Die Gastronomie war eine der ersten Branchen, die den Corona-Lockdown zu spüren bekam. Restaurants, Bars und Cafés sind seit einigen Monaten wieder geöffnet. Wie haben sie die Krise gemeistert? Und wie sieht es inzwischen aus? Wir haben mit dem Küchenchef des Baader Cafés in München über die Krise gesprochen und darüber, dass der Lockdown auch Positives hervorgebracht hat.

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Max, stell Dich doch gerne kurz vor.

Max Nimmrichter: Ich bin Max Nimmrichter und bin Küchenchef im Baader Café in München. Wir sind ein kleines Café, das abends auch als Bar fungiert. Wir haben also sowohl morgens Frühstücks- als auch abends Bar-Betrieb und ab und an den einen oder anderen Gast-DJ – zumindest vor Corona.

Wie hast Du in der Gastronomie die Anfangszeit von Corona erlebt?

Ich war von der ganzen Situation total überrascht. Natürlich mussten wir schließen. Erstmal haben wir abgewartet, wie sich das entwickelt, und ab Ende April haben wir langsam Essen zum Mitnehmen angeboten. Viele Stammgäste haben danach gefragt.

Konntet Ihr Eure Verluste während des Lockdowns mit den Abholungen ausgleichen?

Da wir weiterhin die volle Pacht zahlen mussten – da ist uns von den Hausbesitzern niemand entgegengekommen –, konnten wir das mit den Soforthilfen die ersten ein bis zwei Monate ein bisschen ausgleichen. Beim Essen zum Mitnehmen ging es uns vor allem darum, Präsenz zu zeigen. Aber wirklich aufgefangen hat das die laufenden Kosten eher weniger.

Habt Ihr Euch dann vor allem von Rücklagen über Wasser gehalten?

Wir hatten einige Rücklagen, weil der Winter bei uns das Hauptgeschäft bringt. Dann haben wir angefangen uns zu überlegen, wie wir noch zusätzliche Finanzierungshilfen generieren können. Da Läden in unserer unmittelbaren Nachbarschaft Fundraising-Kampagnen gestartet haben, wollten wir das auch probieren. Wir haben dann sowohl bei Facebook als auch auf unserer Fundraising-Seite Livestreams gestartet, bei denen unsere DJs aufgelegt haben. Darauf haben wir echt positive Resonanz bekommen. Das hat auf jeden Fall geholfen, einen Monat zu überbrücken.

"Für Kellner sind 60 Prozent Gehalt zu wenig"

Damit konntet Ihr also genügend Geld einnehmen?

Ja, da ist gut was zusammengekommen, was wir auch an unsere Mitarbeiter ausschütten konnten. Die waren natürlich auch in finanzieller Not. Mit dem Kurzarbeitergehalt alleine kann man schlecht hohe Fixkosten wie Miete zahlen. Vor allem bei den Kellnern, die stark auf Trinkgeld angewiesen sind, sind 60 Prozent Gehalt zu wenig.

Konntet Ihr alle Eure Mitarbeiter behalten?

Ja, von unseren fest angestellten Mitarbeitern sind so gut wie alle geblieben. Ein paar studentische Aushilfskräfte haben sich neu orientiert, um in der Zeit, in der wir geschlossen hatten, Geld zu verdienen.

Habt Ihr noch weitere Aktionen auf die Beine gestellt?

Auf der Straßenseite gegenüber von uns gibt es die Galerie Jahn & Jahn. Zu denen besteht schon seit Jahren eine enge Verbindung, und die haben uns Bilder von ihren Künstlern zur Verfügung gestellt. In unseren großen Schaufenstern haben wir diese dann ausgestellt, und wenn jemand ein Kunstwerk gekauft hat, haben der jeweilige Künstler und unser Café davon profitiert. Die Galerie hat freiwillig auf ihren Anteil verzichtet. Auch die Bilder einiger befreundeter Künstler haben wir ausgestellt. Das war eine schöne Aktion.

Du meintest vorhin, Ihr habt auch Soforthilfe beantragt?

Ja, die haben wir direkt, nachdem wir geschlossen haben, beantragt. Das hat natürlich ein bisschen gedauert, aber so nach etwa eineinhalb Monaten haben wir sie bekommen.

War das einfach?

Der Antrag für die Soforthilfe war schon relativ einfach gestaltet, so dass man ihn schnell ausfüllen und abschicken konnte. Es gab auch genügend Quellen, die das gut erklärt haben, zum Beispiel auf der Seite des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Die Anträge für Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit waren aber komplizierter. Aus Solidarität haben wir auch unseren japanischen Nachbarn gegenüber beim Ausfüllen der Anträge geholfen. Die hatten rein sprachlich Probleme mit dem Bürokratendeutsch.

Eure Mitarbeiter waren also eine Zeit lang in Kurzarbeit?

Ja, wir mussten das ganze Personal auf Kurzarbeit anmelden. Es war noch eine Person da, die draußen an der Bar gearbeitet hat, und eine in der Küche. Und natürlich hatten wir auch reduzierte Öffnungszeiten und eine kleine, minimierte Mittagskarte. Es gab kein Frühstück und für mittags und abends nur Essen zum Mitnehmen.

Wie lange lief diese Art von reduziertem Betrieb dann in etwa?

Das ging etwa einen Monat so, ab dem 18. Mai durften wir den Außenbereich öffnen. Ab Ende Mai war es wieder möglich, auch drinnen Gäste zu bedienen.

Ihr hattet also die Möglichkeit, auch draußen zu servieren?

Genau, für draußen hatten wir einen ganz kleinen, schmalen Streifen entlang unserer Fensterfront auf dem Bürgersteig. Dann haben wir auch beantragt, dass wir die Parkplätze vor unserem Laden freiräumen dürfen und haben da so eine Art kleinen Biergarten aufgebaut. Den gibt es jetzt seit Mitte Juni. Das ist jetzt für uns, die sonst im Sommer draußen immer nur wenig Bestuhlung haben durften, wirklich gut. Vor allem an den heißen Tagen merkt man, dass plötzlich mehr Leute da sind als früher.

"Das Telefon klingelt auf jeden Fall häufig"

Würdest Du sagen, dass der Kundenandrang inzwischen wieder so ist wie vor der Krise?

Ich würde sagen, dass es ungefähr gleich ist. Direkt nachdem wir wieder aufgemacht haben, sind viele Stammgäste extra gleich vorbeigekommen und haben sich gefreut, wieder da zu sein. Das Telefon klingelt auf jeden Fall häufig. Die Besucherzahlen sind im Vergleich zu vor der Krise relativ unverändert.

Welche Änderungen musstet Ihr bei der Wiedereröffnung des Cafés beachten? Welche Hürden gab es?

Zum einen mussten wir natürlich unsere Tische reduzieren und die Bar einschränken. Da können nur noch zwei bis drei Leute sitzen. Wir mussten außerdem vor der Eingangstüre eine Art Barriere erstellen, damit die Leute sich nicht sofort hinsetzen und man sie platzieren und registrieren kann. Auch die Möglichkeit zur Handdesinfektion muss gegeben sein.

Und auch für das Personal ergeben sich wohl einige Änderungen?

Das Personal musste natürlich geschult werden, nach jedem Gast regelmäßig die Tische zu desinfizieren. Das ist natürlich ziemlich aufwendig und bedeutet zusätzliche Arbeit für die Kellner. Natürlich müssen während der Arbeit außerdem Masken getragen werden. Es gab auch einen erhöhten Kostenaufwand, all diese Maßnahmen umzusetzen. Desinfektionsmittel ist seit der Coronakrise auch nicht mehr billig.

Gibt es auch Café-Gäste, die sich nicht an die Regeln halten?

Der Großteil unserer Gäste hält sich an die Regeln, aber einige Leute muss man ab und an ermahnen, weil sie oft auch einfach vergessen, die Maske aufzuziehen. Es ist auch schon vorgekommen, dass Leute sich darüber aufgeregt oder gar geweigert haben eine Maske aufzuziehen. Wir müssen im Endeffekt die Strafe zahlen, wenn wir Ärger bekommen, weil sich die Gäste nicht an die Regeln halten. Das können wir uns natürlich auch nicht leisten.

Ohne Maske, kein Service

Gab es da besonders hervorstechende Situationen?

Es gab Diskussionen mit ein oder zwei Gästen, die dann auch gegangen sind, weil sie sich zu sehr gemaßregelt fühlten. Extreme Fälle hatten wir aber nicht.

Wenn die Leute sich partout nicht an die Regeln halten, schmeißt Ihr sie dann raus?

Wenn sich jemand komplett weigert, eine Maske zu tragen, dann müssen wir demjenigen den Service verweigern. Aber vor allem durch die Außenbestuhlung ist es ein bisschen besser geworden.

Welche Modelle aus der akuten Krisenzeit habt Ihr beibehalten?

Wir haben immer noch viele Gäste, die sich vor allem mittags Essen zum Mitnehmen bestellen. Auch unseren E-Mail-Verteiler haben wir upgedatet, um mehr Internetpräsenz zu haben. Wir sind auch gerade dabei, eine neue Webseite aufzubauen, damit wir unser Tagesmenü hochladen können. Auch das mit den DJ-Livestreams wäre eine Idee, die man weiterführen könnte. Wir haben aus dem Lockdown tatsächlich auch etwas mitgenommen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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