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Polen als Urlaubsland haben vor allem westdeutsche Wohnmobilfahrern noch wenig im Blick. Zu Unrecht, meint promobil und nimmt Sie mit auf eine ausgiebige Erkundungsreise durch das vielseitige Land.

Reich an Natur ist fast ganz Polen. Besonders viele seeblau-grüne Landschaften besitzt die Woiwodschaft Ermland-Masuren im Nordosten. Auf ihrer Fläche, die zu einem Drittel nur aus Wald besteht, drängen sich rund 3.000 Seen, oft verbunden durch Flüsse und Kanäle – perfekt für abwechslungsreiche Paddel- oder Segeltouren. Blick aufs Wasser bieten ebenso die meisten Rad- und Wanderwege. Den Zugang zur Ostsee bildet das Frische Haff. Gras- und schilfbewachsen, laden dessen stille Ufer und menschenleere Strände zum Entspannen ein.

Kein Wunder, dass man hier so gerne campt. Die meisten Gäste kommen, um die sanfte Wildnis dieser Gegend zu erleben. Stell- und Campingplätze sind oft eins und überwiegend einfach ausgestattet; nichtsdestoweniger werden auch Campende fündig, die gerne Komfort genießen. Bei Stadtausflügen nach Braniewo, Elblag, Frombork, Lidzbark Warminski oder Olsztyn folgt man den Spuren Nikolaus Kopernikus’ und mittelalterlicher Baukunst.

Die Altstadt von Elblag

Ein bisschen, glaubt man, riecht es schon nach Ostsee auf dem Camping Nr. 61, der direkt an Elblags schöne Altstadt grenzt und trotzdem auch im Grünen und an einem Ufer liegt. Doch bis zu Haff und Meer sind es noch ein paar Kilometer. Das breite Wasser hinterm Stellplatz, das besonders angelnde Camper und Camperinnen freut, gehört zu einem Fluss, dem Elblag – genauso wie die Stadt. Einst reich geworden durch den Hansebund und ihre Lage an der Bernsteinstraße, wetteiferte ihr Hafen sogar mit dem in Danzig.

An Elbings Blütezeit erinnern Backsteingotik wie der Dom mit 97 Meter hohem Turm samt Aussichtsdeck und Bürgerhäuser aus Barock und Renaissance. Hauptattraktion der recht entspannten Großstadt ist der Kanał Elblaski (Oberlandkanal), der in ihrem Zentrum endet. Er verbindet sie und damit Frisches Haff und Ostsee mit den Seen in Westmasuren, Städten wie Iława und Ostróda (Osterode), das man nicht aus Zufall nach der Stadt im Harz benannte. Denn von da stammten die ersten Siedler.

Interessante Erfindung: der Oberlandkanal

Die Hügel südlich Elblags sind Teil des Oberlandes, das dem Kanalsystem den deutschen Namen gab. Dass dieses mehr darstellt als einen künstlich angelegten Wasserweg, merkt man wohl spätestens, wenn man im Kahn den ersten Berg hochfährt. Denn das Besondere an diesem Meisterwerk der Technik ist seine Fähigkeit, Schiffe und Boote durch das hügelreiche Oberland zu transportieren.

Um Höhenunterschiede von bis zu 100 Metern zu überwinden, baute man auf der zehn Kilometer langen Strecke zwischen Elblag und Buczyniec fünf schiefe Ebenen, sogenannte Rollberge. Über diese hievt man mittels Seilmaschinen Wasserfahrzeuge samt Fracht und Passagieren. Platziert auf Schienenwagen, zuckeln sie – bergauf, bergab – über die grasbewachsenen Erhebungen.

Zu den merkwürdigsten Augenblicken einer solchen Kreuzfahrt gehört das "Gipfeltreffen" zweier Schiffe, vor Nässe triefend und mit nassen Wasserpflanzen dekoriert. Entstanden ist der Oberlandkanal von 1844 bis 1860. Einer seiner Erfinder und Ingenieure war Carl Lentze, der auch am Bau des Suezkanals beteiligt war.

Die ermländische Küste

Ganz im Osten endet Polens Ostseeküste in einem langen, schmalen Zipfel aus Dünensand und Kiefernwald: die Mierzeja Wislana (Frische Nehrung), seit dem Durchstich 2022 quasi eine Insel, deren nordöstlicher Teil zu Russland gehört. Meist nur wenige hundert Meter breit und im Sommer gut bevölkert, trennt sie das offene Meer vom Frischen Haff. Dessen Südküste jedoch ist ruhig und beschaulich.

Der erste Ort östlich von Elblag ist Kadyny, das Dorf, in dem der letzte deutsche Kaiser Urlaub machte. Direkt am Haff entlang erreicht man es von Elblag mit dem Fahrrad auf Green Velo, Polens längstem Radweg. Mit Blick aufs Wasser geht es über sanfte Hügel durch den Wald. Das herrschaftliche Gut und Sommerdomizil von Wilhelm II. ist heute ein Hotel.

Auch das Gestüt und die Majolika-Manufaktur aus seiner Zeit blieben erhalten. Das Schönste an Kadyny, das seinen dörflichen Charakter nicht verlor, ist der lange Strand am Haff, dank windgünstiger Lage ein beliebter Platz für Surfer. Er erstreckt sich bis Tolkmicko, das auch einen Campingplatz hat. Der Seehafen des Städtchens dient dem Fischereiverkehr sowie als Ankerplatz für Segelboote und kleinere Jachten. Unweit der Altstadt kann man die Reste einer Wallburg aus dem frühen Mittelalter besichtigen.

Die schönste Aussicht auf das Frische Haff – eingefasst von ziegelroten Dächern und grünen Kronen alter Bäume – bietet Frombork von dem 70 Meter hohen Radziejowski-Turm der Domburg. Schon Nikolaus Kopernikus (1473–1543) hat diesen Blick geliebt. Der Arzt und Astronom, der im Dienst des Fürstbischofs von Ermland stand, erkannte hier, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Sein Grab befindet sich im Dom, die Museen, die seine Wirkungsorte zum Thema haben, gleich daneben. Baukunst vieler Stile kann man in der Nachbarstadt Braniewo sehen. Im 13. Jahrhundert gegründet, war sie die erste ermländische Hauptstadt.

Die Masurische Seenplatte

Je weiter man von Olsztyn in den Osten reist, umso stärker mischen sich das Grün und Blau der Wiesen, Seen und Wälder von Masuren. Mittendrin, unweit von Biskupiec, liegt das Dorf Sorkwity. Hier beginnt der populärste Wasserwanderweg in Polen – die Route der Krutynia. Der Fluss, der sich in unzähligen Biegungen durch Seen, Sümpfe sowie dichte Laubmischwälder schlängelt, ist dank geringer Fließgeschwindigkeit selbst für ungeübte Paddler gut geeignet. Entlang der Strecke gibt es jede Menge Campingplätze wie auch Bootsverleihe.

Da sich die Krutynia unterwegs des Öfteren zu einem Rinnensee verbreitert, bewegt man sich auf ihr zugleich auf einem Fluss und einem See. Das sorgt für Abwechslung und Spannung. Zu den schönsten Abschnitten zählt die Passage des 2,6 Kilometer langen Uplik in der Puszcza Piska, der Johannisburger Heide. Gesäumt von hohem Kiefern-Fichten-Wald, ist dieser See in wenig frequentierten Augenblicken ein prima Platz, um Tiere zu beobachten. Auch viele Orte sind interessant, Wojnowo etwa mit seiner himmelblauen Kirche.

Nicht wenige Krutynia-Paddler entscheiden sich für die gesamte Länge von 91 Kilometern bis zum Jezioro Bełdany, dem Beldahnsee, in den der Fluss am Ende mündet. Rund eine Woche dauert die komplette Tour. Rechnen muss man in der Ferienzeit mit allerhand Verkehr – auch an den Halteplätzen, insbesondere am letzten in Ruciane-Nida. Die Stadt zählt zu den Hotspots des masurischen Tourismus. Doch oft schon wenig abseits kann man Natur und Landlust ungestört genießen. So auch in Łuknajno, einen Katzensprung vom Urlaubsrummel Mikołajkis, deutsch: Nikolaiken.

Am Steg des Folwark Łuknajno, einem Landgasthof mit Stellplätzen, liegt ein Segelboot vor Anker. Die letzten Sonnenstrahlen dieses Tages spiegeln sich im Sniardwy, zu Deutsch Spirdingsee. Schon verliert die grüne Pracht ringsum allmählich ihre Farbe. Bald erscheinen Bäume, Gras und Schilf so dunkel wie der Wald. Nur rund ums Lagerfeuer ist noch Licht – abgesehen von den Sternen. Im Schein der Flammen blitzen Gläser, strahlen glückliche Gesichter. Prost auf einen wunderbaren Tag in der Natur Masurens! Bis ins Bett im Reisemobil begleitet sie die Reisenden. Denn außer dem Konzert der Frösche und der Grillen ertönen nachts noch weitere Geräusche: die tiefen Rufe eines Elchs.

Der besondere Tipp: Weinsberschnecken

Weinbergschnecken satt mit Knoblauchbutter oder Chili, frisch von der Biofarm des polnischen "Schneckenkönigs" Grzegorz Skalmowski, gibt es für Feinschmecker und Neugierige im Dörfchen Krasin am Oberlandkanal zwischen den beiden Rollberg-Rampen Całuny und Buczyniec im Bistro Slimaka. Auch hochwertige Kosmetik aus Schneckenserum (zellerneuernd, gegen trockene Haut, Falten und Entzündungen) ist dort erhältlich.

Paddel-Tour bis zum Haff

Am grünen Ufer der Pasłeka in der Altstadt von Braniewo liegt dessen moderne Marina mit Bootsverleih. Im Kajak oder Kanu folgt man dem Verlauf des Flusses durch weites Auenland bis nach Nowa Pasłeka, einem Fischerdorf mit Jacht- und Segelhafen. Dort mündet die Pasłeka in das Frische Haff. Parallel zu der leichten Wasserwanderroute verläuft der Green-Velo-Radweg.

Stellplatz- und Campingplatz-Tipps

Camping Nr. 61

Gebührenpflichtiger Stellplatz für 30 Mobile in Elblag am Fluss auf einem Campingplatz. Eben, mit viel Schatten, Wiese und gepflastert. Altstadt zu Fuß erreichbar, ÖPNV-Anschluss. Am Platz: Platzwart, Reservierung, barrierefrei, beleuchtet, Fahrradverleih, Strom (25 PLN/Tag). Vor Ort: Angeln. Preis pro Nacht je nach Saison 45–80 PLN, Erwachsener 20–25 PLN, Kind 15 PLN. Bezahlung Betreiber. Wasser, Entsorgung, WC, Dusche, WLAN und Hunde sind inklusive. Maximaler Aufenthalt: 3 Nächte.

Seeblick Campingplatz Ruska Wies´

Gebührenpflichtiger Stellplatz für 150 Mobile außerhalb von Ruska Wies´ in Seenähe. Überwiegend ebener Untergrund, kein Schatten, Wiese, Rasen. Am Platz: Hunde erlaubt. In der Nähe: Badesee, Strand, Spielplatz, Paddeln. Preis pro Nacht inklusive zwei Personen: 20 Euro. Bezahlung: Betreiber. Strom, Wasser, Entsorgung, WC, Dusche, WLAN im Übernachtungspreis enthalten.

Camping Pirat Nr. 73

Gebührenpflichtiger Stellplatz am Ukiel, dem "Stadtsee" von Olsztyn (deutsch: Allenstein). Teils unebene und teils schattige Stellflächen auf Wiese. Am Platz: Restaurant, Strom (30 PLN), WC, Dusche. In der Nähe: Paddeln. Bis nach Olsztyn sind es 5 Kilometer. Preis pro Nacht: 40 PLN, Erwachsener 35 PLN. Bezahlung im Gasthaus.

Agroturistik Camping

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Gebührenpflichtiger Stellplatz für 25 Mobile zwischen Orzysz-Rozyn’sk und Ełk im Wald, am Waldrand, auf der Wiese. Am Platz: Frischwasser, Strom, Entsorgung Abwasser und Chemie-WC, WC, Dusche. Hunde sind willkommen. Grillen erlaubt. Bootsverleih:Kanadier 20 PLN, Ruderboot 35 PLN. In der Nähe: zwei Badeseen. Preis pro Nacht mit einer Person 65 PLN, mit zwei Personen 90 PLN, jede weitere Person 24 PLN, Kinder bis 5 Jahre frei. Geöffnet von Mai bis September.  © Promobil

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