Derzeit halten Horror-Clowns in den USA die Polizei auf Trab - und auch hierzulande kam es zu ersten Übergriffen durch Clowns. Aber was sieht das Strafrecht bei einer solchen Begegnung vor? Darf ich einen Clown angreifen, der mir mit einer Motorsäge auf der Straße begegnet?

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Die Horror-Clowns haben mittlerweile auch Deutschland, Österreich und die Schweiz erreicht, und viele fragen sich jetzt: Was kann ich tun, wenn ich eine dieser Gestalten auf der Straße treffe? Im Gespräch mit unserer Redaktion beantwortet Rechtsanwalt Jesko Baumhöfener die wichtigsten Rechtsfragen zum Thema Horror-Clowns.

Herr Baumhöfener, wie gehe ich vor, wenn ich einen Horror-Clown auf der Straße treffe?

Jesko Baumhöfener: Es gibt viele Möglichkeiten, wie Sie sich verhalten können. Es kommt immer darauf an, was der Horror-Clown von Ihnen möchte und was er macht. Wenn er einfach nur dasteht und komisch schaut, können Sie auch einfach vorbeigehen oder sich umdrehen. Ich würde es immer von der Situation abhängig machen, so wie im täglichen Leben eben auch.

Was kommt nach deutschem Recht auf mich zu, wenn ich den Horror-Clown angreife?

Wenn der Horror-Clown nichts macht, Sie ihn angreifen und womöglich verletzten, dann wäre das eine Körperverletzung. Ein Angriff wäre nur Notwehr, wenn die verkleidete Person Sie auch angreift. Es muss ein gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff vorliegen. "Gegenwärtig" ist der Angriff dann, wenn er gerade stattfindet oder unmittelbar bevorsteht, beispielsweise wenn der Clown entsprechende Anstalten macht, auf Sie loszugehen. Dann haben Sie selbstverständlich auch das Recht, sich entsprechend zur Wehr zu setzen.

Wäre ein Angriff gerechtfertigt, wenn er mit einem Messer oder einer Kettensäge vor mir steht?

Wenn er nur dasteht mit einem Messer in der Hand und einer Motorsäge, dann wäre das natürlich obskur und besonders merkwürdig. Wenn er aber noch weit entfernt steht und keine Anstalten macht, auf Sie zuzugehen, dann würde ich noch nicht von einem gegenwärtigen Angriff ausgehen. Es kommt jedoch sehr auf die Situation im Einzelfall an. Auch wenn es heißt, dass das "Recht dem Unrecht nicht zu weichen braucht", kann es sich in einem solchen Fall anbieten, einen weiten Bogen um den Clown zu machen und schnell die Polizei anzurufen. Wenn dies in der Situation aber nicht mehr möglich ist, darf man sich selbstverständlich zu Wehr setzen.

Handelt es sich um einen Angriff, wenn er auf mich zugeht?

Da kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an: Wie weit ist er noch entfernt, macht er andere Anstalten, begleitet er sein Näherkommen mit irgendwelchen Ausrufen. Wenn er Ihnen mit bedrohlichen Gesten hinterher läuft, dann würde ich sagen, haben Sie mit Sicherheit das Recht, sich entsprechend zur Wehr zu setzen. Dann kann man zumindest von einem Angriff ausgehen. Aber gerade das Notwehrrecht ist sehr situationsabhängig.

Auf was muss sich der Horror-Clown einstellen, wenn er mich erschreckt?

Wenn er nur dasteht, dann ist das keine Straftat, und ihm blüht nichts. Ihm kann strafrechtlich auch nichts vorgeworfen werden. Sie können sich verkleidet auf die Straße stellen, das ist nicht verboten. Das ist in der freien Persönlichkeitsentfaltung einer Person umfasst. Nur weil andere Horror-Clowns womöglich Straftaten begehen, heißt das nicht, dass jeder Clown so agiert. Das wäre ein unzulässiger Schluss.

Aber was ist, wenn der Horror-Clown aktiv wird?

Wenn er Ihnen mit Handbewegungen oder verbal droht, könnte dies eine Nötigung sein. Dafür müsste er aber ein bestimmtes Tun oder Unterlassen von Ihnen fordern. Ansonsten käme gegebenenfalls auch eine Bedrohung in Betracht. Hierfür müsste aber mit einem Verbrechen gedroht werden. Verbrechen sind alle Straftaten mit einer Mindeststrafandrohung von einem Jahr, worunter beispielsweise ein Raub fallen würde.

Und wenn er mich verletzt?

Wenn er Sie verletzt, dann ist das eine Körperverletzung. Egal, ob es ein Clown ist oder etwas anderes, da besteht kein Unterschied. Es wird möglicherweise im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt, dass das ein völliger Unsinn ist, sich im Clownskostüm auf die Straße zu stellen und andere Leute anzugreifen. Der einzige Unterschied zu anderen Menschen besteht nur darin, dass die Wiedererkennung möglicherweise Schwierigkeiten bereitet. Da stellt sich die Frage, ob die Polizei diesem Clown überhaupt habhaft werden kann, wenn er wegläuft. (ff)

Dr. Jesko Baumhöfener ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in Hamburg. Er gilt als ausgewiesener Fachmann für Jugendstrafrecht. Nebenbei unterrichtet der erfahrene Strafverteidiger als Lehrbeauftragter für Strafprozessrecht an der Universität Hamburg.
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