• Im vergangenen Sommer wurde Pakistan von einer Flutkatastrophe getroffen.
  • 1719 Menschen wurden durch die Überflutungen getötet, 33 Millionen sind davon betroffen.
  • Der Wiederaufbau dürfte noch Jahrzehnte dauern, schätzen Hilfsorganisationen.

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An Regen ist man in den Provinzen Sindh und Baluchistan gewöhnt. Jeden Sommer sucht der Monsun den Osten Pakistans Heim und sorgt für starke Regenfälle. Doch dieses Jahr war es anders als zuvor. Der Regen hörte nicht mehr auf und sorgte dafür, dass der Indus über die Ufer trat. Tausende Kilometer Straße und mehr als 400 Brücken wurden weggeschwemmt, 1719 Menschen getötet. Insgesamt sollen 33 Millionen Menschen von der Flut betroffen sein. Die Klimaministerin des Landes, Sherry Rehman, sprach von der größten Klimakatastrophe der Welt.

Auch wenn seit der Flut nun mehrere Monate vergangen sind, sind die Auswirkungen nach wie vor zu spüren. Zwei Millionen Häuser wurden in Mitleidenschaft gezogen und nach wie vor ist eine Millionen Menschen obdachlos. Erst langsam kehren die betroffenen Bewohner in die Gebiete zurück, die das Wasser wieder hergibt.

Die Aufräumarbeiten dürften aber noch lange dauern, die Rekonstruktion der Infrastruktur noch deutlich länger. Laut der Bundeszentrale für Politische Bildung sind 13.000 Kilometer Straße zerstört worden. Die pakistanische Regierung geht davon aus, dass sich die Kosten der Katastrophe auf 32 Milliarden Dollar belaufen werden.

1,3 Millionen Geflüchtete aus Afghanistan

Der hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, UNHCR, weist darauf hin, dass auch viele Geflüchtete in Pakistan Zuflucht gefunden haben und nun ebenfalls von den Fluten betroffen sind. Insbesondere aus Afghanistan sind nach der Machtübernahme der Taliban viele Menschen ins benachbarte Land geflohen. Laut UNHCR soll alleine ihre Zahl 1,3 Millionen betragen.

Die Hilfsorganisation ist vor Ort engagiert und hat unter anderem 15.000 Zelte für die betroffenen Regionen zur Verfügung gestellt, wie sie gegenüber unserer Redaktion mitteilt. Außerdem sollen über 71.000 Hilfsgüter geliefert worden sein, darunter Plastikplanen, Sanitärprodukte, Kocher und Kochgeschirr Decken, Solarlampen und Schlafmatten.

Die Lage der Kinder in Pakistan

Besonders betroffen sind Kinder von der Flutkatastrophe. 23.900 Schulen sollen laut der Hilfsorganisation "Save the Children" durch das Wasser beschädigt oder zerstört worden sein. Der Landesdirektor von "Save the Children" in Pakistan, Muhammad Khuram Gondal erklärt gegenüber unserer Redaktion: "Wir haben Sorge, dass aus der Flutkatastrophe eine Versorgungskrise und eine Bildungskatastrophe wird."

So könne es sein, dass viele Kinder auf dem Feld landen statt auf der Schulbank. Pakistan ist ein Agrarland, wenn Kinder nicht regelmäßig zur Schule gehen, würden sie von ihren Familien schnell zum Arbeiten geschickt, um zum Einkommen beizutragen. "So könnte die Flut dazu führen, dass Kinder, die jetzt die Schule verpassen, keine Chance mehr auf eine Ausbildung haben", so der Landesdirektor.

Wiederaufbau kann Jahrzehnte dauern

"Save the Children" versucht daher wieder Unterricht stattfinden zu lassen in provisorischen Schulen und richtet provisorische Unterkünfte für die Familien ein. Das würde bereits in vielen Fällen gut klappen, erklärt Khuram Gondal, aber man könne nicht allen Kindern helfen, es seien einfach zu viele betroffen und die finanzielle Hilfe nicht ausreichend.

Auf die Frage, wie lange es dauern würde, bis die betroffenen Gebiete in Pakistan wiederaufgebaut sind, zeigt sich der Hilfskoordinator pessimistisch: "Wenn wir alle unsere Energien bündeln würden, würde es schneller gehen, aber Pakistan ist gerade nicht im Fokus der Weltöffentlichkeit."

Die internationale Hilfe beträgt aktuell ein Volumen von 282 Millionen Dollar Aufbauhilfe, so der Hilfskoordinator. Das klingt gigantisch, ist aber gemessen an den Schäden wenig. "Es reicht gerade dafür, das Überleben der Menschen vor Ort zu gewährleisten. Von Wiederaufbau kann keine Rede sein." Dafür müsse deutlich mehr investiert werden. Khuram Gondal ist skeptisch und spricht von 15 bis 20 Jahren bis alles wieder auf dem Niveau sei wie es vor der Flut war.

Kampf gegen den Klimawandel

Klar ist laut Hilfskoordinator Khuram Gondal aber auch: Wer Flutkatastrophen wie die in Pakistan verhindern will, muss aktiv werden gegen den Klimawandel. Bei der jüngsten Klima-Konferenz in Scharm El-Scheich wurde deutlich, dass auch der globale Süden bereit ist, ambitionierte Klimaziele zu verfolgen, schon aus eigener Existenzangst. Die Auswirkungen der Erderwärmung treffen überproportional ärmere Länder und haben dort aufgrund der schlechteren Versorgungslage verheerende Folgen.

Aber auch in Deutschland konnte im vergangenen Sommer beobachtet werden, was ansteigende Pegelstände und plötzliche Regenfälle für Auswirkungen haben können. 134 Menschen starben und große Teile der Infrastruktur wurden zerstört, als die Ahr über die Ufer trat. Selbst eineinhalb Jahre später sind die Schäden im Ahrtal noch zu sehen und die Region nach wie vor mit dem Wiederaufbau beschäftigt. Ein nachhaltiger Klimaschutz ist also auch im Interesse Deutschlands.

Über den Gesprächspartner vor Ort: Muhammad Khuram Gondal ist Landesdirektor der Hilfsorganisation "Save the Children" in Pakistan.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Muhammad Khuram Gondal.
  • Schriftliches Statement des UNHCR.
  • Spiegel.de: Das Wasser schwindet, das Elend fängt erst an
  • Bpb.de: Flutkatastrophe in Pakistan
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