• Auch zwei Jahre nach dem Beginn der Pandemie steht die Gastronomie unter Druck.
  • Viele Restaurants und Hotels leiden unter einem Arbeitskräftemangel.
  • Deswegen müssen die Lokalitäten an einzelnen Wochentagen sogar geschlossen bleiben.

Mehr Panoramathemen finden Sie hier

Nach wie vor macht der Personalmangel den Betrieben von Hotellerie und Gastronomie deutlich zu schaffen. Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA Bundesverband) von Anfang Juni, suchen über 60 Prozent der gastgewerblichen Betriebe Fach- und Hilfskräfte. Dies bestätigen auch die aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Lagen der Behörde im Juni 2019 noch 39.449 offene Stellen vor, so fehlten der Branche im Juni 2022 bereits 45.450 Arbeitskräfte. Das sind fast ein Fünftel (17,8 Prozent) mehr.

Dabei war die Gastronomie bis zum Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 eine boomende Branche. Von 2009 bis 2019 wurden im Gastgewerbe fast 300.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen. Das entsprach einem Zuwachs von 36 Prozent, während das Plus in der Gesamtwirtschaft lediglich 22 Prozent betrug. Dem anhaltenden Wachstum bereitete die Corona-Pandemie jedoch ein Ende.

Massive Beschäftigungsrückgänge durch Corona-Pandemie

Zwischen März 2020 und März 2022 verzeichnete die Branche durch einen Lockdown von insgesamt neun Monaten und strengen Corona-Auflagen massive Rückgänge bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Deren Zahl reduzierte sich laut dem DEHOGA allein von Juni 2019 bis Juni 2021 um mehr als 128.000 Mitarbeiter. Das entspricht einem Rückgang von 11,6 Prozent.

Ein weiterer starker Rückgang wurde im Mai 2021 auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie mit 14,5 Prozent verzeichnet. Hier wurden gegenüber Mai 2019 mehr als 160.000 Beschäftigte weniger registriert.

Nun zeigen sich jedoch wieder Beschäftigungszuwächse: Demnach lag im März 2022 die Differenz an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gegenüber März 2019 nur noch bei minus 63.699 (-6,0 Prozent). Im Mai 2022 schmolz der Unterschied zum Vorkrisenniveau im Mai 2019 auf minus 57.938 Beschäftigte (-5,2 Prozent). Das ist der beste Wert seit März 2020.

Neben den zahlreichen sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitern kehrten bis zum Frühjahr 2022 auch viele Minijobber der Gastronomie den Rücken. So verzeichnete die Branche laut den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit im Juni 2021 über 217.000 geringfügig Beschäftigte weniger als im Juni 2019. Das entspricht einem Minus von 20,5 Prozent.

Die Gründe für die Abkehr der Arbeitskräfte aus der Gastronomie liegen auf der Hand. Trotz aller Bemühungen, Mitarbeiter und Auszubildende zu halten, waren Hunderttausende von Kurzarbeit und Existenzängsten betroffen. Denn während der Pandemie mussten zahlreiche Betriebe für neun Monate oder mehr schließen und durften nur unter strengen Hygiene-Auflagen öffnen.

In welche Jobs ehemalige Kellner und Hotelfachleute gewechselt sind

Daraus resultierend haben laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) von insgesamt 788.604 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten knapp 216.000 Beschäftigte aus Gastronomie, Hotel und Tourismus im Jahr 2020 ihren Beruf gewechselt. Das ist mehr als jeder Vierte (27,4 Prozent).


Die meisten (34.820 Beschäftigte) fingen in Verkaufsberufen neu an, gefolgt von Jobs im Verkehr- und Logistikbereich (27.157 Beschäftigte). Auch der Bereich Unternehmensführung und -organisation erfuhr eine Zuwanderung: Hier fanden 27.109 Menschen einen Job, beispielsweise in Sekretariaten.


Beliebt waren bei den ehemaligen Gastronomen auch die Lebensmittelherstellung (20.532), Reinigungsberufe (16.877) sowie erzieherische, hauswirtschaftliche (12.617) und medizinische Berufe (7.242). Weitere Berufsfelder waren Tätigkeiten in Werbung, Medien und Marketing (6.828); einige ehemalige Gastronomen wurden Führer von Fahrzeug- und Transportgeräten (5.922). Das Schlusslicht bildeten lehrende und ausbildende Berufe (5.539).

Explodierende Gas- und Strompreise bereiten den Betrieben Sorgen

Jedoch gibt es wie bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auch bei vielen Minijobbern eine steigende Rückkehr-Tendenz in die Branche, obwohl dem Gastgewerbe das dritte Verlustjahr in Folge droht.

Denn dem erstmals auf Vorkrisenniveau liegenden monatlichen Juni-Umsatz (nominal 0,0 Prozent im Vergleich zu Juni 2019) stehen deutlich höhere Kosten entgegen als noch vor der Pandemie. "Die Lage ist extrem herausfordernd, da die Branche zeitgleich mit explodierenden Kosten in den Bereichen Energie, Lebensmittel und Personal konfrontiert ist", sagt dazu DEHOGA-Präsident Guido Zöllick, "die existenziellen Sorgen und Nöte der Unternehmer wachsen erneut."

Betriebe tun viel, um die Branche attraktiver zu gestalten

Generell haben die Betriebe enorme Anstrengungen unternommen, die Branche attraktiver zu gestalten. So wurden zuletzt Entgelttarifverträge mit Lohnerhöhungen im zweistelligen Prozentbereich abgeschlossen. Auch die Ausbildungsvergütungen wurden erhöht. Darüber hinaus wurden die gastgewerblichen Ausbildungen modernisiert und bieten laut DEHOGA noch attraktivere Perspektiven.

Auch die Regierung hat inzwischen Maßnahmen gegen den Arbeitskräftemangel in der Gastronomie und vielen anderen Branchen angekündigt. Laut DEHOGA-Präsident Zöllick müssten Unternehmen der Branche dabei unterstützt werden, die wegen des demografischen Wandels fehlenden Fach- und Arbeitskräfte auch aus Drittstaaten einstellen zu können. "Dafür ist es unverzichtbar, Verfahren zu vereinfachen, die Beschaffung von Visa zu beschleunigen sowie neue rechtliche Möglichkeiten der gezielten Erwerbsmigration zu schaffen", so Zöllick.

Um die Beschäftigung von Saisonaushilfen im Gastgewerbe zu ermöglichen, fordert der DEHOGA-Präsident auch zwischenstaatliche Abkommen mit interessierten Ländern. Neben der Zulassung von mehr Arbeitskräften aus dem Westbalkan, sollten auch Geflüchtete aus der Ukraine, die gerne in der Gastronomie tätig werden wollen, eine schnellstmögliche Bearbeitung ihrer Unterlagen bei den Ausländerbehörden erhalten.

Verwendete Quellen:

  • Dehoga-bundesverband.de: DEHOGA-Präsident Zöllick fordert schnelle Maßnahmen zur Mitarbeitergewinnung
  • Dehoga-bundesverband.de: Sorgen und Existenzängste in der Branche wachsen
  • Dehoga-bundesverband.de: Neustart 2022
  • Iwkoeln.de: Fachkräftemangel: Früher Gastronomie, heute Supermarkt
  • Iwkoeln.de: Sorgenkind Gastro?: Berufswechsel in der Corona-Pandemie
  • Zahlen der Bundesagentur für Arbeit
  • Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA)
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.