Dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung wichtig ist, hat fast jeder schon mal irgendwo gehört. Trotzdem ist die Hürde, eine Police abzuschließen, für viele hoch. Fünf Gründe, warum es sich lohnt, das Thema anzupacken.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Kennen Sie das? Es gibt Dinge, von denen weiß ich genau, dass sie getan werden müssen, weil es nur schwieriger wird, je länger ich es hinausschiebe. Und trotzdem kann ich mich nicht dazu aufraffen. Leidtragende dieses Phänomens ist meine Kaffeemaschine, die immer schon mitleiderregend ächzt und stöhnt, bis ich endlich mit dem Entkalker anrücke. Von wichtigen Erledigungen ganz zu schweigen. Bis heute denke ich dankbar an die geduldigen Kundenberater meiner Auslandskrankenversicherung, bei denen ich meine Belege viel zu spät eingereicht hatte und die nach vielen Telefonaten trotzdem noch die Erstattung möglich machten.

Immerhin bin ich offenbar nicht allein damit. Beispiel Berufsunfähigkeitsversicherung: Bei einer Umfrage von "Finanztest" sagten fast alle Teilnehmer (97 Prozent), dass sie das Risiko einer Berufsunfähigkeit und den damit verbundenen Einkommensverlust kennen. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung, kurz BU, die wenigstens einen Teil dieses Risikos auffangen kann, haben nur 37 Prozent der – allerdings nicht repräsentativen – Gruppe der Teilnehmenden.

Wunsch und Wirklichkeit klaffen wie so oft im Leben auseinander. Zum Teil nicht freiwillig: Etwa die Hälfte der Befragten ohne Versicherung sagte, Alter, Krankheiten oder zu hohe Kosten seien Gründe, weshalb sie keine Police haben. Die andere Hälfte jedoch gehörte eher zur Gruppe "Morgen ist auch noch ein Tag".

Volles Verständnis von mir, siehe oben. Aber es hilft ja nichts. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte man abschließen, bevor es mit der Gesundheitsprüfung schwierig wird. Hier fünf Gründe, warum ich beim Thema Berufsunfähigkeit meine Aufschieberitis doch noch überwunden habe:

Grund 1: Je jünger man abschließt, desto einfacher und günstiger
Es gibt gute Gründe, sich so früh wie möglich um eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu kümmern. Die Versicherer kalkulieren den Beitrag auch nach dem Lebensalter: je jünger das Einstiegsalter, umso günstiger der Beitrag. Trotz längerer Einzahldauer rechnet sich ein früher Einstieg meistens. Zweitens sind Jüngere meist gesünder – das erleichtert die Gesundheitsprüfung enorm, und das Risiko, von einem Versicherer abgelehnt zu werden, ist deutlich geringer.

Grund 2: Es ist weniger kompliziert, als viele denken
Die größte Hürde in meinem Kopf war die Vorstellung, der Antrag auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung bedeute einen stundenlangen Kampf gegen Formularberge – mögliches Scheitern inbegriffen. Fakt ist: Es ist keine Versicherung, die man mit drei Klicks online abschließen kann, aber so schwierig, wie ich dachte, ist es auch wieder nicht.

Zur Vorbereitung sollte man die Fakten für die Gesundheitsprüfung zusammentragen. Am besten anhand der Patientenakte. Welche Krankheiten, welche Operationen, welche Diagnosen wurden in den vergangenen Jahren gestellt? Hier ist es wichtig, nichts zu vergessen, denn auch versehentlich weggelassene Krankheiten können im Ernstfall dazu führen, dass der Versicherer nicht leisten muss. Finanztest hat aufgeschrieben, wie Sie am besten vorgehen.

Grund 3: Es gibt Hilfe, um mit dem Antrag zurechtzukommen

Erste wichtige Maßnahme: Suchen Sie sich einen Versicherer, dessen Antrag bei "Finanztest" mit "sehr gut" bewertet wurde. Die Unterschiede in den Formulierungen machen viel aus, um die Fragen richtig beantworten zu können.

Zum Beispiel die Frage nach Atemwegserkrankungen. Bei einem Versicherer mit "sehr gutem" Antrag liest sich das so: "Sind Sie in den letzten fünf Jahren untersucht, beraten oder behandelt worden hinsicht­lich der Atmungsorgane (wie­ Asthma, chro­nische Bronchitis, Emphysem, Schlaf­apnoe)?"
Ein nur "ausreichender" Antrag fragt dagegen neben Krankheiten wachs­weich nach "Störungen und Beschwerden der Atmungs­organe". Mir als Kundin bleibt da nur Rätselraten – muss ich jeden Husten angeben oder nur schwere Diagnosen?

Um alle Gesundheitsdaten lückenlos zusammenzutragen, ist es sinnvoll, die bei Arztbesuchen gespeicherten Diagnosen der letzten fünf bis zehn Jahre zusammenzutragen. Helfen kann auch die Kassenärztliche Vereinigung Ihrer Region. Sie kann Gesund­heits­daten der vergangenen vier bis fünf Jahre bereit­stellen. Zweite Anlaufstelle ist Ihre Krankenkasse: Dort können Sie nach Artikel 15 der Daten­schutz­grund­ver­ordnung alle über Sie gespeicherten Daten anfordern.

Professionelle Helferinnen und Helfer gibt es gegen Bezahlung auch: Ohne vertragliche Bindung an einen Versicherer tun das Versicherungsmakler, die zwischen verschiedenen Produkten vieler Anbieter auswählen. Gegen Honorar helfen unabhängige Versicherungsberater. ­Sie verkaufen keine Policen, sondern beraten neutral (Adressen unter bvvb.de).

Grund 4: Es ist keine Entscheidung fürs Leben

Eine meiner inneren Hürden war: Ich weiß doch jetzt noch nicht, wie viel Geld ich brauche, falls ich in zwanzig Jahren berufsunfähig werde. Diese Angst lässt sich leicht abmildern. Viele Versicherungen bieten eine sogenannte Nachversicherungsgarantie. Das ist die Möglichkeit, bei größeren Lebensereignissen wie Heirat, Hauskauf, Geburt eines Kindes oder Beförderung die versicherte Rentenhöhe aufzustocken. Wichtig: Die Aufstockung sollte ohne erneute Gesundheitsprüfung möglich sein – sonst kann eine teure Neueinstufung erfolgen.

Grund 5: Das gute Gefühl danach hält über Monate und Jahre an

Für mich der wahrscheinlich wichtigste Grund, warum ich mich irgendwann aufraffen konnte, tatsächlich Zeit und Geld in eine BU-Versicherung zu stecken: Seit ich die Police in der Schublade habe, bin ich diese Sorge los. Jedes Mal, wenn ich daran denke, was alles passieren könnte – und glauben Sie mir, je älter man wird, desto mehr Gesundheitssorgen hat man – beruhige ich mich damit, dass ich wenigstens eine BU-Versicherung habe.

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Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von Finanztest und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin Finanztest gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und Finanztest sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
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