• Nach dem Schuldspruch im Prozess um den Tod des Afroamerikaners George Floyd hat der Anwalt des verurteilten Ex-Polizisten Derek Chauvin eine Neuauflage des Prozesses beantragt.
  • Zuvor hatte ein früheres Foto für Wirbel gesorgt, das einen Geschworenen mit einem T-Shirt mit der Abkürzung BLM für "Black Lives Matter" zeigt.

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Nach dem Schuldspruch gegen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin wegen der Tötung des Afroamerikaners George Floyd hat die Verteidigung eine Neuauflage des Verfahrens beantragt. Als Begründung führte Anwalt Eric Nelson rechtliche Fehler und Fehlverhalten von Gericht und Staatsanwaltschaft an.

Wegen der Summe der Fehler sei der Prozess gegen Chauvin nicht fair gewesen und habe ihn damit seiner von der Verfassung garantierten Rechte beraubt, schrieb Nelson in dem auf Dienstag datierten Antrag.

Die Verteidigung war während des Prozesses beim zuständigen Richter Peter Cahill mehrfach mit Anträgen auf ein sofortiges Ende des Verfahrens aufgrund angeblicher rechtlicher Fehler gescheitert. Als Begründung für den jüngsten Antrag führte Chauvins Anwalt unter anderem an, dass der Richter eine Verlegung des Prozesses an einen anderen Ort blockiert habe.

Zudem habe Cahill es versäumt, eine komplette Abschottung der Geschworenen von der Außenwelt für die ganze Dauer des Verfahrens anzuordnen, hieß es weiter. Nelson warf auch der Staatsanwaltschaft Verfahrensfehler vor.

In der Begründung für seinen Antrag führte Chauvins Anwalt die öffentliche Aufmerksamkeit rund um den Fall, Fehler des Gerichts und der Staatsanwaltschaft sowie Druck auf die Jury auf. Die Berichterstattung sei "vor und während des Verfahrens so (...) voreingenommen gewesen", dass sich daraus strukturelle Verfahrensfehler ergeben hätten.

Fall George Floyd: Foto von Geschworenem sorgt für Aufsehen

Zuvor hatte ein früheres Foto des Geschworenen Brandon Mitchell für Aufsehen gesorgt. Auf der Aufnahme aus dem vergangenen Jahr ist Mitchell mit einem T-Shirt mit der Aufschrift "BLM" sowie "Nehmt euer Knie aus unseren Nacken" zu sehen. Das könnte die Unvoreingenommenheit des 31-jährigen Afroamerikaners im Prozess gegen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin infrage stellen: Der Slogan war bei den landesweiten Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt nach Floyds Tod häufig zu sehen gewesen.

Mitchell hatte bei der Vorauswahl der Geschworenen im Prozess gegen Chauvin angegeben, nicht an Demonstrationen gegen Polizeigewalt teilgenommen zu haben. Nach Auftauchen des Fotos sagte der Basketballtrainer örtlichen Medien, die Aufnahme sei im vergangenen August am Rande einer Kundgebung zum Jahrestag der "I Have a Dream"-Rede des Bürgerrechtlers Martin Luther King in der Hauptstadt Washington entstanden.

Der Jury-Experte Jeffrey Frederick sagte nun der Nachrichtenagentur AFP, Mitchells Antworten seien "technisch korrekt" gewesen, weil es sich offiziell um eine Erinnerungsveranstaltung gehandelt habe. Der Vorsitzende Richter des Prozesses könne Mitchell nun erneut befragen und prüfen, ob er befangen gewesen sei und möglicherweise gelogen habe.

Frederick und andere Experten halten es aber für unwahrscheinlich, dass der Schuldspruch deswegen gekippt werden könnte. Für einen solchen Schritt gebe es hohe Hürden.

Chauvin droht eine Freiheitsstrafe von bis zu 40 Jahren

Die zwölf Geschworenen hatten Chauvin am 20. April einstimmig in allen drei Anklagepunkten schuldig gesprochen, darunter wegen Mordes zweiten Grades. Das Strafmaß soll am 25. Juni verkündet werden. Ursprünglich war der 16. Juni angesetzt worden. Auf Mord zweiten Grades steht eine Höchststrafe von 40 Jahren.

George Floyds Tod am 25. Mai 2020 bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis hatte in den USA Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst. Videos dokumentieren, wie Polizisten den Mann zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor der Autopsie zufolge das Bewusstsein und starb. (dpa/AFP/lh)

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