Anfang der Woche sorgte eine Moschee für Aufregung, aufgedruckt auf einer Seifenpackung von Aldi-Süd. Ein Kunde hatte sich beschwert, der Discounter nahm das Produkt umgehend aus dem Sortiment. Wir fragen: Wie weit dürfen Verpackungsdesigner gehen? Was ist erlaubt und was nicht?

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Eigentlich sollte die Creme Seife Hände säubern und orientalischen Duft verbreiten, stattdessen sorgte sie in dieser Woche beim Billig-Discounter Aldi-Süd für ein wahres PR-Desaster. Was war passiert?

Ein muslimischer Kunde hatte sich über die Darstellung einer Moschee auf besagtem Produkt beschwert. Mit der Konsequenz, dass Aldi die Seife sofort aus dem Handel nahm. "Es tut uns leid, dass es bei Ihnen aufgrund der Gestaltung unserer Seife zu Irritationen gekommen ist. Bitte seien Sie versichert, dass dies keinesfalls unsere Absicht gewesen ist", schrieb der Konzern an den verärgerten Kunden. Und: "Das Produkt wird in Kürze nicht mehr in unseren Filialen erhältlich sein. Selbstverständlich haben wir Ihren Hinweis auch an die zuständigen Ansprechpartner in unserem Haus weitergeleitet, damit man dort entsprechend informiert und sensibilisiert ist. Wir würden uns freuen, wenn wir Sie dennoch weiterhin in unseren Filialen begrüßen dürften."

Viele andere Käufer allerdings fanden das Handeln des Discounters gar nicht nachvollziehbar, taten ihren Ärger auf Facebook kund, ein regelrechter Shitstorm brach los. Aldi-Süd wiederum rechtfertigte sich umgehend: "Uns hat die negative Resonanz vieler unserer Fans und Kunden überrascht. Wir haben nicht damit gerechnet, dass sowohl die Gestaltung der Seife als auch unsere Entscheidung so viele Beschwerden auslöst."

"Ich hätte das Produkt im Sortiment gelassen", sagt Lothar Böhm, Inhaber der Hamburger Werbeagentur Lothar Böhm Associates, die ebenfalls im Verpackungsdesign tätig ist. Rechtliche Grenzen, welche Symbole auf Verpackungen erlaubt sind und welche nicht, gebe es nicht, weiß der Experte.

Überwachung findet lediglich durch den Deutschen Werberat statt, der aus Mitgliedern der deutschen Werbewirtschaft besteht und entscheidet, was moralisch vertretbar ist. Beanstandet dieser eine Werbemaßnahme, wird das betroffene Unternehmen dazu aufgefordert, die Kampagne aus der Öffentlichkeit zu nehmen oder die Werbung entsprechend der Beanstandung abzuändern. Entspricht ein Unternehmen dieser Aufforderung nicht, kann der Werberat eine Rüge aussprechen.

In diesem Fall kam es soweit nicht, Aldi reagierte bereits innerhalb von Stunden. Der Discounter habe es einfach allen Recht machen wollen, glaubt Werbe-Experte Böhm. Für ihn ist die Moschee auf der Seife, ein Abbild der Hagia Sophia in Istanbul übrigens, Ausdruck eines vereinten Europas. "Welches Bild könnte besser unser buntes Europa symbolisieren, als das Bauwerk, das erst Kirche, später Moschee und heute Museum ist?", fragt der 70-Jährige. Die Moschee sei für ihn Teil des kulturellen Erbes.

Aldi rechtfertigte die Entnahme aus dem Sortiment inzwischen damit, die Duftrichtung "1001 Nacht" sei ohnehin eine wechselnde Sorte der Flüssigseife, die nur im Winter von Mitte Dezember bis Mitte Januar angeboten werden sollte: "Wir haben sie nach vielfachen Beschwerden einige Tage früher als geplant aus dem Verkauf genommen. Uns ist Ihre Meinung wichtig. Viele Ihrer geäußerten Ansichten und Argumente können wir nachvollziehen. Wir möchten jedoch um Verständnis für unsere Entscheidung bitten, die weder politisch noch religiös motiviert ist, und alle unsere Fans und Kunden dazu aufrufen, sich mit gegenseitigem Respekt und mit Fairness zu behandeln", hieß es weiter.

Ganz offensichtlich wollte Aldi mit seiner Entscheidung nicht zwischen die Fronten geraten. Aber ob das wirklich gelungen ist?

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