Dutzende Personen haben sich in der Nacht zum Samstag vor der Thüringer Staatskanzlei geprügelt. Nun stellt sich heraus: Es war offenbar eine Attacke von Rechtsextremisten auf eine Gruppe Jugendlicher. Die Polizei ermittelt wegen Verdachts des Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung.

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Vor der Thüringer Staatskanzlei in Erfurt haben sich in der Nacht zum Samstag etwa 30 Menschen eine Schlägerei geliefert. Bei der Auseinandersetzung zweier "überwiegend jugendlicher Gruppierungen" wurden insgesamt fünf Menschen zum Teil schwer verletzt, heißt es in einer ersten Polizeimeldung vom selben Tag. Auch drei hinzukommende Polizisten seien bei ihrem Eingreifen leicht verletzt worden.

Was wie eine unpolitische Auseinandersetzung klingt, war aber allem Anschein nach ein rechtsextremer Angriff. Es gebe Hinweise auf einschlägige Szene-Kleidung und Verbindungen von Tatverdächtigen in die Neonazi-Szene. "Daher ist davon auszugehen, dass der Überfall aus dem extrem rechten Milieu kam", erklärte die Thüringer Linken-Abgeordnete Katharina König-Preuss.

Die 42-Jährige gilt als eine der profiliertesten Kennerinnen der rechtsextremen Szene in Thüringen. König-Preuss zufolge legen die Zielgerichtetheit, das Auftreten der Täter und die Art der Verletzungen bei den Betroffenen auch einen Kampfsport-Hintergrund nahe. Mehrere Betroffene mussten im Krankenhaus behandelt, einer sogar operiert werden. So habe es Tritte gegen die Köpfe von am Boden liegenden Personen gegeben.

Tatverdächtige wieder auf freiem Fuß

Das Landeskriminalamt in Erfurt prüft den Verdacht des Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung, der Staatsschutz ermittelt nun. Die Polizei bestätigte am Dienstag den Hintergrund der Angreifer: Einzelne Tatverdächtige seien nach bisherigen Erkenntnissen in der Vergangenheit mit rechtsmotivierten Straftaten in Erscheinung getreten, hieß es am Dienstag in einer LKA-Mitteilung.

Thomas Jacob und Diana Hennig, Sprecher der Thüringer Bündnisse, Initiativen und Netzwerke gegen Rechts, kritisieren die aus ihrer Sicht unzureichende und verspätete Kommunikation seitens der Polizei. In einem am Mittwoch veröffentlichten offenen Brief fordern sie Polizei und Justiz auf, "Straftaten mit politischer Motivation auch als Solche zu benennen".

Drei Männer im Alter von 17, 24 und 25 Jahren waren wegen des Angriffs kurze Zeit nach der Tat festgenommen, dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Es habe sich kein Haftgrund beziehungsweise kein dringender Tatverdacht ergeben, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt, Hannes Grüneisen, am Sonntag. (mf/dpa)

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