"Na endlich", denken sich die einen, "Schade dass es vorbei ist", die anderen. Obwohl es zum Quoten-Rekord nicht ganz gereicht hat, ist das Ergebnis der siebten "Dschungelcamp"-Staffel für RTL mehr als zufriedenstellend. Doch was macht eigentlich den Reiz dieser Sendung aus?

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Dschungel hier, Dschungel da: In den vergangenen zwei Wochen war der peinliche RTL-Trash in aller Munde. Mit durchschnittlich 7,45 Millionen Zuschauern kam man der bisherigen Rekord-Staffel von vor zwei Jahren (7,65 Millionen Zuschauer im Schnitt) sogar ziemlich nahe. Und wer nicht eingeschaltet hatte, wurde spätestens am nächsten Tag in sämtlichen Medien über die Ereignisse im Camp informiert. Ob man wollte oder nicht, ob von der Süddeutschen oder der Regionalzeitung. Das Thema funktioniert, aber warum?

Einer, der weiß, was sich in den Köpfen der Zuschauer abspielt, ist Prof. Dr. Hans-Bernd Brosius vom Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der LMU München. Seine Erklärung des Phänomens "Dschungelcamp" ist ebenso simpel wie einleuchtend: Voyeurismus. Und das ist gar nicht einmal so verwerflich, wie es zunächst klingt.

Balsam für die Seele

"Fernsehzuschauer nutzen die Dschungelshow vordergründig aus voyeuristischen Motiven", erklärt Professor Brosius. "Das betrifft alle Schichten der Bevölkerung. Sie vergleichen sich - bewusst oder unbewusst - mit den Protagonisten der Show." Dadurch wird wiederum das Selbstwertgefühl gestärkt. "Wenn ich das Leid und die Tollpatschigkeit von anderen sehe, kann ich mich selbst gut fühlen."

Das "Dschungelcamp" ist also Balsam für die Seele. Wer sieht, wie sich die ohnehin schon spindeldürre Fiona Erdmann im Camp erbricht, wird wohl zweimal darüber nachdenken, ob es wirklich erstrebenswert ist, sich dem allgegenwärtigen Schlankheitswahn hinzugeben - und die eigenen Pfunde vielleicht etwas lockerer nehmen. Und Patrick Nuos Porno-Beichte zeigt, dass auch der bestaussehende Popstar unter Umständen Probleme mit seinem Sexualleben haben kann.

Integration durch "Dschungelcamp"

Nicht zuletzt hilft es laut Professor Brosius bei der gesellschaftlichen Integration, über Dinge Bescheid zu wissen, über die alle reden. Während die Kandidaten im Camp Kakerlaken verzehren und sich gegenseitig hoffnungslos zerstreiten, wird das Publikum zusammengeschweißt. "Wir verständigen uns mit unseren Mitmenschen über unsere Moral- und Wertvorstellungen, empören oder erfreuen uns gemeinsam", erklärt der Professor weiter. Das sei eine durchaus positive Wirkung, auch wenn viele zunächst vom Verfall der Sitten sprächen.

Sittenwächter und diejenigen, die das Privatfernsehen gerne dämonisieren, können also aufatmen. Alle anderen können getrost dazu stehen, sich hin und wieder gerne von Ekel-Nonsense berieseln zu lassen. Es schadet nicht! Wer bei so viel Trash wirklich ein schlechtes Gewissen bekommen hat, kann sich nun bei Jauch, Will und Co. intellektuell vom "Dschungelcamp" erholen. Und sollte es in einem Jahr wieder eine Staffel geben, dann wird auch dieser Spuk nach zwei Wochen wieder vorbei sein.

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