Die einen klagen über Langeweile, die anderen über zu viel Schulstoff oder Lagerkoller. In jedem Fall ist die Coronakrise eine enorme Herausforderung für Familien. Experten raten dringend: Wenn der Druck im Kessel steigt, nutzen Eltern am besten eines der vielen telefonischen Beratungsangebote.
Kleine Kinder dürfen nicht mehr auf die Spielplätze, Jugendliche sind von ihren Freundeskreisen ein ganzes Stück abgeschnitten. Eltern müssen all das auffangen, außerdem zu Hause den Schulstoff vermitteln und sich zugleich um ihren eigenen Job kümmern. Ohne die gewohnte Unterstützung von Erziehern, Lehrern, Großeltern. Dazu kommen oft Existenzsorgen in Corona-Zeiten - eine brisante Mischung, wie der Deutsche Kindschutzbund (DKSB) befürchtet.
"Wenn Familien jetzt 24 Stunden, sieben Tage die Woche aufeinander hocken, kann man sich vorstellen, dass da der Druck im Kessel steigt", sagt DKSB-Sprecherin Juliane Wlodarczak. Je länger die Zeit andauert, desto schwieriger werde es. Der Kinderschutzbund rechnet auch mit einem Anstieg häuslicher Gewalt gegen Frauen und Kinder.
Gespräche mit Beratern können entlasten
Lidija Baumann ist Leiterin des Kinderschutz-Zentrums Kiel in Trägerschaft des Kinderschutzbundes. Noch verzeichnet sie keinen erhöhten Andrang, allerdings rät sie Eltern, sich frühzeitig zum Beispiel bei der zentralen Hotline des Kinderschutzbundes zu melden. "Gespräche können entlasten", sagt die Kinderpsychologin. "Es ist gut, mit Fachleuten zu sprechen, die Menschen in Krisenzeiten verstehen. Wir als Kriseneinrichtung können deeskalierend einwirken."
- Unter der Rufnummer 0800/111 05 50 stehen ehrenamtliche Berater zur Verfügung. Montags bis freitags von 9:00 bis 11:00 Uhr; dienstags und donnerstags von 17:00 bis 19:00 Uhr
- Kinder und Jugendliche können die Rufnummer 116 111 anwählen, kostenlos und anonym vom Handy und Festnetz aus. Montags bis samstags zwischen 14:00 und 2:.00 Uhr
Viele Eltern haben sich auf die Zeit bis zum Ende der Osterferien eingerichtet, glaubt Baumann. Sie macht sich Sorgen, wie es danach weitergeht. Gefährdet seien gerade Familien, die zum Beispiel durch eine psychische Erkrankung oder materielle Sorgen hoch belastet sind: "Dann können Kinder schnell in alltäglichen Situationen zum Blitzableiter werden." Diese Kinder lebten in einer Grundanspannung, die Belastung durch die Corona-Maßnahmen treffe sie nun umso härter.
Feste Zeiten, Struktur und gemeinsame Entscheidungen
Die Psychologin rät Eltern, ihre Kinder nicht sich selbst zu überlassen. In Kombination mit einem hohen Medienkonsum sei das nur kurzfristig eine Entlastung. "Aber längerfristig wird es zu einem Teufelskreislauf. Man sollte deshalb frühzeitig überlegen: Wie strukturieren wir die Zeit?", empfiehlt Baumann. Wer einmal aus Strukturen heraus sei, finde viel schwerer wieder in sie hinein.
Feste Zeiten, orientiert an der Normalität vor dem Coronavirus, entsprechen dem Bedürfnis von Kindern nach Struktur: "Vormittags Lernzeit für Schulkinder, am frühen Nachmittag eine Ausruhzeit für Kindergartenkinder", rät Baumann. Bei der Tagesplanung, in der auch Spiel und Bewegung enthalten sein sollten, dürfen sich die Kinder einbringen: "Kinder sind wunderbare Planer. Und wer mitentscheiden darf, ist auch eher bereit, sich an Vereinbarungen zu halten." (af/dpa)
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