• In Wien entgleist eine zunächst friedlich verlaufene Demonstration von Gegnern der geltenden Corona-Maßnahmen, als diese auf Gegendemonstranten treffen.
  • Die Polizei nimmt 23 Personen fest. Es kommt zu tätlichen Attacken auf Medienvertreter.
  • Unter den Demonstranten befinden sich zahlreiche Rechtsextreme, aber auch der frühere Vizekanzler Heinz-Christian Strache.

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Bei einer Demonstration gegen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Wien sind 23 Menschen festgenommen worden. Zudem wurde gegen mehr als 300 Teilnehmer der Kundgebung Anzeigen erstattet, wie die Polizei am Sonntag mitteilte.

Nach Angaben der Polizei setzten sich viele Demonstranten über Abstandsregeln hinweg und verzichteten auf einen Mund-Nasen-Schutz. Insgesamt nahmen am Samstag etwa 10.000 Menschen an der Kundgebung teil, darunter Angehörige der rechten Szene.

Ehemaliger Vizekanzler Strache nimmt an Anti-Corona-Demonstration teil

Die Demonstration hatte friedlich begonnen. Später kam es zu Tumulten. Medienvertreter berichteten, angepöbelt und bedroht worden zu sein. Sechs Verdächtige wurden wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt festgenommen. Unter den Teilnehmern war auch der ehemalige Vizekanzler und frühere FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

Bis 14:00 Uhr hatten sich etwa 6.000 bis 7.000 Aktivisten auf dem Maria-Theresien-Platz versammelt, weitere 3.000 nach Angaben von Dittrich auf dem Heldenplatz. Auch aus der rechtsextremen Szene gab es, wie im Vorfeld schon erwartet, regen Zulauf.

Gegen 14:30 Uhr versammelten sich die beiden Gruppen auf dem Ring. Die Einhaltung des COVID-19-Maßnahmengesetzes interessierte die Manifestanten nicht wirklich, Mund-Nasen-Schutz war kaum zu sehen, auch bei Strache zumindest zeitweise nicht. Abstandsregeln wurden ebenfalls nicht eingehalten. Nach Kritik in sozialen Netzwerken twitterte die Polizei: "Zahlreiche Identitätsfeststellungen wegen Missachtung der COVID Auflagen sind bereits erfolgt. Die Betroffenen werden natürlich auch angezeigt."

Verwunderlich war das Nichtbefolgen der Maßnahmen nicht: Bei den Eröffnungsreden am Maria-Theresien-Platz hatte sich eine Sprecherin bereits in derben Worten gegen die Pflicht, Mund-Nasen-Schutz zu tragen und Abstand zu halten, gewandt: "Schmeißts den dreckigen Fetzen (gemeint: Maske, Anm.) endlich weg", forderte sie die Demonstranten auf.

Wirksamkeit des Tragens von Masken wissenschaftlich nachgewiesen

Anmerkung: Zahlreiche Studien haben bereits die Wirksamkeit von Masken untersucht. Eine übergreifende Analyse mehrerer Studien, die im Juni 2020 im Fachblatt "The Lancet" veröffentlicht wurde, war schließlich zu dem Schluss gekommen, dass eine Maske das Infektionsrisiko messbar verringert.

Johannes Knobloch, Leiter des Bereichs Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, erläuterte im vergangenen Oktober: "Wir wissen, dass eine Maske Tröpfchen abhält und die Übertragung von Aerosolen vermindert. Somit sollte die Zahl der Tröpfcheninfektionen durch eine Maske deutlich reduzierbar sein, die Übertragung von Aerosolen in vielen Situationen ebenfalls."

Der zunächst friedliche Marsch über den Ring entgegen der Fahrtrichtung eskalierte auf Höhe des Stubentors: Eine Gruppe von etwa 15, 20 Gegendemonstranten hatte sich auf die Fahrbahn gesetzt und blockierte den Marsch. "Wir impfen euch alle", schleuderten sie den Anti-Corona-Aktivisten entgegen.

Hooligans aus der Fußballszenen gehen auf Journalisten los

Hooligans aus der Fußballszene versuchten, sie zu attackieren, die Polizei trennte aber die beiden Gruppen. Die Hooligans richteten ihre Aggressionen auf Medienvertreter. Ein Kameramann der APA berichtete, dass die Aktivisten ihn anpöbelten und bedrohten. Der freie Journalist Michael Bonvalot schrieb auf Twitter, ein Fotograf sei geschlagen und getreten worden, auch er selbst wurde bedroht.

Die Polizei löste die Blockade schließlich auf und stellte die Identitäten der Aktivisten fest. Der Aufmarsch der Anti-Corona-Aktivisten wurde fortgesetzt und erreichte gegen 17:30 Uhr wieder den Heldenplatz, wo die Kundgebung nach kurzer Zeit beendet wurde und die Aktivisten zunächst noch auf den Maria-Theresien-Platz weiterzogen. Dort ging die Versammlung mit einigen Reden bis etwa 18:30 Uhr weiter.

Zahlreiche Rechtsextremisten mischen sich unter die Demonstranten

An der Demo nahmen auch zahlreiche Rechtsextremisten teil. Polizeikreise bestätigten der APA, dass der Sprecher der rechtsextremen Identitären, Martin Sellner, auf der Demo war. Aus Polizeikreisen erfuhr die APA auch, dass der mehrfach verurteilte Neonazi Gottfried Küssel mit zwei Bussen voller Gesinnungsgenossen aus dem Raum Oberwart und alten Mitstreitern aus Zeiten der verbotenen Volkstreuen außerparlamentarischen Opposition (VAPO) aus dem Langenloiser Raum bei der Demo war. (dpa/APA/hau)

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