Wer zieht aus, was passiert mit Bankkonto, Kindergeld und der Steuer? Das per Gesetz geforderte Trennungsjahr vor einer Scheidung bringt viele Fragen mit sich. Wir zeigen, worauf Betroffene achten müssen.

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Aus und vorbei ist es mit der versprochenen lebenslangen Liebe - die Ehe ist gescheitert. In Deutschland ist das keine Seltenheit, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen.

Im Jahr 2017 gab es 407.466 Eheschließungen, aber auch 153.501 Ehescheidungen. Derzeit werden rund 38 Prozent aller geschlossenen Ehen geschieden.

Doch es kann dauern, bis eine Ehe richterlich geschieden werden kann. Der Gesetzgeber schreibt eine Bedenkzeit vor - auch wenn beide Partner einvernehmlich in die Scheidung einwilligen: Mindestens ein Jahr müssen sie getrennt leben. Nur dann kann nach dem Gesetz ein Scheitern der Ehe angenommen werden.

Beginn des Trennungsjahres

Wann beginnt das Trennungsjahr? Wenn ein Ehegatte dem anderen seinen Trennungswunsch unmissverständlich mitteilt und ab dann die Trennung auch lebt. Das heißt: Tisch und Bett müssen getrennt sein - was offensichtlich ist, sobald ein Ehegatte auszieht.

Die Trennung kann jedoch auch schon in der gemeinsamen Wohnung beginnen, wenn beide separate und konsequent voneinander getrennte Haushalte führen. Man muss nicht nur getrennte Schlafzimmer haben, sondern auch alle Gemeinsamkeiten in der Lebensgemeinschaft einstellen.

Das heißt: Alleine wirtschaften, sich weder um die Wäsche des anderen, noch um Einkäufe kümmern, getrennt essen, getrennt fernsehen, keine gemeinsamen Unternehmungen mehr. Ausnahmen sind nur im Interesse gemeinsamer Kinder zugelassen.

Da der Beginn des Trennungsjahres im Gesetz nicht genau definiert ist, rät Anny Millecker, Fachanwältin für Familienrecht in München, das genaue Datum der Trennung auf einem Papier zu vereinbaren oder das Trennungsdatum per Anwaltsschreiben an den anderen Ehegatten dokumentieren zu lassen.

Wohnung und Mietvertrag

Zieht ein Partner aus der gemeinsamen Wohnung aus, stellt sich die Frage nach dem Mietvertrag. Wenn beide unterschrieben haben, bleibt auch der ausgezogene Ehepartner dem Vermieter gegenüber in der Haftung für die Miete - und zwar für die gesamte Miete.

"Deshalb sollte mit dem Vermieter sofort geklärt werden, ob derjenige, der ausgezogen ist, aus dem Mietvertrag entlassen werden kann", sagt Rechtsanwältin Millecker. Ein Zurück in die gemeinsame Wohnung gebe es nach Ablauf von sechs Monaten nicht mehr.

Handelt es sich bei der Wohnung oder dem Haus um eine Immobilie, die einem Partner alleine gehört, darf er diese nicht ohne Weiteres ohne Zustimmung des anderen während des Trennungsjahres verkaufen.

Streiten sich die Eheleute um die Wohnung, kann einer gerichtlich die Überlassung beantragen, wenn beispielsweise das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist.

Kinder

Wer bekommt die Kinder? Damit die schwierige Situation für Kinder nicht noch schmerzhafter wird, sollten gleich zu Trennungsbeginn Betreuungszeiten sowie Umgangszeiten geregelt werden.

Bei großen Meinungsverschiedenheiten empfiehlt Juristin Millecker von Woche zu Woche zu planen und eine längerfristige Vereinbarung mit Hilfe professioneller Beratungsstellen zu versuchen.

In den schlimmsten Fällen, wenn ein Elternteil dem anderen den Umgang generell verweigere oder gar ohne Einwilligung des anderen mit den Kindern wegziehe, müssten Eilanträge beim Familiengericht gestellt werden.

Konto, Kosten, Hausrat und Unterlagen

Anny Millecker rät auch, Bankkonten sofort zu trennen. Die ehemaligen Partner hätten dabei den Anspruch zu erfahren, wie hoch das Vermögen des anderen sei. Das soll verhindern, dass aus der Zugewinngemeinschaft etwas beiseite geschafft werden kann. Bei Kreditverträgen sollte die Bank rasch über das Scheitern der Ehe informiert werden.

Unterlagen über Kredite oder Versicherungen gehören demjenigen, der darauf eingetragen ist. Der Andere darf sie deshalb nur kopieren. Sind beide beteiligt und sich nicht einig, verbleiben die Unterlagen laut Millecker in der Ehewohnung.

Gemeinsame Versicherungen sollten überprüft und gegebenenfalls gekündigt werden.

Um Ansprüche auf Unterhalt und Zugewinnausgleich schneller und verlässlicher regeln zu können, rät die Rechtsanwältin, vorsorglich Belege über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu kopieren und sicherzustellen.

"Besser ist es auch einen Unterhaltsbetrag zu vereinbaren", meint Anny Millecker, "statt laufende Zahlungen von Handyverträgen oder Mitgliedschaften des Ex-Partners zu begleichen."

Beim Hausrat sagt das Gesetz, dass der Ehegatte, der auszieht, die ihm gehörenden Haushalts-Gegenstände mitnehmen darf. Braucht der verbleibende Partner die Waschmaschine jedoch dringender wegen der Kinder, muss er sie dem anderen bis zur Scheidung überlassen.

"Gemeinsamer Hausrat, der während der Ehe angeschafft wurde, ist nach Billigkeit aufzuteilen", so die Juristin - vereinfacht gesagt: die Verteilung sollte fair geschehen.

Steuerlichen Regelungen

Im Trennungsjahr können die Partner noch eine gemeinsame Steuererklärung abgeben, wenn dies wirtschaftlich vorteilhaft ist. Eine Zusammenveranlagung in dem auf die Trennung folgenden Jahr, ist nicht mehr zulässig.

Die Steuerklasse muss grundsätzlich geändert werden, sobald eine "dauerhafte Trennung" vorliegt, spätestens jedoch mit Beantragung der Scheidung.

Scheidungsantrag und anwaltliche Vertretung

Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung geschieden werden. Viele Getrennte fiebern dem Ablauf des lästigen Trennungsjahrs entgegen, um endlich den Scheidungsantrag einreichen zu können - was nur per Rechtsanwalt geht.

Solange muss man jedoch nicht warten, denn es genügt, wenn das Trennungsjahr beim Scheidungstermin abgelaufen ist.

"Da es oft mehrere Monate dauert, bis das Scheidungsverfahren terminiert ist, kann man den Antrag meist schon zwei Monate vor Ende des Trennungsjahres stellen", erklärt Millecker.

Sind sich die Partner einig, genügt es, wenn nur ein Ehegatte im Scheidungstermin durch einen Rechtsanwalt vertreten wird und der andere Ehegatte der Scheidung persönlich zustimmt. Bei einer streitigen Scheidung hingegen brauchen die Eheleute zwei Anwälte.

Verwendete Quellen:

  • Expertengespräch mit Anny Millecker, Rechtsanwältin Fachanwältin für Familienrecht. Sie ist Mitglied der Kanzlei Theatiner Rechtsanwälte in München und Mitautorin des Fachbuches "Der Anwalt im Familienrecht", erschienen im Bund-Verlag.
  • Trennungsjahr vor der Scheidung - Ist die Ehe endgültig gescheitert?
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