Schales Bier, durchtanzte Nächte, drei Tage wach - die meisten Musik-Festivals lassen sich so grob zusammenfassen. Das Rock'n'Heim am Hockenheimring ist da keine Ausnahme. Trotzdem eignet sich das Newcomer-Open-Air perfekt für Festival Neulinge. Wir verraten wieso.

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3:00 Uhr nachts. Das letzte Konzert ist vorbei. Auf dem Campingplatz pumpt die Musik aus riesigen Boxen weiter. Helge Schneider trällert seinen Song "Es gibt Reis". Alte Stromaggregate knattern, begleiten die Musik. Die Nachbarn grölen. Von irgendwo schreit jemand verzweifelt nach "Helga!". Es dauert nur Sekunden bis der Ruf von Dutzenden betrunkenen Kehlen erwidert wird. Die dünnen Zeltwände können weder den Lärm noch die Kälte abschirmen. An Schlaf ist in dieser Nacht nicht zu denken. Für viele Festival-Gänger gibt es nicht Besseres.

Der Überlebenskampf auf dem Zeltplatz ist jedoch nicht jedermanns Sache. Das haben auch einige Veranstalter erkannt, wie die des Rock'n'Heim-Festivals. Vom 15. bis 17. August versammelten sich zum zweiten Mal 35.000 Besucher zum kollektiven Ausrasten rund um den Hockenheimring. Auf den Bühnen krachte es, vom Himmel tropfte es und dennoch: Im Vergleich zu anderen Festivals geht es auf dem Rock'n'Heim deutlich entspannter zu.

Einmal Camping light, bitte!

Um Nerven und Umwelt zu schonen, gibt es auf dem Rock'n'Heim das sogenannte Green Camping. Auf diesen speziellen Zeltplätzen gelten ein paar Regeln. So gibt es eine Nachtruhe von 1:00 Uhr bis 7:00 Uhr, einen Müllpfand, große Möbel wie Sofas und Stromaggregate müssen zuhause bleiben. Für einen halbwegs erholsamen Schlaf und kürzere Fußwege zum Konzertgelände nehmen viele Besucher diese "Einschränkungen" gerne in Kauf. Gerade Festival-Frischlinge müssen nicht auf Camping-Flair verzichten, ohne einen kompletten Kulturschock zu erleiden.

Vielfalt an allen Fronten

Egal ob in Sachen Musik, Publikum oder Verpflegung - das Rock'n'Heim ist in jeder Hinsicht ein vielfältiges Festival. Da mischt sich Metal mit Elektro und Jung mit Alt. Und weil das im Vorfeld jeder weiß, meckert vor Ort keiner an der gewagten Mischung. Das diesjährige Line-up bot neben den Rockern von Korn oder A Day To Remember auch Dubstep-DJ Skrillex oder die Oldschool-Hip-Hopper von Outcast. Schwarz gekleidete, bärtige Metalheads zu poppigen Housebeats hüpfen zu sehen - unbezahlbar.

Auf den Zeltplätzen setzt sich der Proviant gewohnt monoton zusammen: Dosen-Ravioli, Chips und das Billig-Bier vom Rewe. Doch auf dem Konzertgelände kommen selbst Gourmets auf ihre Kosten: Neben den Klassikern Pommes und Pizza findet sich auch vegane Küche und leckeres Mango-Curry. Ein Chai-Latte zum Frühstück oder schwäbisch-amerikanische Maultaschenburger entpuppen sich als perfektes Katermittel.

Größer ist nicht immer besser

Hinter dem noch recht unbekannten Rock'n'Heim versteckt sich ein prominenter Strippenzieher. Die Marek Lieberberg Konzertagentur organisiert auch das legendäre Rock am Ring oder Rock im Park. Mit bis zu 87.000 Besuchern nehmen diese Events gewaltige Dimensionen an - und wer schon einmal da war, der weiß: So viel Gedränge ist alles andere als kuschlig.

Da geht es auf dem Hockenheimring deutlich gemütlicher zu. Rund 35.000 Besucher füllen das Konzertgelände gut aus. Trotzdem bekommen Spätankömmlinge einen Platz nahe der Bühne - auch ohne die Ellenbogen auszufahren. Es bleibt mehr Platz für Pogo, Tanz und Circle Pits. Herrlich!

Grund dafür mag sein, dass sich das Festival nach zwei Durchläufen noch nicht recht etablieren konnte. Momentan pilgert hauptsächlich regionales Publikum zum Open Air. Wenn Rock am Ring im nächsten Jahr allerdings nicht mehr am Nürburgring stattfindet, könnten die Veranstalter am Hockenheimring mit steigenden Besucherzahlen rechnen. Wer also nach einem perfekten Einsteiger-Festival sucht, sollte seine Chance im nächsten Jahr wahrnehmen.

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