Auf Rhodos und in anderen Teilen Griechenlands toben Waldbrände. Auch Urlauber sind betroffen. Welche Rechte Reisende haben - vor Ort aber auch vor Antritt der Reise.Es geht um die umfangreichste Evakuierungsaktion in der Geschichte Griechenlands: In zahlreichen Gebieten des Landes toben Brände. Davon betroffen sind auch viele deutsche Urlauberinnen und Urlauber. Derzeit befinden sich laut dem Deutschen Reiseverband (DRV) allein auf Rhodos etwa 20.000 Menschen aus Deutschland, die ihre Reise über einen Veranstalter gebucht haben.Die von den Feuern betroffenen Reisenden stehen vor reiserechtlichen Fragen, etwa, wie sie schnellstmöglich nach Hause zurückkehren können und ob sie eine Erstattung für zusätzlich anfallende Reisekosten erhalten. Personen, die eine Reise in ein Gebiet geplant haben, das von einem Waldbrand bedroht wird, möchten nun ebenfalls wissen, wie sie ihre Pläne stornieren oder welche Ansprüche sie haben. Eine Zusammenfassung.Urlauber, die momentan im Rahmen einer Pauschalreise von den Folgen der Feuer betroffen sind, haben das Recht, vom Vertrag mit dem Veranstalter zurückzutreten und ihre Reise vorzeitig abzubrechen. Der Jurist für Reiserecht, Paul Degott, bestätigt, dass es sich hierbei um außergewöhnliche Umstände handelt, die diese Maßnahme rechtfertigen.Laut der Verbraucherzentrale NRW zählen auch Vulkanausbrüche, Lawinenabgänge, Erdbeben und Seebeben sowie andere Naturkatastrophen im Reisegebiet oder in unmittelbarer Nähe zu diesen außergewöhnlichen Umständen, die früher als "höhere Gewalt" bezeichnet wurden.Werden nicht erbrachte Leistungen erstattet?"Zur Beurteilung, ob unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, durch die Sie in der Folge kostenfrei von einer Pauschalreise zurücktreten können, helfen die Äußerungen des Auswärtigen Amtes." Obwohl formelle Warnungen ein wichtiger Hinweis seien, seien sie keine Voraussetzung für das Rücktrittsrecht."Bezogen auf Rhodos kann man das sagen: Die Situation ist eine Katastrophensituation geworden", erklärt Degott. Die Erfüllung von Reiseverträgen sei nicht mehr möglich, wenn Hotels unter Asche begraben seien und geräumt werden müssten, während Reisende in Hallen auf ihre Ausreise warteten.Wenn eine Reise also objektiv zu Ende sei, müsse der Reiseveranstalter den Reisepreis erstatten. Der Europäische Gerichtshof habe das jüngst in einer Entscheidung unterstrichen, so Degott. Dabei müssten Rückzahlungen nur "für nicht erbrachte Leistungen" erfolgen und nicht für die Urlaubstage, die die Reisenden vor Eintritt der außergewöhnlichen Umstände verbracht haben.Falls eine Reise unvermeidbar aufgrund von unvorhergesehenen Umständen erheblich beeinträchtigt ist, sollten Pauschaltouristen am besten die Reiseleitung vor Ort oder schriftlich per E-Mail den Vertragspartner kontaktieren. Alternativ empfiehlt Nicole Bahn von der Verbraucherzentrale Bremen, dass Urlauber die Hotline des entsprechenden Veranstalters anrufen.Veranstalter sind verpflichtet, Unterstützung zu bietenBei Notfällen wie dem in Griechenland ergreifen die Veranstalter jedoch ohnehin Maßnahmen. "Der Veranstalter ist verpflichtet, Beistand zu leisten", informiert Degott. Der Deutsche Reiseverband (DRV) erklärt: "Die Reiseveranstalter sind in engem Kontakt mit den Behörden vor Ort, beobachten die Entwicklung sehr genau und arbeiten mit Hochdruck an Lösungen für die von den Evakuierungen betroffenen Gäste." Veranstalter sind laut Reiserechtler Degott nicht nur dazu verpflichtet, bei der Organisation von Ersatzunterkünften und bei der Umbuchung von Rückflügen zu helfen, sondern auch die anfallenden Kosten zu tragen. Sollte eine Beherbergung notwendig sein, müssen sie für maximal drei Nächte aufkommen.Doch es gebe auch einen "worst case" – falls zum Beispiel kleinere Veranstalter nicht in der Lage sind, schnell genug Hilfe zu leisten. "Wenn in einem halben Tag keine Lösung vorliegt, muss ich selbst handeln." Wenn die Betroffenen die anfallenden Kosten im Voraus bezahlen, gibt es jedoch zwei wichtige Aspekte zu beachten:Der Veranstalter muss darüber informiert werden, dass die Geschädigten ihm später die Ausgaben in Rechnung stellen werden. Diese Information kann per E-Mail oder über eine Whats-App-Nachricht weitergegeben werden, jedoch ist es ratsam, einen Screenshot als Beleg zu machen.Außerdem muss "der andere Teil die Möglichkeit gehabt haben, selbst Abhilfe zu schaffen." Es ist also erforderlich, den Veranstalter über die Notwendigkeit zu informieren. Andernfalls besteht das Risiko, dass das Geld weg ist. Nicole Bahn erklärt, dass es ausreichend sei, dem Reiseveranstalter eine E-Mail mit den entsprechenden Belegen zu senden, um später mögliche Ansprüche geltend zu machen.Weniger Rechte für IndividualurlauberIndividualurlauber haben weniger Rechte als Pauschalreisende. Doch sie müssten ebenfalls schnell handeln und könnten nicht warten "bis das Gepäck verbrannt ist", erklärt Degott. Um sich zumindest ein wenig abzusichern, könne generell eine Reiseabbruchversicherung in Erwägung gezogen werden. "Werfen Sie einen Blick in die Versicherungsbedingungen, ob diese außerordentliche Umstände inkludieren."Falls Individualreisende knapp bei Kasse sind und nicht genug Geld für eine Ersatzunterkunft oder das Umbuchen ihres Rückflugs haben, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich an eine Deutsche Botschaft oder Deutsche Vertretung zu wenden, um im Rahmen einer Spontanhilfe die "Reisekasse aufzufüllen". Es ist jedoch zu beachten, dass der Staat kein Geld verschenke und dieses später zurückgezahlt werden müsse.Wann Sie stornieren dürfenWer den Urlaub noch vor sich hat, ist nicht von der Not vor Ort betroffen. Es stellt sich aber die Frage, ob man die Reise antreten sollte oder nicht. Finden sich am Zielort "außerordentliche Umstände, die es nach eigener Prognose unmöglich machen, die Reise so durchzuführen, wie ich sie gebucht und bezahlt habe", ist eine Stornierung ohne zusätzliche Stornogebühren seitens des Veranstalters möglich, erklärt Degott.Betroffene haben bei so einem "Reiserücktritt vor Reiseantritt" das Recht, den vollen Reisepreis vom Reiseveranstalter zurückzufordern. Das sei im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. Laut dem Reiseverband arbeitet die Branche im Falle von Rhodos und Griechenland allgemein an Lösungen: "Sollten in den kommenden Tagen geplante Reisen aufgrund der aktuellen Situation nicht möglich sein, werden die Veranstalter diese absagen. Die betroffenen Urlaubsgäste werden dann so schnell und so frühzeitig wie möglich informiert", hieß es vom DRV.Auch hier gestaltet es sich schwieriger für Individualurlauber, deren Reise noch bevorsteht. Die Verbraucherzentrale NRW teilt mit, dass das Gesetz des Landes gelte, in dem sich die Unterkunft befinde, falls diese direkt bei einem Eigentümer im Ausland gebucht wurde."Im Zweifel muss ich mich mit dem Vermieter, zum Beispiel nach griechischem Mietrecht, auseinandersetzen", fügt Degott hinzu. Es könne erfolgreicher sein, direkt auf Kulanz zu setzen und dem Vermieter vorzuschlagen, die Reise zu verschieben und die Unterkunft beispielsweise im Herbst zu beziehen. Der Vermieter möchte seine Kunden schließlich nicht "vergraulen".   © dpa

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