"Goodbye Deutschland"-Auswanderin Julia Holz hat über ein Jahr gegen einen Tumor am Gebärmutterhals gekämpft. Seit Ende Mai 2022 gilt sie nun als rezidivfrei (ein Rezidiv bedeutet ganz allgemein das Wiederauftreten einer Erkrankung nach einer symptomfreien Phase; Anm. d. Red.). Im Interview mit unserer Redaktion spricht die Influencerin über die Spuren der Krankheit und der Krebstherapie – sowohl körperlich als auch mental. Dabei findet sie klare Worte im Hinblick auf Hasskommentare im Internet und sensible Fragen rund um die Themen Kinderwunsch sowie körperliche Selbstwahrnehmung. Aber auch innerhalb ihrer Familie hat sich einiges durch die Erkrankung verändert – zum Beispiel das Verhältnis zu ihrem Verlobten Iwan van Buul. Außerdem verrät sie, wie sie ihrer siebenjährigen Tochter erklärt hat, dass sie Krebs hat und möglicherweise sterben wird.

Ein Interview

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Frau Holz, erst einmal herzlichen Glückwunsch zu der positiven Nachricht (vom 25. Mai 2022, Anm. d. Red.), dass der Krebs nicht wieder nachgewachsen ist. Wie haben Sie gefeiert?

Julia Holz: Ich habe alles offline gelassen. Iwan, Daliah (Tochter von Julia Holz und Iwan van Buul, Anm. d. Red.) und ich haben den Tag wirklich genossen. Als ich den Brief vom Arzt aufgemacht habe, haben wir alle geheult und uns gefreut. Dann sind wir essen gegangen, haben mit der Familie gequatscht und das letzte Jahr Revue passieren lassen.

Julia Holz - Nach Krebs-Diagnose plant die Influencerin Hochzeit und Beerdigung

Influencerin Julia Holz durchlebt ein Wechselbad der Gefühle. Erst Ende April lässt sie ihre Fans wissen, dass sie Gebärmutterhalskrebs im fortgeschrittenen Zustand hat. © ProSiebenSat.1

Seit über einem halben Jahr gelten Sie nun als rezidivfrei. Wie geht es Ihnen jetzt? Haben Sie Nachwirkungen?

Ich muss drei bis viermal die Woche zu Lymphdrainage, weil ich auf der linken Seite meines Körpers ein Lymphödem bekommen habe. Mein linker Oberschenkel ist 4,6 Zentimeter dicker als der rechte. Durch die Lymphe habe ich Wassereinlagerungen, die nicht mehr abfließen. Bisher wurden mir 52 Lymphknoten entnommen. Und ich muss jetzt nochmal wegen meiner Blase zu einer Untersuchung in die Charité nach Berlin. Da gibt es noch kleine Probleme wegen der OP damals. Aber sonst geht es mir ganz gut.

Inwiefern fühlen Sie sich durch das Lymphödem eingeschränkt?

Eine Jeans anziehen ist zum Beispiel sehr schwierig. Darum habe ich in der letzten Zeit immer lange Kleider an. Manchmal habe ich auch einen Bauch, der aussieht, als wäre ich im achten Monat schwanger. Daher werde ich oft gefragt, ob ich schwanger bin. Das kann ich aber nicht mehr werden.

Julia Holz: "Man fühlt sich nicht mehr als vollständige Frau"

Wie gehen Sie mit einer solchen sensiblen Frage um?

Mir persönlich tut das manchmal sehr weh. Aber viele Zuschauer wissen das nicht, weil sie neu hinzugekommen sind und meine Geschichte nicht so mitbekommen haben. Mir wird diese Frage bestimmt einmal am Tag gestellt. Einige schreiben: "Oh, herzlichen Glückwunsch", die anderen: "In welchem Monat bist du denn?" Manchmal weiß ich gar nicht, wie ich darauf reagieren soll. Selbst einige meiner Zuschauer schreiben, dass ich darauf gar nicht reagieren muss. Aber ich denke, am besten ist es, wenn man offen und ehrlich antwortet und sagt: "Hey, das ist nicht angebracht. Du weißt nicht, welche Geschichte dahintersteckt." Manchmal sage ich es aber auch sehr direkt: "Ich habe keine Gebärmutter mehr. Schön wäre es. Aber ich habe jetzt als zweites Kind noch eine Katze." Ich mache einen Witz daraus. Dennoch tut es manchmal schon sehr weh, weil man sich als Frau in meinem Alter nicht als vollständige Frau fühlt. Da fehlt etwas. Da wird man schon nachdenklich. Aber ich bin froh, dass ich lebe.

Sie sind mit Ihrer Krebserkrankung auf Social Media sehr offen umgegangen, haben viele Behandlungsschritte und Emotionen gezeigt. Wie viel hat Ihnen das bedeutet?

Am Anfang habe ich mir viele Fragen gestellt: "Poste ich das jetzt? Mache ich das jetzt öffentlich? Wie mach ich das?" Letztendlich war es eine Bauchentscheidung, weil ich ein schlechtes Gewissen hatte, da ich vier Jahre lang nicht zur Vorsorge gegangen bin. Ich habe mir gesagt: "Bevor es noch andere Frauen gibt, die genauso blöd sind wie ich, muss ich das loswerden. Das ist meine Verantwortung. Ich werde meine Follower auf dem Weg mitnehmen, um sie wachzurütteln und zu erschrecken, was ich erlebt habe."

Wie kam das an?

Sehr gut. Von vielen Frauen bekomme ich heute noch regelmäßig Verlinkungen und Nachrichten, dass sie bei der Vorsorge gewesen sind. Dann weiß ich, dass es hängengeblieben ist.

Haben Sie in Bezug auf Ihre Erkrankung und Ihre damit verbundene "Social Media"-Aktivitäten auch negative Kommentare erhalten?

Hasskommentare sind auf Social Media sehr verbreitet, da braucht man sich nichts schönreden. Natürlich habe ich die auch bekommen. Es wurde zum Beispiel gesagt, dass ich meine Reichweite nur ausnutzen und damit berühmt werden will. Das war aber nie mein Fall. Mir ist es wichtig, dass ich mir in den Spiegel schauen kann. Während der Erkrankung hat Iwan mein Handy genommen und die Nachrichten gefiltert. Von tausend Nachrichten waren vielleicht zehn negative dabei. Das ist zwar nicht viel, aber wenn sie an einen kranken Menschen gehen, können die sitzen.

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Diese Prioritäten hat Julia Holz nun nach ihrer Krebstherapie

Hat sich durch die (überstandene) Krebserkrankung etwas in Ihrem Denken geändert? Setzen Sie nun andere Prioritäten?

Ich nehme das Leben viel mehr wahr und genieße Momente. Das hatte ich damals nicht, als ich 17 Jahre auf Mallorca gelebt habe. Dort habe ich 14 bis 15 Stunden in Restaurants gearbeitet, hatte einige Angestellte und war nebenher auf Social Media aktiv. Dadurch habe ich die Insel an sich nie wahrgenommen. Dann war die Krankheit und danach kann ich sagen: Morgens stehe ich auf und freue mich, dass ich da bin. Ich gehe oft spazieren, genieße mehr die Natur und höre mehr auf mein Bauchgefühl: Wenn sich etwas gut anfühlt, dann tue ich das einfach. Dann ist es mir egal, was andere Leute sagen, weil: Man lebt nur einmal. Und das sage ich mir die ganze Zeit.

Das ist auch die Botschaft in Ihrem ersten Song "Viva a loco" (zu Deutsch: "Lebe verrückt"), der vor Kurzem herausgekommen ist. Wie ist die Idee dazu entstanden?

Ich habe schon immer gerne gesungen, ein paar Mal auch in den Restaurants auf Mallorca. Wegen der Arbeit hatte ich aber nie Zeit, das professionell zu machen. Dann, eine Woche nach der Krebsdiagnose, wollte ich noch mal einen Song aufnehmen, bevor ich sterben sollte.

In welcher Zeit wurde das Video gedreht beziehungsweise die Musik aufgenommen?

Letztes Jahr im Mai, am 12., 13. – also genau ein Jahr vor dem Release – ist der Song entstanden. Dann hatte ich damals Anfang Juni meine Krebs-OP und zwei Wochen später musste ich zur Kontrolle. Dort wurde mir gesagt, dass ich leider noch für drei bis vier Monate eine Chemotherapie machen muss. Genau an dem Tag sollte ich in einem Berliner Musikstudio den Song aufnehmen. Erst wollte ich alles absagen, doch dann gab es ein Gläschen Wein und wir haben es einfach aufgenommen. Das war für mich wie eine Befreiung.

Julia Holz: "Es ist wichtig, dass man viele Gespräche mit den Kindern führt"

Zurück zu dem Thema "Veränderungen": Wie hat sich Ihre (überstandene) Krebserkrankung auf Ihr Familienleben ausgewirkt?

Iwan, Daliah, meine restliche Familie und ich reden jetzt intensiver miteinander. Gerade Iwan und ich: Wir haben uns nochmal richtig lieben gelernt und die Zeit hat uns mehr vereint. Er war die ganze Zeit bei mir: Bei den OPs, bei der Therapie. Er hat für mich auch Mallorca verlassen.

Und wie hat Ihre siebenjährige Tochter die Zeit erlebt?

Daliah war und ist mit allem eingebunden. Man muss zwar gucken, wie man das Thema Krebs kindgerecht auslegt, aber wir wollen sie nicht anlügen. Nur so kann die Harmonie in der Familie die ganze Zeit auch bestehen bleiben.

Haben Sie ein paar persönliche Tipps, wie man das Thema Krebs einem kleineren Kind nahelegen kann?

Am Anfang haben wir ihr nur gesagt, dass ich einen schwarzen Ball in meinem Bauch beziehungsweise Unterleib habe und der mir etwas Böses möchte. Dann habe ich aber überlegt, dass wir sie eigentlich wirklich aufklären müssen, dass es eine schlimme Krankheit ist. Es gibt ein Kinderbuch, das hilft, einem Kind leicht den Krebs zu erklären. Es ist eine Geschichte, die ich ihr viel vorgelesen habe. Seitdem weiß sie alles und erkennt, wenn ich ins Krankenhaus gehe: "Ah, da kommen gute Nachrichten. Der doofe Ball, der Krebs wächst nicht nach." Es ist wichtig, dass man viele Gespräche mit den Kindern führt. Es wäre nicht fair, Dinge vor ihnen zu verschleiern. Natürlich kommt es noch mal auf das Alter des Kindes an.

So hat ihre Tochter die Therapie-Zeit miterlebt

Haben Sie Ihrer Tochter erzählt, dass Sie sterben könnten?

Wir haben ihr das nie so gesagt. Nur, dass wir jetzt dagegen kämpfen und dass der Krebs eine Krankheit ist, die ganz vielen Menschen auch schon das Leben gekostet hat. Das haben wir ihr schon gesagt. Aber man muss auch wissen, dass jedes Kind sehr unterschiedlich weit entwickelt ist und solche Nachrichten unterschiedlich aufnimmt. Wir merken bis heute noch, dass Daliah Verlustängste hat. Deshalb gehen wir zu einer Familientherapie, sodass sie das Gefühl hat, dass wir viel zusammen machen.

Sie haben demnach nie direkt Ihren eigenen Tod oder die geplante Beerdigung vor ihr thematisiert?

Nein. Wir haben ihr nur gesagt, dass es sein könnte, dass es Mama vielleicht nicht mehr gibt. Aber auch, dass wir dagegen kämpfen. Dann haben wir ihr die Chemotherapie erklärt, bei der ersten war sie auch mit dabei. Auch bei den Bestrahlungen durfte sie zwei- bis dreimal die Woche mit rein. Ich musste dort jeden Tag, von Montag bis Freitag, drei Monate lang hin. Jeden Morgen um neun Uhr. Das war schon hart. Und dann hat sie mich natürlich gesehen: Ich war kaputte, müde, mir ging es nicht gut.

Wie ist sie damit umgegangen?

Sie hat immer meine Hand genommen. Im Krankenhaus durfte sie außerdem immer durch das Mikrofon sprechen und so etwas sagen, wie: "Mama, du musst dich jetzt hinlegen." Dabei konnte sie mich über das Video angucken, als ich in dem Bestrahlungsgerät war. Bei jedem Mal hat sie auch ihre Aufkleber bekommen. Das war für sie gut, sie wollte unbedingt mitkommen und nicht zu Hause bleiben. Wie gesagt: Kinder mit einbinden. Dann verstehen sie viel mehr, als wenn man sie einfach allein lässt.

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