dem interessierten Leser wichtige Worte und Sätze mit deutscher Übersetzung und "korrekter" Aussprache geliefert. Dort ist etwa Folgendes zu lesen: How much does it cost? = Wie kostet es? ( vee cost-tet ess) , Thursday = Donnerstag ( doe-ners-tog) , Night = Nacht (knocked), Airplane = Flugmaschine (floog-ma-sheen-uh), Seat = Platz (plotz), 100 = Hundert (whon-dert) oder in der Langform: Do you have tickets for this evenining? = Haben Sie Karten für heute Abend (hob-ben zee car-ten fear hoy tuh ah-bent).

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