Die deutsche Radarfalle wird 55 Jahre: In Düsseldorf stellte die Polizei am 15. Februar 1959 die ersten deutschen Blitzer auf. Seitdem erhitzt das Thema die Gemüter und läuft eine Debatte, ob Geschwindigkeitskontrollen die Straßen sicherer machen oder ob sie ausschließlich eine gute Einnahmequelle für Kommunen sind.

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Bielefelder Berg: die erfolgreichste Radarfalle

Als der erfolgreichste Starenkasten gilt die Anlage am Bielefelder Berg auf der Autobahn 2. Seit dem ersten Lichtblitz am 8. Dezember 2008 lösten die Kameras mehr als eine Millionen Mal aus. 550.000 Verfahren wurden laut der "Süddeutschen Zeitung" bis Ende 2013 eingeleitet, für die Stadt Bielefeld entstanden Einnahmen von 34,5 Millionen Euro.

Blitzerwarner und Blitzer-Apps

Navigationsgeräte oder Smartphones als Wegweiser gelten heute als Standard. Mit ein paar Klicks ist die entsprechende App oder die Einstellung fürs Navi gefunden. Wer solche Geräte als Blitzer-Unterstützung Zuhause nutzt, verhält sich regelkonform. Wer diese Helfer aber während der Fahrt einsetzt, macht sich strafbar. 75 Euro Bußgeld und vier Punkte in Flensburg sind die Folge. Navis nimmt die Polizei in solchen Fällen in Gewahrsam, Apps müssen gelöscht werden.

Bußgelder für Tempodelikte

Bußgelder sind ein gutes Stichwort: Schon wer einen Stundenkilometer zu schnell fährt, riskiert eine Strafe von mindestens zehn Euro. Dabei unterscheidet die Polizei Temposünden in Orten und außerorts. In Kommunen drohen bei einer Geschwindigkeits-Überschreitung von 70 km/h ein Bußgeld von 600 Euro, bis Mai 2014 (Punktereform) vier Punkte in Flensburg und drei Monate Führerscheinentzug. Auf dem Land liegt das Bußgeld für das gleiche Vergehen sogar bei 680 Euro.

Dazu kommen mögliche Verstöße bei nichtangepasstem Tempo und die Gefährdung von Kindern, Hilfebedürftigen sowie Älteren. Wer in der Probezeit zum Temposünder wird, muss ein Aufbauseminar besuchen und die Probezeit wird von zwei auf vier Jahre verlängert.

Diese Städte verdienen gut mit Blitzer-Bußgeldern

Radarfallen sind nicht nur für die Stadt Bielefeld mit ihrer Anlage auf der A2 ein einträgliches Geschäft. Die "Initiative gemeinsam gegen Blitzerabzocke" schätzt die Einnahmen von Spitzenreiter Berlin auf jährlich knapp 26 Millionen Euro, Köln kann sich demnach auf 15,8 Millionen Bußgelder im Jahr freuen, in Hamburg sind es immerhin noch Einnahmen von 12,1 Millionen. Selbst Listenplatz zehn, Stuttgart, ist mit einer geschätzten Summe von 4,6 Millionen dabei.

Die Interessengemeinschaft setzt sich aktiv gegen Radarfallen ein und sammelt Ortsdaten von Starenkästen. Außerdem ist auf der Homepage der Bürgerinitiative eine Blitzer-Bußgeld-Uhr zu sehen, die Mitte Februar 2014 bereits weit über 70 Millionen Euro für Deutschland anzeigte.

Liebe und Abneigung: der Blitzermarathon

Im Oktober 2013 waren bundesweit knapp 15.000 Polizisten einen ganzen Tag lang Temposündern auf der Spur. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hatte damals den Blitzermarathon so verteidigt: "Es gibt kein Recht auf zu schnelles Fahren und es gibt auch nichts, was die Gefährdung von Menschenleben rechtfertigt." Die Polizeigewerkschaft will möglichst bald die umfassende Überprüfung wiederholen, im Gespräch ist der September 2014.

Von der flächendeckenden Kontrolle hält der Präsident des Verkehrsgerichtstages, Kay Nehm, jedoch wenig. Solche Aktionen seien "symbolische Handlungen mit begrenzter Wirkung", wie er dem "Weser Kurier" sagte. Michael Haberland, Präsident des Klubs "Mobil in Deutschland", formuliert seine Abneigung drastischer. Dem "Focus" teilte er mit, dass er Blitzen für einen Selbstzweck zur "Geldeinnahme und Abzocke" hält.

Radarfalle: hohe Fehlerquote

Bei den Starenkästen unterlaufen der Polizei offenbar einige Fehler. So werden Geräte falsch aufgebaut, Messstellen sind ungeeignet, die Auswertung ist falsch oder das Foto ist unscharf. "Bis zu zehn Prozent aller Geschwindigkeitsmessungen haben Fehler, die zum Teil auch die Messwertergebnisse selbst betreffen", berichtete der Verkehrs-Sachverständige Roland Bladt der "Auto-Bild". Weil zudem die genaue Funktionsweise von Geräten oft nicht nachvollzogen werden könne, sind offenbar in den zurückliegenden Jahren immer wieder Verfahren eingestellt worden.

Toleranzgrenze für stationäre Blitzer

Blitzergeräte werden von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig und Berlin zugelassen, die auch die relative Genauigkeit festgelegt hat. Für gemessene Geschwindigkeiten unter 100 Stundenkilometern wird eine Toleranz von 3 km/h abgezogen. Über 100 km/h sind es drei Prozent.

Wehren gegen Blitzerfehler

Wer sich gegen einen Blitzerfehler wehren möchte, sollte sich beeilen. Innerhalb von zwei Wochen muss der Einspruch bei der Behörde eingegangen sein (§ 67 Absatz 1 OWiG). Das lohnt sich jedoch erst bei höheren Bußgeldern und Strafen. Das Recht auf Einsicht in die Akte würde ausschließlich dem Rechtsanwalt des Betroffenen gewährt, erklärt Anwältin Saskia Ratz der "Mitteldeutschen Zeitung". Damit kann nur der Rechtsvertreter mögliche Fehler direkt nachweisen. Sein Engagement kann aber teuer werden.

Verjährung einer Temposünde

Allgemein gilt für Bußgeldbescheide nach § 26 Absatz 3 StVG eine Verjährungsfrist von drei Monaten, doch kann sich dieser Zeitraum bei einem Verfahren auf sechs Monate verlängern. Bei Vernehmungen und Ermittlungen oder anderen juristischen Vorgängen kann die Verjährungsfrist sogar unterbrochen werden (§ 33 OWiG).

Geblitzter Fahrer nicht gleich Halter

Wenn der Temposünder auf dem Beweisfoto der Polizei nicht als Fahrzeughalter auszumachen ist, schickt der ermittelnde Beamte einen Zeugenfragebogen. Soweit es nicht um Angaben zur eigenen Person geht, kann man im Fall von engen Verwandten und Angehörigen auf das Zeugnisverweigerungsrecht (§ 383 ZPO, § 52 StPO) zurückgreifen.

Die zuständige Behörde versucht dann eigenständig den Fahrer zu ermitteln. Dabei kann sie den Halter eventuell als Zeuge vorladen, auch hier ist das Zeugnisverweigerungsrecht eine mögliche Option. Doch wenn es den Beamten nicht gelingt, einen Fahrer zu ermitteln, sind sie dazu in der Lage, den Halter zum Führen eines Fahrtenbuchs zu zwingen (§ 31a StVZO).

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