Haus bauen oder Wohnung kaufen? Für viele bei den derzeitigen Kreditzinsen ein ferner Traum. Doch es gibt Wege, wie es gelingen kann. Drei davon stelle ich hier vor – und zeige, welche Risiken dabei lauern.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Des einen Leid, des andern Freud: Diesen Spruch musste ich mir schon von meinen Großeltern anhören, und trotzdem ist er heute genauso wahr wie vor hundert Jahren. Schön beobachten lässt sich das derzeit am Immobilienmarkt. Die Preise in den Ballungsräumen sind immer noch hoch. Und das trotz gestiegener Zinsen. Ein Leid für Kaufwillige, aber die reine Freude für alle, die ein Haus oder eine Wohnung in guter Lage loswerden wollen.

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Oder die gestiegenen Zinsen: Potenziellen Hauskäufern treiben die Zinsen den Angstschweiß auf die Stirn, doch wer gerade erst anfängt zu sparen, um das Eigenkapital zusammenzubekommen, freut sich, dass die Nullzinsphase vorbei ist.

Und es gibt ein paar Lichtblicke (ohne gehässig sein zu wollen): Das Leid der anderen eröffnet neue Chancen, um doch noch zum Eigenheim zu kommen. Drei Wege, wie der Traum vielleicht wahr werden kann:

Für Abenteuerlustige: Zwangsversteigerung

Einer meiner Nachbarn ist ein Zwangsversteigerungs-Profi: Schon vor Jahren hat er nach monatelanger Vorbereitung auf diese Weise ein Haus erstanden. Jetzt ist er wieder mit langen Tabellen voller Versteigerungstermine, Details zu Objekten und Telefonnummern unterwegs, um ein Studentenapartment für seinen Sohn zu kaufen. Und als Kenner der Materie ist er recht zuversichtlich, denn die Krise am Immobilienmarkt belebt den Markt für Zwangsversteigerungen.

Es mag zynisch klingen, aber gerade hier ist "des einen Leid, des andern Freud" mit Händen zu greifen. Die hohen Kreditzinsen und die sinkende Kaufkraft führen dazu, dass mehr Menschen ihre Kredite nicht bedienen können und ihre Immobilien versteigert werden. Gleichzeitig sinkt die Nachfrage - auch Käufer sind vorsichtig geworden.

Trotzdem: Zwangsversteigerungen sind bei allen Chancen, die sie bieten, nur etwas für flexible, abenteuerlustige Menschen, die bereit sind, Zeit und Mühe zu investieren. Das Wichtigste auf diesem Weg zu einem neuen Zuhause ist penibles Vorbereiten. Eine Liste der Zwangsversteigerungstermine stellen die meisten Amtsgerichte online über zvg-portal.de bereit, oder es gibt sie beim Amtsgericht vor Ort.

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Interessiert Sie eine Immobilie, sollten Sie sie intensiv prüfen, denn bei der Versteigerung selbst kann es sehr schnell gehen. Also: Die bereitgestellten Unterlagen genau lesen und das Objekt unbedingt besichtigen – wenn möglich in Begleitung eines Fachmanns oder einer Fachfrau. Hilfreich kann auch sein, mit Nachbarn zu sprechen und ein paar Stunden vor Ort zu verbringen.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist, vor dem Versteigerungstermin eine Finanzierungszusage Ihrer Bank einzuholen. Und vielleicht das Wichtigste: Legen Sie sich selbst ein Limit für Ihr Gebot fest, das Sie auf keinen Fall überschreiten werden - ganz egal, wie hektisch es bei der Versteigerung zugeht. Finanztest beantwortet hier alle Fragen zur Vorbereitung auf eine Zwangsversteigerung.

Für Gutverdiener mit sicheren Jobs: Finanzierung ohne Eigenkapital

Die eigene Wohnung lockt, aber auf dem Konto liegt nicht genug Geld, um 20 Prozent Eigenkapital plus Nebenkosten zusammenzukratzen? Wer einen gut bezahlten, sicheren Job hat, kann trotz gestiegener Zinsen über eine Finanzierung ohne Eigenkapital nachdenken. Allerdings geht man dabei ein hohes Risiko ein.

Falls das Eigenheim aus irgendwelchen Gründen nach wenigen Jahren verkauft werden muss, ist die Gefahr groß, auf einem Teil der Schulden sitzenzubleiben. Außerdem sind die Monatsraten so hoch, dass nur die wenigsten sie aufbringen können: Wer ein 500.000 Euro teures Haus zu 100 Prozent finanziert, muss für den Kredit zwischen 2.500 und 3.000 Euro monatlich aufbringen – für die allermeisten ist das unerschwinglich.

Wen solche Raten nicht schrecken, der findet bei Finanztest wichtige Tipps, wie eine Vollfinanzierung trotz des hohen Risikos gelingt – und welche Geldquellen es geben könnte, um wenigstens einen kleinen Anteil Eigenkapital zusammenzukratzen.

Für Handwerker: Unsaniertes Haus kaufen

Ein Nebeneffekt der hitzigen Debatte ums Heizungsgesetz ist, dass schlecht gedämmte Häuser mit alten Heizungen derzeit schwer verkäuflich sind und zum Teil im Preis fallen. Hier schlägt die Stunde jener, die zimmern, dämmen oder klempnern können.

Wer in der Lage ist, einen Teil der energetischen Sanierung selbst zu übernehmen, kann mit etwas Glück ein ansonsten brauchbares Häuschen zu einem günstigeren Preis kaufen. Allerdings gilt auch hier: Rechnen Sie vor dem Kauf alle Posten der Sanierung genau durch – damit das Schnäppchen am Ende nicht teuer wird.

Mein Nachbar, der Zwangsversteigerungs-Profi, war inzwischen schon zweimal kurz davor, den Zuschlag für eine Einzimmerwohnung zu erhalten. Jetzt hofft er aufs nächste Mal, denn: Aller guten Dinge sind drei. Dann ist es aber auch genug mit den Sprüchen meiner Großeltern.

Über die Autorin

  • Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.

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