Dass sich nicht nur Frauen um die Kinder und Männer ums Geld kümmern können und müssen, lernen einige Vertreter der Spezies Mensch erst jetzt. Ziemlich spät, vor allem verglichen mit anderen Tierarten. Bei einer Tierart tragen sogar die Männchen den Nachwuchs aus.

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Zugegeben, im Tierreich sind die Aufgaben meist ziemlich klar verteilt: Während das Weibchen nach erfolgreicher Befruchtung monatelang alle Energie in das Austragen und die Aufzucht des Nachwuchses steckt, lümmelt sich das Männchen – siehe Löwe – lieber in die Sonne oder beglückt schon wieder das nächste Weibchen.

Im Zweifel bis zum eigenen Tod – wie die männliche Breitfuß-Beutelmaus, die nach einem bis zu 14-stündigen Sex-Marathon – mit so vielen Weibchen wie möglich – einfach tot umfällt.

Beispiele wie diese zeigen: Während sich bei uns Zweibeinern mittlerweile viele Väter selbstverständlich um ihren Nachwuchs kümmern, ist die Rolle im Tierreich meist etwas – nun ja – traditioneller. Elternzeit für Väter kennen die meisten Tiere nicht. Klar, ausgefallene Balztänze, aufwendiger Nestbau oder auch der Fortpflanzungsakt an sich kosten Energie.

Ein Männchen kann sich nie sicher sein, ob es wirklich der Vater ist

Diese Rollenverteilung lässt sich aber nicht durch Faul- oder Geilheit seitens der Männchen begründen. Vielmehr dienen sie dem Erhalt der eigenen Gene. Ein Männchen kann sich – anders als das gebärende Weibchen – nie wirklich sicher sein, ob es wirklich in seinen eigenen Nachwuchs investiert.

Vielleicht hat ihm seine Herzensdame ja Hörner aufgesetzt und sich mit Nebenbuhlern vergnügt? Und wer – wie die Maus – seinen Samen so weit wie möglich streut, erhöht auch die Chance, dass Nachwuchs erstens geboren wird und zweitens überlebt.

Dazu kommt, dass bei den meisten Tieren männliche Samenzellen deutlich schneller gebildet werden als weibliche Eizellen. Weibchen können sich also seltener Fortpflanzen als Männchen. Und wer weniger Nachkommen zeugen kann, sollte lieber sicherstellen, dass die wenigen dann zumindest Überleben.

Tier-Väter mit Verantwortungsbewusstsein

Es gibt aber auch Tier-Väter, die deutlich mehr Verantwortung für ihre Nachkommenschaft empfinden. Dass sich Pinguin-Eltern damit abwechseln, in der brutalen Winterkälte der Antarktis ihr Ei warm zu halten oder dass sich einige Vogel-Väter bei der Fütterung der Küken beteiligen, ist ziemlich bekannt.

Auch einige Säugetiere teilen sich die Nachwuchsversorgung: Wolfs-Eltern gehen abwechselnd auf die Jagd – und wer in der heimischen Höhle bleibt, nimmt sich der Kinder an. Weißbüschel-Affen-Männchen kümmern sich ebenfalls um ihre Kinder, spielen mit ihnen, tragen sie herum. Aber das hat eigentlich nur einen Grund: Wenn sich das Weibchen weniger um die Kinder kümmert, kann es schneller wieder trächtig werden.

Die erstaunlichsten Tier-Papas sind aber Insekten, Amphibien, Fische und Vögel:

Der Riesenwanzen-Papa gibt das Fliegen auf

Zum Beispiel die Riesenwanze. Sobald sich Nachwuchs ankündigt, müsse die männlichen Riesenwanzen etwas kürzer treten: Sie geben das Fliegen auf.

Denn das Weibchen klebt dem Männchen die befruchteten Eier auf Rücken und Flügel. Anstatt zu fliegen macht der Wanzen-Papa dann im Wasser eine Art Liegestütz. Die Eier müssen nämlich alle paar Minuten befeuchtet werden, brauchen aber auch Luft zum Atmen. Das zieht das Männchen durch, bis der Nachwuchs schlüpft – und das kann einen Monat dauern.

Sorgerechtstreit extrem

Nandus sind Laufvögel, die in Südamerika leben. Sie werden etwa 1,40 Meter groß, haben ein zerzaustes Federkleid, können bis zu 60 Kilometer in der Stunde rennen – und sind alles andere als zimperlich. Dafür ist die Vaterliebe der Männchen so groß, dass sie an menschliche Helikopter-Eltern erinnern. Der Nandu-Mann baut das Nest, brütet die Eier selbstverständlich alleine aus und beschützt die kleinen Nandus die ersten sechs Lebensmonate – mit allem was er hat.

Während Helikopter-Eltern hauptsächlich Lehrer wegbeißen, die die Genialität der Sprösslinge partout nicht erkennen wollen, attackieren Nandu-Väter alles und jeden, was sich ihren Küken nähert. Sogar deren Mutter.

Nandu-Väter passen besonders gut auf die Brut auf.
Nandu-Väter passen besonders gut auf die Brut auf. © Foto: pexels.com/Mali Maeder

Der Nasenfrosch hat seine Kinder zum "Fressen" gern

Genauso beschützend sind Darwin-Nasenfrosch-Männchen, wenn es um den eigenen Nachwuchs geht. Die große Klappe spielt bei den in Argentinien und Chile beheimateten Amphibien auch eine Rolle – aber in einem ganz anderen Sinne. Das Nasenfrosch-Weibchen legt die befruchteten Eier in einem Laubhaufen ab. Sobald aus den Eiern Kaulquappen schlüpfen, schluckt Papa Frosch die Brut herunter.

In seinem Kehlsack wachsen die Kaulquappen dann zu Babyfröschen heran. Dabei ernähren sie sich von einem Sekret, das im Kehlsack gebildet wird. Nach zwei bis drei Monaten schließt das Hotel Papa dann aber: Dann wird der Nachwuchs nämlich in die Welt gewürgt.

Wenn Männchen schwanger werden

Seepferdchen-Männchen treiben ihre Vaterrolle auf die Spitze. Sie kümmern sich nicht nur um ihren Nachwuchs – sie gebären ihn. Ja, richtig gelesen, die Meeresbewohner sind (neben den verwandten Seenadeln) die einzige bekannte Art, bei denen Männchen schwanger werden. Und das funktioniert so: Die Weibchen schieben ihren Partnern die unbefruchteten Eier in den Brutbeutel, der sich im Bauch der Männchen befindet. Dort befruchten die Männchen die Eier und tragen sie aus. Logischerweise ist bei den Seepferdchen damit auch die Geburt Männersache – Geburtswehen inklusive. Mehr Einsatz geht wohl nicht.

Das hat übrigens einen durchaus plausibel Grund. "Die körpereigene Immunabwehr ist ein kritischer Punkt bei jeder Schwangerschaft, auch beim Menschen. Grundsätzlich besteht immer die Gefahr, dass der Körper der Mutter das Kind als fremdes organisches Material abstößt, weil es zur Hälfte aus dem genetischen Material des Vaters besteht", sagte die Biologin Olivia Roth bei "MDR Wissen".

Bei männlichen Seepferdchen scheint diese Immunfunktion zu fehlen. Das macht die Männer-Schwangerschaft erfolgsversprechender als eine weibliche Schwangerschaft.

Der Mausepapa kümmert sich nur, wenn er muss

Dass man Rabenvätern auch umerziehen kann, das beweist die Hausmaus. In der freien Wildbahn wollen männliche Mäuse nach der Paarung nämlich nichts mehr von ihren Liebschaften wissen – geschweige von den dabei entstandenen Jungtieren. In Gefangenschaft scheint der Mausepapa aber sein Verantwortungsgefühl zu entdecken: Dann wärmt und putzt er nämlich seinen Nachwuchs.

Das liege daran, dass sich die Männchen darüber im Klaren wären, dass es keine weiteren Weibchen in der Umgebung gebe, mit denen sie sich paaren könnten, schreibt der Wissenschaftsjournalist Herbert Cerutti in der "NZZ". Deshalb würden die Mäuseväter dann in die eigenen Nachkommen investieren.

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Aber das ist nicht alles: Forscher konnten belegen, dass Mäusemütter ihre männlichen Partner mit Lauten und über Hormone zur Brutpflege auffordern. Zumindest im Käfig scheinen die Mausepapas darauf zu hören. Und damit sind sie wohl deutlich weiter als etliche menschliche Vatergenerationen aus den vergangenen Jahrzehnten.  © Deine Tierwelt

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