Im Münsteraner "Tatort: Ein Freund, ein guter Freund" wird Professor Boernes bester Freund entführt. Was zu einem ziemlich langweiligen Kriminalfall führt.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Iris Alanyali dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es gibt eine Sensation zu melden: Der neue Fall für das Münsteraner Team Frank Thiel (Axel Prahl) und Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) ist ein ganz normaler "Tatort". Es geschieht ein Mord. Der Gerichtsmediziner analysiert kurz die Leiche. Dann ermittelt der Kommissar.

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Ja, richtig gelesen: Bonmot-Boerne ist ungewöhnlich zurückhaltend, denn gerade anderweitig beschäftigt: Sein Jugendfreund, der Anwalt Friedhelm Fabian (Jan Georg Schütte) ist entführt worden, und seine Jugendliebe Veronika ist die Ehefrau des Entführten.

Eher zufällig erfährt Boerne von dieser Entführung und steht der besorgten Veronika Fabian (Proschat Madani) in ihrer einsamen Villa selbstverständlich zur Seite. Jetzt verbringe man doch mal eine Nacht zusammen, scherzt Veronika, die die Bewunderung von "KF" durchaus genießt.

Die Fabians sind die einzigen Menschen auf der Welt, die Herrn Professor Doktor Karl-Friedrich Boerne so nennen dürfen. Das soll den besonderen Stellenwert demonstrieren, den die Fabians in Boernes Leben einnehmen. Kein Wunder also, dass er auf Befehl der Entführer und Wunsch Veronikas seinem Kollegen Thiel nichts von der Entführung erzählt.

Thiels gemächliche Ermittlungen

Dieser ermittelt derweil im Mordfall: Ein junger Anwalt ist in seiner Kanzlei erschossen worden. Dessen Mandant ist der brutale Mafiaboss Nino Agostini (Claudio Caiolo), auf dessen Verhaftung Thiel schon seit Langem hofft. Es sieht so aus, als ob der Italiener sehr unzufrieden war mit dem Verlauf der letzten Gerichtsverhandlung. Aber auch der Kanzleikompagnon des Toten ist verdächtig.

Die Ermittlungen nehmen ihren ungewöhnlich gewöhnlichen Lauf: Thiel sucht nach Spuren, Thiel stellt Fragen, Thiel zieht Schlussfolgerungen. Und gemäß Thiels Gemüt geht das recht gemächlich zu Gange. Fast langweilig. Ein klamaukloser Münsteraner "Tatort" ist in diesem Fall ein steifer und ziemlich durchschnittlicher Tatort (Regie: Janis Rebecca Rattenni) – zumal der Mordfall auch nicht gerade Funken sprüht: Keine und keiner der Beteiligten ist ein Feuerwerk an Esprit und Eigenheit.

Anwälte und Anwaltsgattinnen eben. Und die Figur Agostini ist eine unlustige Witzfigur von einem Mafiaboss, die irgendwo zwischen Klischee und Kaufmann steckenbleibt. Das Drehbuch von Benjamin Hessler kümmert sich wenig darum, uns die Figuren nahezubringen, und so bleiben alle blass und ihr Schicksal ist uns ziemlich egal.

Das gilt auch für die Fabians: Die enge Beziehung zwischen dem Paar und Boerne wird wenig überzeugend behauptet, und nicht wirklich gezeigt. Ein Professor Boerne aber, der im Beisein seiner Jugendliebe und in Sorge um seinen Schulfreund ganz zahm und vernünftig wird und seine Zeit vor allem mit beruhigendem Händchenhalten verbringt, bringt wenig Schwung in die Geschichte.

Die Freundschaft zwischen Kommissar Thiel und Rechtsmediziner Boerne

Das ändert sich auch dann kaum, als sich zwischen Entführung und Mordfall natürlich doch eine Verbindung auftut: Thiel erfährt von Schwierigkeiten, in die sich die beiden jungen Juristen vor längerer Zeit gebracht hatten, und über die Friedhelm Fabian in seiner Eigenschaft als ehemaliger Vorsitzender der Anwaltskammer mehr wissen soll. Auf der Suche nach Fabian stößt Thiel auf die Entführung und Boernes Geheimaktion – und dann ist es doch die Freundschaft zwischen dem Kommissar und dem Doktor, die ins Zentrum rückt.

"Ein Freund, ein guter Freund,/ das ist das Beste, was es gibt auf der Welt", heißt es in dem Lied, das diesem "Tatort" seinen Namen gab und das aus dem deutschen Filmklassiker "Die Drei von der Tankstelle" stammt:

"Ein Freund bleibt immer Freund,/ auch wenn die ganze Welt zusammenfällt./ Drum sei auch nie betrübt,/ wenn dein Schatz dich nicht mehr liebt./ Ein Freund, ein guter Freund, das ist der größte Schatz, den's gibt." Die Zeilen sind eine ziemlich gute Zusammenfassung für diesen Münsteraner Fall. Da wird's einem ganz warm ums Herz – aber sonst kommen keine großen Gefühle auf.

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