Für viele Tierbesitzer und ihre Vierbeiner hat die neue Gebührenverordnung drastische Auswirkungen. Einer Umfrage von "Felmo" zufolge wollen fünf Prozent der Halter wegen gestiegener Tierarztkosten ihre Tiere abschaffen, gefährdet davon sind 1,7 Millionen Tiere.

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Am 22. November tritt die neue Gebührenverordnung für Tierärzte (GOT) in Kraft. Die Tierarztkosten werden also steigen. Insgesamt werden die Gebührensätze um 20 Prozent angepasst. Nach Berechnungen des "Berliner Abendblatts" wird eine allgemeine Untersuchung für Hunde um 75 Prozent teurer (von 13,50 Euro auf 23,60 Euro), für Katzen um ganze 163 Prozent (von 9,00 Euro auf 23,60 Euro). Die letzte Anpassung der Gebührenordnung liegt bereits 23 Jahre zurück.

Laut Heiko Färber, Geschäftsführer des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte, seien die Preise für Tiermedizin in Deutschland im europäischen Vergleich seit Jahren zu niedrig gewesen. Durchschnittlich kostet der Betrieb einer Tierarztpraxis laut einer vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beauftragten Studie 2,25 Euro pro Minute, darin enthalten sind Miete, Gehälter, Energiekosten und Abschreibungen für Geräte.

Mit der Preissteigerung könne verhindert werden, dass Tierarztpraxen schließen müssen. Der Gebührensatz ist von der Schwierigkeit der Behandlung, dem Zeitaufwand, dem Zeitpunkt des Erbringens – insbesondere Nacht und Wochenende –, dem Wert des Tieres sowie den örtlichen Verhältnissen abhängig.

Sparen zulasten der Gesundheit der Haustiere?

Die Änderung stößt aber auch auf Kritik. Tierhalter befürchten, sich die Tierarztkosten nicht mehr leisten zu können oder die medizinische Versorgung ihrer geliebten Fellnase zumindest vernachlässigen zu müssen – zum Leid der Tiere. Das zeigt auch eine von der mobilen Tierarztpraxis "Felmo" in Auftrag gegebene Umfrage.

Durchgeführt wurde die repräsentative Umfrage vom Marktforschungsunternehmen "YouGov Omnibus". Befragt wurden 2.036 Deutsche ab 18 Jahren in einem Zeitraum vom 21. bis 22. September 2022. Dabei gab insgesamt rund ein Viertel (24 Prozent) der deutschen Tierhalter an, wegen der geänderten Gebührenordnung an der gesundheitlichen Versorgung ihres Tieres zu sparen. 16 Prozent der Befragten würden weniger Tierarztbesuche wahrnehmen und acht Prozent ihre Tiere seltener impfen lassen.

Über 9.600 Menschen unterschrieben die Petition.
Über 9.600 Menschen unterschrieben die Petition. © Foto: unsplash.com/Werzk Luuuuuuu (Symbolfoto)

Etwa fünf Prozent gaben an, ihre Haustiere als Reaktion auf die steigenden Tierarztkosten abschaffen zu wollen. Diese Zahl mag sich zunächst nach wenig anhören – umgerechnet auf alle Tierhalter in Deutschland wären demnach jedoch 1,7 Millionen Tiere betroffen. Mit 19 Prozent waren die Berliner am ehesten dazu bereit, ihr Tier abzugeben. Niedersachsen liegt mit drei Prozent weit hinten. In Bremen, Hamburg, im Saarland, in Sachsen und Sachsen-Anhalt kommt es für niemanden der Befragten infrage, sich bei steigenden Kosten vom eigenen Haustier zu trennen.

Mops Jessi hingegen hat dieses traurige Schicksal ereilt, berichtet die "Bild". Die Hündin sitzt sterbenskrank in einem Zwinger des Tierheims Bergheim in Nordrhein-Westfalen. Ihre Besitzer gaben ihre Hündin schweren Herzens im Tierheim ab, weil sie die Behandlungskosten für Jessis Blutvergiftung und die Operation ihrer eiternden Zähne nicht tragen konnten.

Petition gegen Hausbesuchsgebühr und Anfahrtskostenpauschale

Zwar spricht sich auch "Felmo" für die neue Maßnahme und die Förderung der tiermedizinischen Berufe aus. Schließlich habe sich seit der letzten GTO von 1999 einiges verändert: Veterinäre mussten moderne und kostenintensive Geräte für zeitgemäße Untersuchungsmethoden wie Röntgen, Ultraschall und MRT anschaffen. Und auch die Tierärzte seien mobiler geworden und es sei wichtig, den Beruf für neuen Fachkräfte durch eine angemessene Bezahlung attraktiver zu machen.

Dennoch möchte das Unternehmen mit seiner Petition erreichen, dass die neue, verpflichtende Hausbesuchsgebühr in Höhe von 41 Euro sowie eine Anfahrtskostenpauschale wieder aus der Novellierung gestrichen werden. Dafür hat die mobile Tierarztpraxis eine Petition ins Leben gerufen. Das Unternehme habe schließlich keine Strom- oder Mietkosten und wolle sich deshalb die Freiheit bewahren, die Anfahrtskosten als betriebliche Ausgabe nicht an die Kunden, also die Tierhalter, weiterzugeben, sagt Geschäftsführer Lars Giere.

Mobile Tiermedizin müsse bezahlbar bleiben, sagt auch Katrin Noffke, Tierärztin bei "Felmo": "Im Hausbesuch haben wir die Chance, viele Tiere zu behandeln, die aus verschiedenen Gründen wie Behinderungen der Tierbesitzer, kein Auto oder weil einfach nur die Katze die Transportbox verweigert, die sonst nie beim Tierarzt in einer stationären Praxis vorgestellt werden können." Auch mit Hinblick auf überlasteter Praxen und Aufnahmestopps sei der mobile Service hilfreich.

In den ersten Wochen konnte "Felmo" bereits 8.000 Unterschriften für die Petition gegen die verpflichtende Abrechnung der Hausbesuchsgebühr und der Anfahrtskosten sammeln. Inzwischen sind es bereits über 9.600 Stimmen.

Was sagen andere Tierärzte?

Färber vom Bundesverband praktizierender Tierärzte betont, dass die Kostenerhöhung längst überfällig gewesen sei: Die Mitarbeiter in den Tierarztpraxen habe man nicht angemessen bezahlen können. Das werde jetzt nachgeholt. "Wir müssen sie besser bezahlen, damit die Praxen offen bleiben können", sagt er.

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Nur wenn viele Praxen in der Fläche vorhanden seien, könne Tierschutz durch medizinische Behandlung gewährleistet werden. Er rät Tierhaltern, eine Tierkrankenversicherung abzuschließen, um sich vor zu hohen Kosten zu schützen. Dies sei bereits in vielen europäischen Ländern gängig und nur in Deutschland noch nicht so weit verbreitet.  © Deine Tierwelt

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