• Hat die Tochter ihre eigene Mutter umgebracht?
  • Der "Tatort: Totes Herz" aus Dresden ist ein Psychothriller, dessen Potenzial von zu viel Melodramatik erstickt wird.
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Iris Alanyali dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

An einem grauen Wintertag liegt im Gewächshaus der Familiengärtnerei Teichmann die Matriarchin Heike Teichmann erschlagen im Blumenbeet. Dann werden die Verdächtigen vorgeführt, und die reagieren auf den Tod dermaßen unverdächtig, dass man nicht weiß, ob sie wirklich unschuldig sind, oder gerade deshalb besonders schuldig. Das macht der Dresdner "Tatort: Totes Herz" richtig gut.

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Viel Trauer in der Familiengärtnerei

Los geht es mit Schwiegersohn Patrick Teichmann (Nico Rogner), der sie findet, und der es doch sicher nicht gewesen sein kann: Er ist völlig entsetzt und guckt furchtbar traurig. Außerdem hat er den Nachnamen seiner Ehefrau angenommen, das muss doch auch etwas bedeuten. Könnte natürlich sein, dass er sich nur den bekannten Namen der gut gehenden Gärtnerei aneignen wollte.

Patricks Frau Nadine (Kristin Suckow) war es bestimmt auch nicht, denn erstens hatte sie ein tolles Verhältnis zu Mutti ("wir waren wie Schwestern"), und zweitens geht es ihr jetzt richtig schlecht, sie liegt den ganzen Tag im Bett und sieht aus wie das nasskalte Flussufer vor dem Haus.

Besorgt ist auch Swetlana Novak (Lara Feith). Sie ist Gärtnereigehilfin, aber Patrick und sie haben das mit dem Familienbetrieb ein bisschen zu wörtlich genommen und eine Affäre am Laufen. Der Tod der Matriarchin bringt die Eheleute Patrick und Nadine allerdings wieder näher – also eigentlich kein gutes Mordmotiv.

Und dann ist da Swetlanas geistig behinderter Bruder Juri (Alexander Schuster), um den sie sich liebevoll kümmert und dem sie einen Job in der Gärtnerei verschafft hat. Die Einstellungsvoraussetzung des gequälten Blickes erfüllt auch Juri problemlos, allerdings befindet er sich laut seiner Schwester auf dem Niveau eines Fünfjährigen.

Juri wird leicht aggressiv und muss mit Medikamenten beruhigt werden. Zudem läuft er vom Tatort davon, versteckt sich und hat auch sonst eher fragwürdige Ideen, wie etwa die kleine Tochter der Teichmanns zu entführen. Er ist ein dermaßen verdächtiger Hauptverdächtiger, dass er es bestimmt nicht war.

Bleibt noch die kleine Tochter der Teichmanns. Anna (Amelie Zappe) ist die Einzige, die munter durch die Gegend hüpft. Und sie lässt sich mit der Auskunft, Oma sei verreist und mit zwei neuen Kaninchen über die Abwesenheit trösten. Aber eine Psychokillerin im Vorschulalter trauen wir dem "Tatort" dann doch nicht zu.

"Tatort" kommt nicht in Fahrt

"Totes Herz" (Regie: Andreas Herzog, Drehbuch von Kristin Derfler) hat viel von einem vielversprechenden Psychothriller. Irgendetwas stimmt in dieser Familie nicht. Irgendetwas liegt da im Verborgenen, das sich nach dem Mord nicht länger verdrängen lässt. Wenn die geballte Seelenpein nur nicht so dick aufgetragen wäre.

Wie zäher Sirup klebt sie im Getriebe der Geschichte. Was wird da ins Leere gestarrt! So viele traurige Teichmanns, so viele Augen, in denen Tränen quillen. Draußen kahle Zweige, drinnen kalte Herzen. Nebel, Wolken, Schummerlicht. Hinzu kommt eine zwar schön dramatische Psychothriller-Auflösung, die allerdings von der Logik her nicht überzeugt.

Diesen Trauerkloß-"Tatort" kann auch die vergleichsweise heile Kommissariatsfamilie nicht retten. Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) ermitteln so gedämpft, als würden ihre dicken Daunenjacken das Tempo bestimmen.

Polizeichef Schnabel (Martin Brambach) hingegen wurde im letzten Dresdner "Tatort" ja entführt und schwer verletzt. Jetzt legt er eine Ruppigkeit und Dringlichkeit an den Tag, als wolle er seine Hartgesottenheit beweisen. Und wenn Peter Michael "Kommissar der alten Schule" Schnabel der flotteste Mann im Raum ist – dann weiß man, dass da etwas nicht stimmt.

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