Unser Roadtrip-Plan im Campervan durch Marokko ist einfach: zwei Wochen Meer, zwei Wochen Wüste, zwei Wochen Berge. Das bedeutet: Im Norden in Tanger ankommend fahren wir an der Atlantikküste hinunter nach Süden, biegen dann nach Osten ab und nehmen uns Zeit für die dortigen Steinwüsten und die Sahara. Die letzten beiden Wochen widmen wir den Bergen im Inneren des Landes auf unserer Fahrt zurück nach Norden.

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Sechs Wochen durch Marokko im Camper

Ein Polizeiwagen mit Blaulicht fordert uns unmissverständlich zum Halten auf. Sofortige Gewissenserforschung: Zu schnell gefahren? Stoppschild übersehen? Wir öffnen das Fenster, und ein freundlicher Polizist macht mich auf Französisch darauf aufmerksam, dass ich wohl meine Handtasche im Café habe liegen lassen. Was? Ich blicke mich um. Oh Schreck, keine Handtasche.

Wir fahren mit den Beamten zur Polizeistation und erfahren dort den Rest der Geschichte: Der Besitzer des Cafés, in dem wir vor einer knappen Stunde Tee getrunken haben, hat meine Tasche entdeckt, die Polizei informiert und beschrieben, dass wir mit einem grauen Campervan mit deutschem Kennzeichen unterwegs sind. Daraufhin sind Streifenwagen aus Er-Rich in zwei Richtungen gefahren. Wie schön, dass uns einer davon gefunden hat.

Diese Anekdote steht sinnbildlich für das, was wir während unserer sechswöchigen Reise durch Marokko erlebt haben: Das Land ist sicher, die Menschen sind freundlich und hilfsbereit. Außerdem gibt es immer wieder schöne Überraschungen.

Einfache Anreise über Tanger

Es gibt viele Möglichkeiten, mit dem Wohnmobil nach Marokko zu reisen. In Frankreich, Italien und Spanien starten etliche Fähren, die einen auf den afrikanischen Kontinent bringen. Da wir Zeit haben, fahren wir die gesamte Strecke von München nach Algeciras selbst und lassen uns dafür zehn Tage Zeit. Das macht im Schnitt 270 Kilometer am Tag, also eine sehr stressfreie Angelegenheit.

Bei der Einreise im Hafen von Tanger geht alles recht flott. Die Polizei drückt uns den Stempel in den Pass, der Zoll lässt seinen Drogenhund einmal durch unseren Campingbus schnüffeln und inspiziert den Laderaum. Waffen? Drohne? Alkohol? Nein, nein, ja. Wieviel? Weiß ich nicht genau. Vielleicht zehn Dosen Bier und zwei Flaschen Wein? Egal, passt schon: "Bienvenue au Maroc!"

Günstige Stellplätze und leckeres Essen am Kap Malabata

Auf unserem Weg nach Tanger fahren wir am Kap Malabata vorbei. Ein guter Spot zum Ankommen, den ersten Pfefferminztee und die schöne Aussicht genießen. Als wir das Zentrum von Tanger erreichen, ist es bereits halb sechs, und wir steuern einen bewachten Parkplatz neben dem städtischen Fußballplatz an.

Wir zahlen 2,50 Euro für die Übernachtung und teilen uns den großen Platz mit einigen anderen Autos und Wohnmobilen, beschallt vom Pfeifen des Schiedsrichters, Klatschen und Rufen der Fans und Spieler. Da geht das Hundegebell fast unter. Diesen wie viele der nachfolgenden Camping- und Stellplätze haben wir mit Hilfe von Apps gefunden. Und manchmal beschert uns der Zufall schöne Plätze.

Im letzten Tageslicht machen wir uns zu einem Bummel durch die Medina, die Altstadt mit vielen Gassen und unzähligen Geschäften, auf. Die Atmosphäre ist recht entspannt. Die Händler bedrängen ihre potenziellen Kunden kaum, viele Einheimische und gar nicht so viele Touristen sind hier unterwegs.

Was ist die beste Reisezeit für Marokko?

März und April sind optimale Reisezeiten für Marokko: Das Wetter ist bereits schön, im Süden sogar sehr schön, und es sind noch nicht zu viele Reisende unterwegs.

Auf der Küstenstraße von Tanger bis Asilah

Nach einer Nacht auf dem Stellplatz in Tanger fahren wir zum Kap Spartel. Dies ist Afrikas nordwestlichster Punkt, hier stoßen Mittelmeer und Atlantik zusammen. Dann drückt mein lieber Mann mir den Busschlüssel in die Hand. Am ersten Tag in Marokko hatte ich mich noch nicht getraut zu fahren, und auch an diesem Morgen habe ich gekniffen.

Doch jetzt nehme ich mir ein Herz und steuere das Wohnmobil die 50 Kilometer bis Asilah. Die Küstenstraße ist leicht zu fahren, häufig dürfen wir eh nicht schneller als mit Tempo 60 unterwegs sein.

Wir finden ein hübsches Plätzchen auf einem kleinen, einfachen Campingplatz, können draußen Mittagessen und Wäsche waschen. Dann laufen wir etwa eine Viertelstunde bis zur Altstadt von Asilah – und geraten in einen wahren Fotorausch. Ein Motiv ist hier schöner als das andere, und wir können uns gar nicht sattsehen.

Nach einer Kaffee- und Teepause (ich glaube, ich muss ab jetzt jeden Tag den köstlichen Minztee trinken. Wobei, der Café Nous Nous, also halbe-halbe Espresso und Milch, schmeckt ebenfalls hervorragend) laufen wir noch ein Stück weiter bis zum Soukh, dem Markt.

Hier können wir nach Herzenslust einkaufen und uns an dem bunten Angebot, der hervorragenden Qualität und niedrigen Preisen erfreuen. Brot kostet rund 20 Cent, für eine große Schaufel Oliven zahlen wir 60 Cent, ebenso viel für ein Pfund aromatischer Erdbeeren. Das Gemüse fürs Abendessen stelle ich mit Zucchini, Auberginen, Paprika und Karotten zusammen – macht 1,50 Euro.

Atlantikküste mit wunderschönen Städten

So geht es in den kommenden Tagen an der Atlantikküste weiter: Eine hübsche Stadt reiht sich an die nächste, Larache, El Jadida, Oualidia, Essaouira, pittoreske Altstädte, verlockende Märkte, herrliche Strände. Überall finden wir problemlos gute Campingplätze mit ordentlichen Sanitäranlagen, für die wir meist zwischen sechs und zehn Euro maximal zahlen.

Die Küste zwischen Essaouira und Agadir soll eine der schönsten Marokkos sein. Ja, das können wir bestätigen. Die Landschaft steigt langsam an und wird karger. Dann kommen wir wieder in tiefere Regionen mit herrlichen Stränden (Paradiese für Surfer, so wie es aussieht), dann windet sich die Straße kurvenreich wieder aufwärts. Die Ausläufer des Antiatlas (des kleinen Atlas) machen sich bemerkbar.

Steinwüste bis zu den Sahara-Ausläufern

Wir tingeln durch die Steinwüsten Richtung Osten und erreichen zu Beginn unserer dritten Reisewoche die Ausläufer der Sahara bei den Dünen von Tinfou östlich von Zagora. Der Sand ist kalt und feucht, als ich bei Sonnenaufgang auf den Scheitel der Düne hochstapfe. Die Sonne hat es noch nicht über den Kamm geschafft, mein Reisegefährte und die Beduinen unten in ihren Zelten schlafen noch. Einige Vögel zwitschern schon, in der Ferne höre ich einen Lkw, ein Dromedar schreit.

Als wir am Nachmittag zuvor hier ankamen, war es heiß (auch für diesen Tag sind über 30 Grad angesagt), bei den Beduinenzelten war einiges los. Männer pflockten ihre Dromedare an, brachten ihnen Futter, luden die vorbeikommende Touristin auf einen Tee ein und fotografierten sie mit ihrem Lieblingskamel.

Wir parken mit unseren Freunden, die mittlerweile zu uns gestoßen sind, vor dem Hotel Sahara Sky. Am Abend haben wir eine Verabredung mit Patrick zum Sterne gucken. Auf der Dachterrasse des Hotels sind hochwertige Teleskope installiert. Patrick, aus Belgien, ist der Haus- und Hofastronom und entführt uns in der Nacht zu den Sternen unserer Milchstraße und weiterer Galaxien. Milliarden von Sternen funkeln am Himmel, ich werde ganz schwindelig, wenn ich durchs Fernglas schaue. Eine Sternschnuppe bekomme ich zu guter Letzt auch noch geschenkt.

Atemberaubende Landschaften

Einige Tage und 300 Kilometer später erreichen wir über die gut ausgebaute Nationalstraße 12 mein Sehnsuchtsziel: die berühmten Dünen von Erg Chebbi, 40 Kilometer lang, sieben breit, die höchsten bis zu 200 Metern aufragend. Seit der Abfahrt zu Hause freue ich mich darauf, und nun sind wir tatsächlich hier: am Rande der Sahara. Wir wählen den Campingplatz Haven La Chance bei Merzouga und können tatsächlich bis an den Sand heranfahren. Vom Bus aus blicken wir in die Wüste, auf den fast goldfarbenen Sand, die gewellten Dünen.

Erfrischung gibt es im Pool, dann gleich wieder zurück, Sand gucken. Als die Hitze gegen halb sechs etwas nachlässt, machen wir einen ersten Spaziergang in die Wüste hinein, hocken uns auf den Kamm einer Düne und schauen.

Das Programm der nächsten Tage sieht nicht viel anders aus. So viel Wüstenatmosphäre wie möglich aufsaugen – und wenn es zu heiß wird, in den Pool springen. Nach drei Tagen packen wir zusammen und lenken den Bus in Richtung Norden. Wir wollen in die Berge. Erst führt der Weg uns über eine Hochebene, schöne Berge rechts und links. Marokko verwöhnt uns sehr. Dann ziehen sich die Berge immer mehr zusammen, wachsen über sich selbst hinaus und bilden eine Schlucht, wie es dramatischer nicht mehr geht.

Dennoch läuft unten das schmale Palmenband, das den Fluss begleitet, weiter, und der Mensch hat dem Fels noch Platz für Häuser abgerungen. In unserer Landkarte ist hier kaum ein Ort verzeichnet, doch alle paar Kilometer tauchen Dörfer auf, in denen die Alten uns nachblicken und Kinder uns zuwinken.

Einmal müssen wir wegen eines Rettungswagens stehen bleiben und die Kinder umringen den Bus und fordern Bonbons. Nein, nein, nein, gebe ich ihnen mit energischem Kopfschütteln zu verstehen und bin ganz froh, als wir weiterfahren können. Meistens sind die Kinder nur neugierig und aufgeregt.

Atlas-Gebirge mit Schluchten und fantastischen Straßen

Dann steuern wir die Todra-Schlucht an – im Hohen Atlas eine der Sehenswürdigkeiten schlechthin. Ich war skeptisch, ob sie die Fahrt wirklich wert ist, nachdem wir zuvor bereits durch die wunderschöne Schlucht bei Imiter gefahren sind. Doch zum einen ist es egal, welche Strecke im Hohen Atlas man fährt – jede ist ein Traum.

Zum andern ist die Todra-Schlucht wirklich herrlich, obwohl es hier schon im März recht touristisch zugeht. Für die nicht minder berühmte Dades-Schlucht mit ihren ausgefallenen Felsformationen gilt das ebenso. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Und das bleibt so auf den folgenden 800 Kilometern Richtung Norden, auf denen wir auf stets passablen und mit dem Camper gut befahrbaren Straßen den Hohen Atlas und das Rif-Gebirge queren, bis wir das Mittelmeer erreichen.

Die Städte Marrakesch, Fez, Rabat und Meknes stehen nicht auf unserem Programm, weil wir schon dort waren und auf dieser Tour mehr die Natur suchen. Sie sind aber auf jeden Fall die Marokko-Reise wert, wie auch die Vielfalt der Landschaft sowie die freundlichen Menschen, bei denen man sich willkommen geheißen und sicher fühlen kann.

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Wir sind übrigens kein einziges Mal von der Polizei kontrolliert worden. Einige Kinder in den Bergdörfern haben gebettelt, aggressiv waren sie dabei nicht. Manchmal war es nicht einfach zu erkennen, ob jemand einfach nur nett sein wollte oder eine Gegenleistung erwartete, ohne dies vorherzusagen. Das ist aber sehr selten passiert.

Wir fahren gemütlich durch Spanien und Frankreich nach Hause, und ich denke mir im Stillen: In einer guten Woche kann man Marokko leicht wieder erreichen. Vielleicht schon nächstes Jahr?  © Promobil

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