Kinder gehen abends nicht gerne ins Bett. Mit einem Teddy fällt das Einschlafen manchmal leichter. Aber darf es auch ein digitaler Teddy auf dem Handy sein?

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Rolf Schwartmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Pokémon Sleep macht sich aktuell in Kinderzimmern breit. Relaxo, ein virtueller Schlafteddy, lebt den Kindern vor, wie man handyüberwacht viel und gesund schläft. Die App überwacht den Schlaf von Kindern, die für das Schlafen Punkte sammeln können.

Damit der Schlaf aufgezeichnet werden kann, sollen Kinder ihr Smartphone mit der aktiven App neben ihr Kissen legen, wenn sie schlafen gehen. Weil das Smartphone sonst überhitzen könnte, soll man es nicht unter einem Kissen oder einer Decke legen, lautet der Rat des Anbieters.

Ruhiger Schlaf hat wohl auch etwas mit Bewegungen zu tun. Deshalb soll man per Beschleunigungssensor seine Bewegungen im Schlaf erfassen lassen und per Handymikrophon werden Schlafgeräusche aufgezeichnet. Aber Pokémon Sleep ist nicht nur nachtaktiv. Während Relaxo wach ist, möchte er gefüttert werden. Deshalb quengelt er per Push-Nachricht nach Beeren, die man kaufen kann.

Jugendschutz und Medienpädagogik

Man kann sich aussuchen, ob man die App nun aus Gründen des Jugendschutzes, der Medienpädagogik oder des Datenschutzes bedenklich findet. Es gibt für die App, die sich vor allem an Kinder richtet und in deren Psyche eingreift, keine besondere Altersgrenze oder gar -verifikation. Wie sollen Kinder, die eine App als Einschlafmittel nutzen, jemals im Leben Distanz zu digitalen Medien einnehmen?

Schlafen ist intim und Schlaflosigkeit eine Art Krankheit. Die Verarbeitung von Daten über den Schlaf unterliegen als Gesundheitsdaten strengen Rechtmäßigkeitsanforderungen. Die Tonaufnahmen des Schlafes mögen für den Anbieter der App uninteressant sein. Die Eckdaten der Schlafenszeit sind aber wirtschaftlich verwertbar. Schlafmittelanbieter können damit zum Beispiel etwas anfangen, wenn sie Werbepartner des Anbieters sind.

Eltern sind gefragt

Kinder dürfen wegen ihres Alters schon rechtlich nicht über die Nutzung der App entscheiden, auch wenn Ihnen beim Download keine wirksamen Hindernisse in den Weg gestellt werden.

Es kommt also auf die Eltern an. Alle, die nicht wollen, dass ihre Kinder auch noch im Schlaf am Handy hängen, müssen sich nun sehr bewusst und ernsthaft fragen, ob sie Handys nachts nicht aus Kinderzimmern verbannen.

Pläne für den Jugendschutz in China

In China macht der Staat sich über Digitalerziehung Gedanken. Weil Kinder und Jugendliche nach Auffassung der politischen Führung in China zu viel online sind, soll die Nutzung von Smartphones und Internet dort für junge Menschen staatlich begrenzt werden. Wer unter 18 Jahre alt ist, soll eventuell in China künftig von 22 Uhr bis 6 Uhr per Smartphone das Internet nicht nutzen können.

Man denkt auch über tägliche Zeitbegrenzungen nach, die nach Alter gestuft sind. Zwei Stunden online ist die Obergrenze für Jugendliche ab 16 Jahren und eine Stunde lautet sie für alle zwischen 8 und 16 Jahren. Wer unter 8 ist, soll täglich nur 8 Minuten täglich online sein dürfen. Immerhin sollen Eltern sich darüber hinwegsetzen können.

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Durchsetzung per Registrierungspflicht?

Sollte sich der Staat in China für den harten Kurs entscheiden, muss er die Maßnahmen auch technisch umsetzen. Wie das technisch gelöst werden kann, ist noch unklar.

2021 wurde in China schon eine Beschränkung zur Nutzung von Online-Spielen durch Jugendliche umgesetzt. Wer noch nicht 14 Jahre alt ist, muss sich mit Namen und Geburtsdatum bei Douyin, der chinesischen Variante von TikTok, registrieren. Auch wer zugelassen ist, kann dort zwischen 6 und 22 Uhr nur für 40 Minuten auf Inhalte zugreifen, die als altersgemäß gelten.

Verwendete Quellen:

  • Webseite von Pokemon Sleep
  • Netzpolitik.org: Pokémon Sleep will Kinder beim Schlafen belauschen
  • Tagesschau: Weniger Internet für Chinas Kids
  • Tagesschau: China beschränkt Videospielzeit für Kinder
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