In der aktuellen Folge des NDR-Podcasts spricht der Virologe über die Angst vieler Menschen, sich an der frischen Luft zu infizieren und über den Run auf Schutzmasken. Außerdem erklärt er, warum er den Rummel um seine Person "nicht gut" findet.

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Am Montagnachmittag stellte der NDR das bereits 19. "Coronavirus-Update" von Christian Drosten online. Eingangs ging es um die Ansteckungsgefahr im Freien, da viele Menschen Angst davor haben, etwa von einem Jogger angesteckt zu werden.

Der Virologe kann hier ein wenig beruhigen: "Draußen verdünnt sich das, was man ausatmet, rasch – und somit auch das Virus. Zudem geht ja fast immer ein kleines bisschen Wind, weshalb man sich da schon mehr auf die Situation in geschlossenen Räumen konzentrieren sollte."

Krankenhausbestände dürfen nicht gefährdet werden

Großes Thema in der Bevölkerung sind aber nach wie vor die Schutzmasken, die in ganz Europa seit Langem Mangelware sind.

Den Run auf diese sieht die Viren-Koryphäe kritisch: "Die Einkaufsabteilungen der großen Krankenhäuser machen sich da berechtigte Sorgen, wenn die Öffentlichkeit jetzt auf dieselben Bestände zugreift. Das ist ja irgendwann eine Marktkonkurrenz, und Angebot und Nachfragen werden dann die Preise treiben."

Eine solche dürfe es nicht geben, betont Drosten im NDR-Podcast.

Coronavirus: Maske muss an der Quelle sitzen, nicht am Empfänger

Laut dem Experten gibt es in der Öffentlichkeit derzeit vor allem zwei Überlegungen hinter dem Tragen einer Maske: Eigen- und Fremdschutz.

"Für den Fremdschutz gibt es mechanische gute Gründe. Wenn ich niese, verteile ich kleinste Tröpfchen. Hab' ich hier etwa ein Zellulosetuch oder einen Schal vor dem Mund, dann werden die großen Tröpfchen abgefangen, weil sie gar nicht erst fliegen", erklärt der 48-Jährige.

Die Maske müsse daher an der Quelle sein und nicht am Empfänger. Dafür, dass eine Maske einen selbst schützt, gebe es laut Drosten keine – oder fast keine – Evidenz.

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Mit dem Schutz ein Zeichen setzen

Das Tragen einer Maske hat für den Virologen aber weitere Bedeutungen. "Höflichkeit und Engagement zum Beispiel", sagt Drosten. "Dass man zeigt, man denkt daran", so der Virologe, der darin auch eine Vorbildfunktion sieht beziehungsweise eine, die jungen Menschen den Ernst der Lage veranschaulicht.

Drosten betont noch einmal: "Auf gar keinen Fall darf jedoch die Versorgung in den Krankenhäusern gefährdet sein." Daher solle man eher Masken tragen, "die man im Krankenhaus nicht tragen würde. Um eine Marktkonkurrenz zu vermeiden."

Als Beispiele nennt der Experte selbstgebastelt Masken, aber auch Schals, die man sich mehrlagig vor den Mund halten könne. Auch dürfe man diese waschen. "60 Grad würden hier schon reichen. Bei so einer Temperatur sterben auch Viren ab", so der Expertentipp.

Tragen Kinder zur Herdenimmunität bei?

Danach kam Christian Drosten auf die Kinder zu sprechen, die offenbar seltener erkranken. "Das kann zwei Erklärungen haben: Die Kinder infizieren sich wirklich nicht.

Oder sie infizieren sich durchaus, werden danach immun und gehören irgendwann zum Kreis derer, die durch ihre Immunität ihren Teil zum Stopp der Epidemie beitragen. Stichwort Herdenimmunität.

Drosten ergänzt: "Vor allem Schulkinder erfüllen ja auch bestimmte Netzwerkfunktionen in der Gesellschaft, da sie mit mehreren Altersgruppen relativ intensiv interagieren."

In den nächsten Wochen gelte es über Antikörpertests auch herauszufinden, wie hoch die Hintergrundinfektionsrate, die "stille Infektion", bei Kindern ist. Studien gebe es hier noch keine, sagt Drosten in seinem Podcast.

Virologe Drosten - Eine Instanz in Coronavirus-Zeiten

Virologe Drosten - Eine Instanz in Coronavirus-Zeiten

An ihm kommt man in der Coronavirus-Krise nicht vorbei: Charité-Mediziner Christian Drosten. Er berät die Regierung und spricht Empfehlungen an die Öffentlichkeit aus.

"Für mich ist das alles sehr befremdlich"

Abschließend äußerte sich Christian Drosten noch zum Hype, der in den letzten Wochen rund um seine Person entstanden ist. "Ich muss zugeben, dass mich das verunsichert und ich das nicht gut finde", so der 48-Jährige.

Vor allem die Aussagen, die von den Medien häufig verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen werden, um mehr Aufmerksamkeit zu generieren, machen dem Virologen zu schaffen. "Das ärgert mich schon", gibt Drosten zu. "Die müssen aufhören damit. Sonst können wir Wissenschaftler solche Dinge nicht mehr machen."

Aus dem Hype würde der Virologe selbst keinen Gewinn ziehen: "Für mich ist das alles eher befremdlich. Ich stehe schließlich nur deshalb in der Öffentlichkeit, weil ich speziell an diesem Virus und seinen Verwandten seit langer Zeit arbeite."

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Professor Dr. Christian Drosten ist Leiter des Instituts für Virologie an der Berliner Charité und einer der führenden Virus-Forscher Deutschlands. Der 48-Jährige gilt als Mitentdecker des SARS-Virus. Unmittelbar nach dem Ausbruch SARS-Pandemie 2003 entwickelte er einen Test auf das neu entdeckte Virus, wofür er 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. In der aktuellen Coronakrise ist der gebürtige Emsländer ein gefragter Gesprächspartner, täglich gibt er Auskunft zur aktuellen Lage.
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