Sich vor der Hochzeit Gedanken über eine mögliche Scheidung machen? Klingt unromantisch, ist aber wichtig. Ein Ehevertrag mag langweilig und oft auch peinlich sein, kann aber vor dem finanziellen Ruin sowie dem Verlust von Zeit, Nerven und Lebensfreude bewahren. Wir verraten Ihnen, warum ein Ehevertrag wichtig ist und wie man diesen aufsetzt.

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Wer heiraten will, braucht keinen Ehevertrag. Nach deutschem Recht leben Eheleute in einer Zugewinngemeinschaft, in der das Vermögen der beiden Partner grundsätzlich getrennt bleibt.

Erst im Fall der Scheidung findet ein Zugewinnausgleich statt. Das heißt: Derjenige, der während der Ehe einen höheren Vermögenszugewinn erzielt hat, muss dann die Hälfte der Differenz an den Partner abführen.

Wer diese Regelung unpassend für sich findet, kann sie durch einen Ehevertrag auf seine individuellen Umstände anpassen lassen - beim Notar oder Anwalt.

Anny Millecker ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht mit eigener Kanzlei in München und rät, einen Fachanwalt aufzusuchen, bevor der Vertrag notariell beglaubigt und damit rechtsgültig wird: "Es gibt heutzutage so viele unterschiedliche Konstellationen, dass ein Ehevertrag genau auf die jeweiligen Eheleute zugeschneidert sein muss."

Der beste Zeitpunkt für einen Ehevertrag

Grundsätzlich kann ein Ehevertrag zu jedem Zeitpunkt des Zusammenlebens zweier Partner abgeschlossen werden – sowohl vor der Eheschließung als auch während der Ehe, selbst im Scheidungsverfahren gibt es mit der Scheidungsfolgenvereinbarung noch eine letzte Möglichkeit.

Als ideal gilt jedoch die Zeit vor der Hochzeit, wenn sich Paare noch gut verstehen und von einer gemeinsamen Zukunft träumen.

"Da ein Rechtsanwalt nur einen Partner vertreten darf, kommt beim anderen Partner oft Misstrauen auf, ob er nicht übervorteilt wird - aber das ist ein ganz normaler psychologischer Effekt", sagt Anny Millecker.

Ihrer Erfahrung nach gelangt man auf diesem Weg am schnellsten zur Einigung: Ein Partner lässt einen Vertragsentwurf erstellen, beide sehen ihn sich an und passen ihn dann auf ihre individuellen Bedürfnisse an.

Wer einen Ehevertrag abschließen sollte

Bei den meisten Trennungen führen die gesetzlichen Regelungen zu einem fairen Ergebnis. Dennoch gibt es Fälle, in denen eine abweichende Regelung durch Ehevertrag besonders sinnvoll ist. Dazu gehören für die Münchner Anwältin:

  • Menschen, die bereits vor der Ehe hohe Vermögenswerte, insbesondere Immobilien, besitzen
  • Partner, zwischen denen großen Vermögensunterschiede bestehen
  • Ehen von Unternehmern oder Selbstständigen
  • Leute, die wissen, dass sie etwas mit künftiger Wertsteigerung, beispielsweise Immobilien, während der Ehe erben
  • ein Partner bringt bereits vor der Ehe bestehende Schulden mit in die Ehe
  • Doppelverdiener-Ehen ohne Kinder
  • beide Ehepartner sind im fortgeschrittenen Alter, waren bereits verheiratet und haben Kinder aus der vorhergehenden Ehe
  • Paare mit unterschiedlichen Nationalitäten

"Für diese Gruppen ist ein Ehevertrag besonders sinnvoll, da sie sonst im Extremfall vor dem finanziellen Ruin stehen können", erklärt Anny Millecker.

Bei internationalen Ehen beispielsweise sei es wichtig, im Ehevertrag festzulegen, nach welchem Recht die Scheidungsfolgen durchzuführen seien. "Denn es gibt Rechtsordnungen - zum Beispiel in Katalonien - bei denen die Ehefrau bei einer Scheidung deutlich schlechter dasteht als in Deutschland."

Was im Ehevertrag geregelt sein sollte

"Die Regelung von Vermögensausgleich und Auseinandersetzung gemeinsamen Vermögens, Altersversorgung und Unterhaltszahlungen, das sind die wichtigsten Säulen eines maßgeschneiderten Ehevertrages, der Rest ist sehr individuell", erklärt die Expertin.

Wenn Kinder geplant oder schon da seien, sollten auch deren Unterhaltsansprüche und die Ansprüche des betreuenden Elternteils geregelt werden. Dann habe man für den schlimmsten Fall einen vollstreckbaren Titel in der Hand.

"Sorgerecht, Umgangsrecht und Aufenthaltsrecht kann man zusätzlich in den Vertrag aufnehmen, ebenso wie Hausratsregelungen", meint Millecker.

Der Vorteil dieser klaren Regelungen sei, dass der Unterhalt bis zur Scheidung und darüber hinaus geregelt sei und Eltern nicht mehr um die Kinder streiten müssten.

Aus ihrer langjährigen Erfahrung weiß sie, "dass das Streitpotenzial sich immer auf die Kinder auswirkt, egal wie alt sie sind - und diese Belastung sollte man ihnen möglichst ersparen".

Bei der Altersversorgung geht es um den Versorgungsausgleich. Das ist der Ausgleich von Rentenanwartschaften, die Ehepaare während der Ehe erwerben.

Ist in puncto Vermögen keine klassische Zugewinngemeinschaft gewünscht, dann kann diese modifiziert oder eine Gütertrennung vereinbart werden.

Die Kosten eines Ehevertrags

Beim Notar gibt es ein Notarkostengesetz, nach der die Beurkundungsgebühren für Eheverträge bemessen werden. Je nach Gegenstandswert der Vereinbarung ergibt sich der Betrag aus einer Tabelle.

"Haben Ehegatten beispielsweise ein Reinvermögen von 80.000 Euro, würde die einfache Gebühr für die notarielle Beurkundung rund 219 Euro plus Mehrwertsteuer betragen, für beide Partner zusammen also rund 530 Euro", erläutert Anny Millecker.

Wer sich beim Fachanwalt einen Ehevertrag aufsetzen oder den Notarvertrag prüfen lässt, muss noch Anwaltskosten hinzurechnen.

Über die Expertin: Anny Millecker ist seit 1994 Rechtsanwältin und seit 1998 Fachanwältin für Familienrecht. Sie ist Mitglied der Kanzlei Theatiner Rechtsanwälte in München und Mitautorin des Fachbuches "Der Anwalt im Familienrecht", erschienen im Bund-Verlag.
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