Einen Radmarathon zu absolvieren bedeutet nicht nur sich durchzubeißen. Der Granfondo Squali an der Adriatischen Küste ist einer der schönsten Granfondos, die unsere beiden Roadbike-Redakteure Thomas und Georg erleben durften. Die beiden nehmen dich mit auf den Squali quer durch die hügelige Landschaft der Romagna.

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Cattolica, 11.05.2024 / Der Granfondo Squali und die Frage: Wo stecken die weißen Radschuhe?

Trotz langjähriger Erfahrung im Radsport sind die letzten Stunden vor dem Start auch für unseren Redakteur Georg immer noch mit einer gewissen Aufregung erfüllt. So fehlten im Trubel der morgendlichen Stunden mit üppigem Frühstück, Anziehen und letzte Radkontrolle plötzlich die schönen frisch gewienerten weißen Radschuhe. Nach hektischer Suche im ganzen Hotel Monetti unter Einbindung des hilfsbereiten Personals erfolgte der Umstieg auf die blauen Schuhe, man hat ja nicht ewig Zeit.

Nun rollten die beiden Redakteure Tom und Georg schließlich durch Cattolica zum Start des Granfondo in Richtung Shark Arena.

Grandfondo Squali: Quer durch die Emilia Romagna

Trotz seiner "erst" neunten Austragung konnte sich der 2015 zum ersten Mal durchgeführte Granfondo mit Festcharakter als einer der beliebtesten Radmarathonveranstaltungen der Emilia Romagna etablieren. Das könnte zum einen am Termin unmittelbar vor dem weltweit bekanntesten Granfondo Nove Colli liegen. Oder auch an der Strecke selbst, die mit ihren weniger brutalen drei Bergen zwar den Radfans einiges abverlangt, aber am Ende, obschon der 2020 zu meisternden Höhenmetern auf 128 km Länge dennoch eine Spur leichter ist.

Mit einem Hai als Wahrzeichen, die in der Adria-Region durchaus im Meer und im Aquarium in Cattolica schwimmen, gibt sich die Region mit dem Granfondo Squali jährlich Anfang Mai die Ehre. Es sei kein Radrennen, sondern ein Event, so wirbt der Veranstalter im Chef Filippo Magnani für das Spektakel.

Bereits freitags geht’s mit Einschreibung und dem Programm für die Jüngsten los, die dann über einen abgesteckten Parcours mit Mountainbikes heizen dürfen. Am Samstag läuft dann der Squali Gravel Cup über epische 100 oder genüssliche 48 km. Teilnehmen kann jeder, gefahren wird mit Gravelbikes, E-Gravelbikes, MTBs mit und ohne E. Fortschrittlich waren die Italiener beim Radsport immer.

Am Sonntag steht dann das Highlight, der lange Grandfondo mit seinen 128 Km an. Für weniger Fitte kommen die 85 km mit "bloß" 1393 hm infrage und wer gar mit der Familie angereist ist, kann die Familientour mit 46 km genießen.

Um dem ganzen eine Art "Volksfestcharakter" zu verleihen, wird in der Shark-Arena in Cattolica jede Menge Trubel rund um den Radsport geboten: Trikothersteller bieten ihre schönsten Stücke an, etliche der Sponsoren sind mit eigenen Ständen vertreten und eine große Leinwand überträgt live von den einzelnen Veranstaltungen. Natürlich kommt auch das Kulinarische nicht zu kurz.

Mit 3000 Startern auf der Corso Itaila in Cattolica

Wir staunten nicht schlecht, als wir die rund 3000 Teilnehmer der beiden Touren mit 128 und 85 km am Start auf der Corso Italia nahe der Shark-Arena stehen sahen. Die Einladung als Pressevertreter aus der ersten Reihe starten zu dürfen, lehnten wir dankend ab. Das Flair der Strecke und seiner Teilnehmer wollten wir mitnehmen und gesellten uns ganz an den Schluss; nachdem wir einige 100 m von der ersten bis zur letzten Startreihe passierten. "Mehr als 3500 Teilnehmer nehmen wir in den kommenden Jahren nicht an", klärt uns Orga-Chef Magnani auf. "Mehr können wir organisatorisch einfach nicht stemmen."

Bereits wenige Minuten nach dem Startschuss setzten wir uns in Bewegung, und es wurde gleich relativ zügig gepaced. Obwohl wir uns im hinteren Feld mit vermutlich eher unbedarften Radsportlern ohne große Rennerfahrung befanden, liefen die ersten Kilometer zwar schnell, aber diszipliniert und gut geordnet ab. Hut ab und ein Dankeschön an die Organisation für die gute Streckenabsicherung und Beschilderung.

Nach den ersten recht hektischen, gut 20 Km teilte sich die Strecke bei Santa Maria del Monte: links ging die 85er-Runde weg, rechts führte uns die Route auf die große Schleife. Das anschließende Tal bolzten wir gleichmäßig im großen Blatt bis zum Fuße des Monte Altavellio. Die ersten rund 3 Km begannen steil und die warme Maisonne erzeugte schnell erste glänzende Schweißtropfen auf Armen und Beinen. Wir waren flott unterwegs, der Rettungsring bleibt noch sauber. Dennoch kam die erste Abfahrt durchaus gelegen, als es nach dieser ersten "Eingewöhnung" wieder bergab geht. Doch die Freude an der Abfahrt währte nur kurz, abermals schlängelte sich die Straße weitere drei Kilometer den Berg hinauf. Die Bergkuppe mit der ersten Verpflegungsstation ließ sich noch nicht einsehen, sodass das Kopfkino verschiedene Szenarien durchspielte: moderat, steil, Worst Case: Wiegetritt mit dem Rettungsring. Die letzten Kilometer pedalierten wir dann gleichmäßig atmend dem Gipfel entgegen. Der Berg zeigte sich recht gnädig und im kontinuierlichen Rhythmus des Bergtritts schraubten wir uns mit rasendem Herzen einträchtig Meter für Meter empor. Zum Glück spendierten einzelne Baumgruppen immer wieder Schatten, sodass wir geschafft, aber freudig an der ersten Labe ankamen. Die ersten 57 km waren geschafft, der schwerste Berg lag hinter uns!

Top Verpflegung unterwegs

Bereits 26° zeigt das Thermometer, als wir mit vollen Backen Kuchen, Bananen und belegte Brötchen mampften und Cola und Wasser in uns hineingossen, verschnauften und die beeindruckend schöne Landschaft rundum erblickten.

In der anschließenden Abfahrt hieß es Maß nehmen zwischen dem Rausch der Geschwindigkeit und den Ausblicken der pittoresken hügeligen Gegend der Emilia Romagna im Hinterland des Küstenstreifens. Nach einer kurvenreichen und sehr gut abgesicherten Abfahrt gesellten wir uns im anschließenden Tal zu einer Gruppe dazu und wir buckelten abwechselnd im Windschatten bis San Giorgio, dem Fuß des zweiten Berges des Tages. Wie bei den berühmten großen Rennen stürmten wir in den Anstieg hinein und flogen die ersten Serpentinen hinauf. Der Berg zeigte sich von seiner charmanten Seite und die moderate Steigung lud uns zu einer schnellen Kletterei ein. Wie einst der große Radkünstler Marco Pantani kurbelten wir im flinken Stakkato bis Mondiano hinauf, es lief gut!

Die ersten zwei Drittel waren nun bald vorbei um und die beiden Roadies Tom und Georg nahmen nach der herrlichen Abfahrt von Mondiano die anschließenden Wellen bis Tavullia im Angesicht des nahen Ziels mit schnellen Tempi und atemberaubenden Schräglagen: Die Strecke war gut ausgeschildert und Gefahrenpunkte wurden rechtzeitig angezeigt. So schön kann Radsport sein!

Kurbeln mit optischen Genüssen

Auf der Panoramica del Parco San Bartolo schweifte unser Blick gelegentlich vom grauen Band des Asphalts ab und wir genossen die Ausblicke, die die Panoramastraße bietet: im Osten bis zum Meer, im Süden in die Berge.

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Wellenartig zog sich die Panoramica dahin und die Strecke mündete in den letzten Anstieg des Tages im San Bartolo Park Nature Reserve über: der flachste der drei Berge. Die Beine waren auch bereits etwas angeknockt, radelten wir nunmehr locker dem Ziel entgegen und genossen die letzten Kilometer. Bei 2000 Hm blieb Georg stehen und meinte zu Kollege Tom: Ich bin da, aber wo ist das Ziel? Nun, ein paar Höhenmeter im schönen Naturreservat waren noch zu absolvieren, also ging’s wieder rauf aufs Rad, bevor die letzte Abfahrt mit einigen lang gezogenen Kurven entlang der Adriaküste für die Kletterei entlohnt.

Arm in Arm fahren die beiden Squali-Finisher in Gabicce Mare ins Ziel. Schade, dass es schon vorbei war! Und die weißen Radschuhe? Waren im Hotelzimmer.

Redakteur Georg Zeppin zum Granfondo Squali

Die Strecke ist herrlich, wird nicht langweilig und die Höhenmeter gut verteilt. Löblich: Dank der ausgeklügelten Streckenführung waren am Sonntag tatsächlich nur wenige Autos unterwegs. Der Grandfondo ist vom Sportlichen her nicht so knallhart wie ein Alpenmarathon und gerade deshalb faszinierend. Man kann die Runde mit den drei Bergen und der Panoramastraße richtig genießen. Organisatorisch zieht die Crew um Fillipo Magnani alle Register und stellen ein lupenreines Radsportevent auf die Beine: Strecke, Sicherheit und Verpflegungsstationen sind bestens geplant. Da wir ja auch bewusst hinten gestartet sind, waren an den Verpflegungsstationen immer noch jede Menge Kuchen, Brötchen, Obst und Getränke vorhanden. Ein Kompliment an die Helferriege: Alle Helfer bemühten sich sehr um uns Teilnehmer und auch mein Schwäbisch-Italienisch erzeugte stets ein freundliches Lächeln. Die Finisher-Holzmedalie hängt bei mir im Büro. Ich komm' auf jeden Fall wieder. Zu guter Letzt: Thomas, es war spitze mit dir!

Redakteur Thomas Terbeck zum Granfondo Squali

Irre, was hier in Italien für ein Aufwand bei einem Granfondo betrieben wird. Zahlreiche Helfer und Freiwillige tragen am Start, Ziel, Verpflegungsstationen und an den Straßen zu einem tollen Gesamterlebnis bei. Es ist ein herrliches Gefühl, über abgesperrte Straßen Radrennen zu fahren. Vor allem, wenn es durch solch eine abwechslungsreiche Landschaft wie hier in der Emilia-Romagna geht. Die Strecke hat im wahrsten Sinne ihre Höhepunkte, bei denen Schweiß fließt, ohne aber trotz der über 2000 Höhenmeter als zu hart empfunden zu werden. Mir gefiel das gut geplante Auf und Ab der Strecke prima. Beifall klatschende Zuschauer an der Ziellinie, die jeden noch so abgehängten Teilnehmer bejubelten, zeigt, welchen Stellenwert der Granfondo Squali in der Region hat. Zusammengefasst ein rundherum gelungenes Radsportevent. Chapeau an der Stelle auch an meinen Kollegen Georg, mit dem das Rennradfahren hervorragend harmonierte und ein Riesenspaß war.

Weitere Informationen zum Grandfondo Squali: granfondosquali.it

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