Jedes Jahr pünktlich zur Rentenerhöhung geistern Schlagzeilen herum: 100.000 Rentner zusätzlich müssen jetzt Steuern zahlen! Das klingt schrecklicher, als es ist. Denn für die meisten Ruheständler ist es gar nicht schwer, eine Steuererklärung zu machen. Und die Chancen stehen gut, dass sie – wenn überhaupt – nur wenig ans Finanzamt zahlen müssen.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Klar, am schönsten wäre es, wenn man mit dem Arbeitsleben auch die lästigen Steuererklärungen hinter sich lassen könnte. Nie mehr Steuerformulare, nie mehr Belege sortieren, nie mehr Steuertipps wie diesen hier lesen – ein Traum, fast so schön wie Ruhestand unter Palmen.

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Die gute Nachricht ist: Für rund zwei Drittel aller Rentner ist dieser Traum Wirklichkeit. Denn von den insgesamt 21 Millionen Ruheständlern, die eine gesetzliche Rente beziehen, zahlen nur rund sechs Millionen Steuern. Selbst wenn durch die Rentenerhöhung zum 1. Juli nun 100.000 Menschen neu dazukommen, die auf ihre Rente Steuern zahlen, ist das ein sehr kleiner Teil. (Hier lesen Sie, wie Sie herausfinden, ob Sie zu diesem kleinen Kreis gehören.)

Die schlechte Nachricht: Für alle Neu-Rentner wird es schwieriger, die Steuererklärung auf Dauer hinter sich zu lassen. Denn nach und nach wird ein immer größerer Teil der Rente steuerpflichtig. Das liegt daran, dass während der Arbeitsphase größere Teile der Rentenbeiträge steuerfrei bleiben. Deren Besteuerung wird quasi auf später verlagert.

Aber auch das ist kein Grund zum Grummeln. Für die meisten Ruheständler dürfte die Steuererklärung vom Schrecken her irgendwo im Mittelfeld liegen – nicht so schön wie ein Waldspaziergang, aber besser als ein Zahnarztbesuch. Vor allem, wenn Sie die folgenden drei Tipps beherzigen.

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Tipp 1: Prüfen, ob Sie überhaupt steuerpflichtig sind

Die erste entscheidende Zahl in diesem Zusammenhang lautet 10.908 Euro. So hoch ist 2023 der Grundfreibetrag für Ledige. Für gemeinsam veranlagte Paare ist er doppelt so hoch. Dieser Freibetrag gilt für den Teil der Rente, der versteuert werden muss. Dieser Anteil richtet sich nach dem Jahr Ihres Rentenbeginns. Alle, die etwa 2020 in Rente gegangen sind, müssen 80 Prozent ihrer Rente versteuern.

Konkret heißt das: Wer 2020 in Rente gegangen ist, als Lediger eine Rente bis rund 13.500 Euro pro Jahr bezieht und sonst keine Einkünfte hat, zahlt gar keine Einkommensteuer.

Doch auch mit einer höheren Rente gerät man nicht gleich in die Steuerpflicht. Das Finanzamt berücksichtigt noch Pauschalen für Werbungskosten und Sonderausgaben sowie einen Teil der Krankenversicherungsbeiträge.

So muss etwa eine Frau, die 2020 in Rente gegangen ist und 1.260 Euro monatliche Rente bezieht, zwar eine Steuererklärung machen, aber keine Steuern zahlen. Eine erste Schätzung, ob und wie viel Sie für die Einkommensteuer zurücklegen sollten, gibt es kostenlos bei "Finanztest".

Tipp 2: Extra einfaches Steuerportal für Rentner und Pensionäre benutzen

Die Finanzämter haben erkannt, dass ihr Steuerportal Elster für viele zu kompliziert ist. Allein schon die Registrierung, die mehrere Schritte erfordert, schreckt viele ab.

Deshalb gibt es extra für Ruheständler das Portal "Einfach Elster", eine abgespeckte Version. Nutzen können es alle, die neben Rente und Pension nur Kapital­erträge bis zur Höhe des Sparerpauschbetrags (bis 2022 801 Euro, ab 2023 1.000 Euro für Ledige, für Verheiratete jeweils doppelt so viel) o­der Einkünfte aus pauschal versteuerten Minijobs haben.

Die Registrierung geht schnell, die Formulare sind übersichtlich. Wer auch sonst im Internet surft und E-Mails nutzt, kommt damit sicher zurecht.

Tipp 3: Lohnsteuerhilfeverein oder Steuerberater als Starthilfe nutzen

Wer sich unsicher ist, ob er oder sie das mit der Steuererklärung hinbekommt, kann als Starthilfe vorübergehend einen Lohnsteuerhilfeverein oder einen Steuerberater einschalten. Da sich in der Rente an den persönlichen Verhältnissen oft nicht mehr viel ändert, reicht es häufig, die Abrechnung ein- oder zweimal von Fachleuten machen zu lassen. In den Folgejahren können viele mit dieser Vorlage selbstständig ihre Erklärung ausfüllen.

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Das kann gut investiertes Geld sein, wenn man zur Abgabe einer Erklärung verpflichtet ist. Denn Nichtstun kann teuer werden. Das Finanzamt kann Verspätungszuschläge von 25 Euro für jeden zu spät abgegebenen Monat festsetzen.

Egal, ob mit oder ohne Hilfe: Für die meisten Rentnerinnen und Rentner muss die Steuererklärung kein Schreckgespenst sein. Wer es schnell angeht, hat es schnell hinter sich – und dann wieder viel Zeit für Waldspaziergänge oder den eigenen Garten.

Zur Person: Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
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