Der Winter 2015 fällt bislang aus. Viele freuen sich über die frühlingshaften Temperaturen. Aber außergewöhnliche Wärme und Sonnenschein haben auch eine Schattenseite.

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Wenn die ersten Schnee-Kätzchen blühen, ist das meistens ein untrügliches Zeichen für den nahenden Frühling.

Wenn man dann noch im Zoo Hannover mit Hunderten Besuchern Löwen und Giraffen unter freiem Himmel begegnet, scheint klar: Der Winter ist überstanden. Nur dass sich diese surreale Szenerie nicht Anfang März, sondern mitten im schönsten Weihnachtstrubel ereignet hat.

Eisbären planschen im lauwarmen Wasser

Kein Mensch konnte diesen Ansturm mitten im Winter vorausplanen, die Eisbären plantschten gelangweilt im lauwarmen Wasser.

Zoologische Gärten, die im Winter geöffnet haben, sie gehören auf jeden Fall zum Sieger der ungewöhnlich warmen Witterung der letzten Wochen. Denn der Mensch verhält sich nicht anders als der Rest der Natur - fühlt es sich an wie Frühling, lebt er auch so.

Große Verlierer sind dagegen diejenigen, deren ganzes Geschäftsmodell auf einen schönen kalten Winter ausgerichtet ist, allen voran der Textilhandel.

Die Modewelt litt vor allem im November und Dezember massiv unter der gar nicht winterlichen Witterung, bei der überhaupt kein Interesse an dicken Mänteln, Schals, Pullovern und Mützen aufkam.

"Von Weihnachtsgeschäft keine Spur", fasste das Branchenblatt "Textilwirtschaft" die Situation in Boutiquen, Kaufhäusern und den großen Ketten in den vergangenen Wochen zusammen.

Rabatte sollen Kaufinteresse antreiben

Da trotz frühlingshaften Temperaturen die Produkte bereits seit dem Herbst in den Regalen stehen, reagieren viele Händler mit einem vorgezogenen Schlussverkauf.

Rabatte zwischen 30 und 50 Prozent sollen wenigstens den Umsatz ankurbeln. Große Gewinne sind bei diesen Nachlässen allerdings nicht mehr zu erwarten.

Auch die Hersteller und Verkäufer von Spezial-Kleidung wie Ski-Ausrüstungen müssen Umsatzrückgänge hinnehmen, wenngleich viele Kunden ohnehin in schneesichere Gebiete reisen - und es deshalb durchaus noch gute Gründe gibt, sich jetzt einen Ski-Anzug zu kaufen, oder den Daunenschlafsack mit arktischem Kälteschutz.

Skipisten wie leergefegt

Viel schlechter haben es da Kommunen, die auf den Wintersport-Tourismus setzen - und teilweise für viel Geld Lifte und Beschneiungsanlagen in niedrigen Höhen wie dem Harz errichtet haben.

Denn die funktionieren nur bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, bei acht Grad Plus dagegen kann im "größten Ski-Gebiet Norddeutschlands", in Braunlage, auch die teuerste Schnee-Maschine keine weiße Weihnacht mehr zaubern.

Die Pisten bleiben leer - und mit ihnen gehen auch die davon abhängige Service-Industrie mit Restaurants und Hotels leer aus - wobei es auch hier noch Hoffnung gibt, denn der Winter hat ja gerade erst (noch nicht) begonnen.

Was gibt es Positives?

Richtig günstig könnte dagegen für viele Verbraucher die kommende Gas- und Fernwärme-Abrechnung ausfallen.

Die Abschläge werden meistens über ein Jahr hinweg kalkuliert - und von einem so warmen Herbst konnte niemand ausgehen.

Wenn der Vorsprung nicht durch einen besonders kalten Winter wieder aufgefressen wird, könnten satte Rückzahlungen am Ende der Abrechnungsperiode die Folge sein.

Die Kunden werden es mögen - die Energie-Konzerne eher nicht. Und wer für viel Geld Streusalz und Schneeschieber angeschafft hat, kann die auch im nächsten Jahr noch nutzen.

Wen trifft der warme Winter?

Ärgerlich ist der warme Winter allerdings für die Betreiber von Salzbergwerken und die Streusand-Industrie.

Gab es schon Winter, in denen der wichtige Rohstoff auszugehen drohte, türmen sich die Salz- und Sandberge in diesem Jahr in den Depots.

Während die Kosten gleichbleiben, verkaufen die Firmen praktisch gar nichts - und müssen ihre finanziellen Polster antasten.

Die Straßen sind auch ohne Streusalz frei - und das freut viele Cabriolet und Motorradfahrer, die mit entsprechender Schutzkleidung durchaus noch den einen oder anderen Ausflug wagen können.

Dumm dran sind dagegen all jene, die sich für ein Saison-Kennzeichen entschieden haben - und ihr Fahrzeug bei deutlich über zehn Grad in der Garage stehen lassen müssen.

Wie geht es den Weihnachtsmärkten?

Recht unerheblich ist das warme Wetter überraschenderweise für die Weihnachtsmärkte.

"Die Temperatur ist für uns eigentlich egal", sagte ein Schmalzkuchen-Verkäufer in Nürnberg in der vergangenen Woche. "Die Menschen kommen eigentlich bei jeder Temperatur, zum Glühweintrinken und Bratwurstessen".

Stören tut sich der durchschnittliche Weihnachtsmarktbesucher nur an heftigem Regenwetter - da verlässt er schnell den Buden-Zauber, auch wenn es nur 14 Grad "kalt" ist.

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