Die Coronakrise hat Mallorca hart getroffen. Die Insel droht zum Armenhaus zu verkommen, die Tage des Ballermann könnten gezählt sein. Dennoch können einige Mallorquiner dem Coronavirus etwas Positives abgewinnen.

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Wo sonst Tausende bei Bier und Sangria zu den Klängen von "Saufi saufi" und "Alle blau" feiern, hört man dieser Tage nur die Vögel zwitschern und die Wellen des Mittelmeeres rauschen. Am Ballermann herrscht Idylle.

Doch bei Hoteliers, Gastronomen und Händlern schrillen die Alarmglocken. Die Zentralregierung in Madrid warnte in den vergangenen Tagen, der Tourismus werde im ganzen Land wohl frühestens Ende des Jahres wieder in Gang kommen.

Nach einer Prognose des Branchenverbandes Exceltur werden Mallorca und die anderen Balearen wegen der Pandemie 2020 mit 95 Prozent der Einnahmen so viel einbüßen wie keine andere Region des Landes. Etwa 13,5 Milliarden Euro.

Mallorca von Coronakrise hart getroffen

Nicht nur "das 17. Bundesland", der Deutschen liebste Insel, muss im besonders schwer vom Coronavirus getroffenen Spanien zittern. Dem Tourismussektor im Land drohen Einnahmen von 124 Milliarden Euro zu entgehen.

Während der Tourismus 12 Prozent der Wirtschaftsleistung Spaniens ausmacht, sind es für die Balearen aber 45 Prozent. Und fast 20 Prozent aller Erwerbstätigen arbeiten auf Mallorca im Tourismus.

"Hat der Ballermann ausgefeiert?", fragte in großen Lettern die "Mallorca Zeitung". Die Party sei vorerst vorbei, für viele Unternehmer gehe es nun "ums nackte Überleben". Das Wochenblatt zitierte in der jüngsten Ausgabe Christophorus Heufken, der in Artà im Norden der Insel - weit weg vom Ballermann - ein kleines Boutique-Hotel betreibt: "Faktisch sind wir pleite!"

Der 61-Jährige aus dem Ruhrgebiet gibt sich pessimistisch. Die Unsicherheit beim Thema Reisen werde auch nach dem Ende der Ausgangsbeschränkungen und der Grenzöffnung für Ausländer lange weiterbestehen, fürchtet er. Wegen der Einschränkungen, aus Angst vor Ansteckungen und weil vielen Menschen in Spanien, Deutschland und Großbritannien wegen der Krise und Kurzarbeit das nötige Geld fehle.

Regionalpräsidentin der Balearen: Schubweise Öffnung Mallorcas

Große Veranstalter wie Tui zeigen sich nach dem Aussetzen ihres Programms schon etwas zuversichtlicher, dass der Betrieb in einigen Urlaubsregionen in nicht allzu ferner Zukunft wieder anlaufen kann. Wie auch die Kanaren und manche griechischen Inseln seien die Balearen von der Corona-Pandemie verhältnismäßig wenig betroffen, heißt es beim weltgrößten Touristikkonzern in Hannover.

Tui hatte seinen Kunden empfohlen, angesichts der aktuellen Lage bereits für 2021 zu planen. Das heiße aber nicht, dass man für 2020 ganz schwarz sehe. Vielleicht sei im Hochsommer eine leichte Erholung denkbar.

Lokale Stimmen beurteilen das skeptischer. Die Regionalpräsidentin der Balearen, Francina Armengol, spricht von einer schubweisen Öffnung Mallorcas in den Sommermonaten, vorwiegend aber nur für Festlandspanier. Die Zentralregierung in Madrid, die über die Maßnahmen landesweit entscheidet und bisher weder Sport noch Spaziergänge im Freien erlaubt, hat noch keine Exit-Strategie.

Geht es mit dem Ballermann zu Ende?

Es sei eine "Katastrophe", klagt ein Sprecher des Ballermann-Kultlokals "Megapark", das wie der große Konkurrent "Bierkönig" dieser Tage die mehrtägigen Saisoneröffnungs-Partys absagen musste. Das Schicksal der "Big Player", die den Ballermann mit Auftritten von etwa Tim Toupet, Mia Julia und Peter Wackel zum Beben bringen, werde für die Zukunft der Playa entscheidend sein, glaubt die "Mallorca Zeitung".

"Sollte die Regierung - aus welchen Gründen auch immer - diesen beiden Großunternehmen finanzielle Hilfen verwehren, dann könnte es um den Ballermann geschehen sein", vermutet das Blatt. Auch Toni Bauzá von der Hilfsorganisation Tardor warnt, Mallorca drohe wegen der Pandemie und des Lockdowns zum Armenhaus zu verkommen.

"Die Zahl der notleidenden Familien, die sich an uns wenden, hat sich in der Krise verdreifacht." Vor den Essenstafeln bildeten sich immer längere Schlangen, schrieb die "Diario de Mallorca". Auch das katholische Hilfswerk Caritas berichtete von einer deutlichen Zunahme der Armut.

Ein Lichtblick inmitten der Krise

Es ist derweil dennoch gut möglich, dass einige Mallorquiner dem Coronavirus trotz der mehr als 150 Corona-Toten auf den Balearen und der Wirtschaftskrise auch Positives abgewinnen können. Der balearische Tourismusminister Iago Negueruela etwa, der bei seinem Feldzug gegen den "Sauftourismus" bisher eher wenig Erfolg hatte.

Auch ein Topmanager wie Gabriel Escarrer, Präsident der in Spanien führenden Hotelkette Melià, sieht nicht nur schwarz. "Eine der wenigen guten Dinge der Krise ist, dass wir unser Konsummodell überdenken und uns mehr für Nachhaltigkeit einsetzen werden."

Wann und in welchem Ausmaß der Betrieb auf der Insel wirklich wieder hochgefahren werden kann, dürfte laut Tui vor allem auch von der Umsetzung neuer Hygiene-, Abstands- und Catering-Konzepte in den Hotels abhängen. "Das entsteht jetzt gerade alles", heißt es aus dem Konzern. Man gehe davon aus, dass Mallorca seinen Rang als "überproportional nachgefragte Destination" für deutsche Urlauber halten könne. (msc/dpa)

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