Ein Land, zweieinhalb Mal so groß wie die Bundesrepublik, mit kaum mehr Einwohnern als die Stadt Hamburg, mit Wüsten und Weiten, die schier unendlich scheinen, mit einer Unwirtlichkeit in einigen Landesteilen, dass man sich auf einem anderen Planeten wähnt. Straßen, nur selten geteert, meist bestehend aus verdichteter Erde und Schotter, oft gepudert mit feinem Sand, führen gefühlt über den noch menschenleeren Ur-Kontinent Gondwana bei Temperaturen über 50 Grad. Dann wiederum kalte, sternenklare Nächte unter einem Firmament, aus dem Milliarden von Sternen funkeln, und mitunter eine beinahe betäubende Stille. Wir sind in Namibia. Monat Februar. Außer uns kaum jemand da, Nebensaison.

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Es kommt vor, dass einem über zwei Stunden lang kein anderes Auto entgegenkommt oder überholt. Und wenn, dann ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein weißer Toyota Hilux mit Dachzelt(en). Der gleiche Pick-up-Camper, den wir fahren. Absurd manchmal: Nirgendwo weit und breit Menschen oder gar irgendwelche Ansiedlungen, doch egal wo im Abseits – auf geländetaugliche 4x4-Mietfahrzeuge mit Campingausrüstung trifft man früher oder später überall. Wie fremde Raumschiffe gleiten sie durch diese weitläufige Wüstenplanet-Landschaft, ziehen lange Staubfahnen hinter sich her und rauschen Steine aufwirbelnd an einem vorbei. Surreal.

Eher selten: Städtetourismus

Doch objektiv betrachtet sind es auf Strecke täglich kaum mehr als ein paar Dutzend, manchmal nur eine Handvoll davon. Überhaupt: Stau, stockender Verkehr, überfüllte Parkplätze – in Namibia sind das eher Fremdwörter. Selbst die größte Stadt des Landes, die 360.000-Einwohner-Kapitale Windhoek, wirkt ruhig und beschaulich, wohl kein Ort, der Städtetouristen reizen könnte. Nein, die meisten Reisenden suchen Einsamkeit, Ruhe und freie Weite, um die Ursprünglichkeit unseres Planeten namens Erde zu spüren. Und verlassen Windhoek nach Übernahme des Mietwagens möglichst rasch.

Unser Toyota besitzt zwei Dachzelte für zwei Erwachsene plus Kind, eine vollständige Campingausrüstung mit Schlafdecken und -matten, Gaskochern, Geschirr, Stühlen, Tisch, Kühlbox, 40-Liter-Wassertank, Spaten, Sandblechen, Werkzeug, Luftkompressor und weiteren Utensilien. Simple Ausstattung, aber gut durchdacht. Ja, damit lässt es sich prima auch über Nacht überall stehen und aushalten. Im aus Stahlblechen zusammengeschweißten Aufbau auf der Pritsche hat alles seinen festen Platz, das persönliche Gepäck lässt sich dort zudem gut verstauen, sodass die klimatisierte Fahrkabine den Passagieren bei stundenlangen Fahrten durch die einsame Landschaft genügend Komfort bietet.

Campingplätze in atemberaubender Natur

Man könnte und dürfte auch fast überall wild campen. Wollen wir aber nicht. Nicht nur aus Sicherheitsgründen – sehr selten (anders als im Nachbarland Südafrika) gibt es Überfälle –, sondern auch, weil die offiziellen Camping- und Stellplätze meist traumhaft schön liegen. Genau auf so einem Traumplatz stehen wir nun: Hinter uns riesige Felsbrocken, die sich wie von Riesen verteilte Murmeln aufschichten, eine kleine betonierte Fläche mit Strohdach als sonnengeschützte Terrasse inklusive festem Tisch und Sitzbänken, der Blick in die Ferne auf mehrere Bergketten und die Savanne, am Horizont ein paradiesischer Lichtwechsel beim Sonnenuntergang, Blau wird zu Pink, Orange und dann Tiefrot.

Ein sauberes Toilettenhäuschen mit heißer Open-Air-Dusche, eine gepflegte Küchenzeile. Alles sehr liebevoll angelegt und überall um uns herum: Platz, viel Platz! Die nächsten Campingnachbarn stehen mehrere hundert Meter weg, man winkt sich von Weitem zu. Die sieben Stellplätze gehören zum luxuriösen Mowani Mountain Camp mitten im Damaraland und liegen knapp zwei Kilometer weg von der Hotel-Hauptanlage mit Restaurant, Bar, Shop, Pool und Aussichtsterrasse für den Sundowner. Alles darf auch von den Campern mitbenutzt werden. Übernachtungskosten für Lodgegäste: schnell mal ein paar Hunderter pro Doppelzimmer und Nacht. Auf den Campingplätzen hingegen: umgerechnet nur circa 35 Euro für Fahrzeug und Personen inklusive.

Zu viele Reisende, wenig Plätze

"Perfekt! Fantastisch!", denken wir uns – bis uns die Dame an der Rezeption mit der Info ernüchtert, dass wir nur eine Nacht bleiben dürfen. "Sorry, ab morgen ausgebucht", so die kurze Erklärung. Ja kann das denn wahr sein? Du siehst kaum Touristen, aber dennoch ausgebucht? Auch vorgestern wurden wir auf einer Farm mit privatem Wildschutzgebiet im Erongogebirge beinahe abgewiesen. Dort hatten sie aber bei Gästen angefragt, ob sie den Platz mit uns teilen mögen. Kein Problem, hieß es zum Glück seitens eines englischen Paars mit Landrover plus der Schweizer Reisebegleitung mit Allrad-Campingbus, die den fußballfeldgroßen Stellplatz belegten.

Wir verbrachten dann zusammen einen bierseligen und wunderbaren Grillabend an offener Feuerstelle mit regem Austausch über das Reisen in Namibia. Patrick, bereits zum neunten Mal im Land und Kenner Afrikas, erzählte einiges über die Tücken der Straßen, die gefährlichen Tiere (Nashörner, Löwen, Elefanten nur bedingt, Skorpione und Schlangen schon eher, und vor allem Affen seien mit Vorsicht zu genießen), aber auch über die herzlichen Menschen der verschiedenen Ethnien (u.a. Herero, Himba, Sans, Damaras). Er zeigte uns auf der Landkarte die besten Ziele und Plätze und empfahl uns dringend eben besagte Mowani-Logde bei Twyfelfontein als wunderschönen Ort. Womit er auch Recht hatte.

Nur leider müssen wir uns jetzt schon wieder ums nächste Tourziel kümmern, denn auch die Lodges im Umfeld sind voll. Sapperlot – trotz Nebensaison. Dazu eine kleine Rückschau auf unsere Reisevorbereitungen. Ohne große Vorrecherche hatten wir den Flug nach Namibia auf Ende Januar gelegt im naiven Glauben, Südhalbkugel gleich Sommer dort. Erst nach dem Kauf eines Reiseführers hatten wir mit Schrecken entdeckt, dass wir mitten in der Regenzeit reisen werden. Nach weiteren Nachforschungen auf Reiseblogs: Bilder von dunklen Gewitterwolken und Beschreibungen, dass nicht nur das Dachzelt vom Sturm weggepustet wurde, sondern ganze Landstriche in dieser Jahreszeit überflutet werden.

Unser Reisefieber sank plötzlich auf den Gefrierpunkt. Zumal ein Kleinkind mit an Bord sein wird. Ein panischer Anruf bei einem befreundeten Namibia-Fan sorgte für Entspannung: Ein halbes Dutzend Mal sei er zur gleichen Jahreszeit dort gewesen – und nur selten hat er Wetterkapriolen erlebt. "Ihr werdet es lieben!", versicherte er und sagte noch etwas geheimnisvoll: "Ist eh viel besser in der Nebensaison – werdet ihr merken ..." Womit auch er Recht behalten sollte, denn, so viel sei vorweggenommen: In den fünf Wochen haben wir uns sehr oft gefragt, wie unsere Tour wohl zur Hauptsaison (Juni bis Oktober) ausgefallen wäre.

Namibia ist nämlich ein Trend-Reiseziel, besonders beliebt bei Europäern. Aber auch viele Südafrikaner besuchen mit eigenem Campingmobil die Nachbarn. Nun ist das Land zwar sehr weitläufig und mit gerade mal 2,83 Einwohnern pro Quadratkilometer keineswegs überbevölkert – rund 40 Prozent der Bevölkerung lebt zudem im hohen Norden an der Grenze zu Angola. Manche Gegenden sind also so gut wie leer. Die touristische Infrastruktur mit Campingplätzen ist jedoch ebenfalls überschaubar – was aber den schon beschriebenen Reiz zu einer Reise dorthin ausmacht. Es teilen sich also im Verhältnis zu viele Reisende die wenigen Plätze. Das hat zur Folge, dass Namibia-Urlauber häufig schon über ein Jahr im Voraus ihren Trip minutiös planen und alle Buchungen vornehmen.

Namibia To-Do-Liste

In der Hauptsaison mal eben spontan ein hübsches Plätzchen suchen? Frommes Wunschdenken von Campern wie uns, die genau wegen der Flexibilität gerne campen gehen und in Europa damit bisher auch immer ganz gut gefahren sind. In der "High-Season" sind Vorbuchungen auch für Game-Drives (Wildtier-Pirschfahrten), manche Nationalparks und weitere touristische Highlights oftmals obligatorisch. Wie uns auch Hoteliers, Reiseagenturen und Tour-Guides immer wieder bestätigen.

Ganz großes Problem außerdem: Die Auto-Vermieter haben im Zuge der Corona-Krise ihre Flotten verkleinert, Reservierungen von passenden Autos können zur Hauptsaison mitunter schwierig sein. Aus dieser Perspektive ist es im Nachhinein also ein Segen, dass wir zur Nebensaison gebucht haben. Denn bis auf die beiden schönen Plätze im Erongo und Damaraland läuft alles wunderbar rund mit unserer spontanen Art zu reisen. Es empfiehlt sich, eine lokale SIM-Karte fürs Handy zu besorgen und zumindest morgens kurz mal am Zielort durchzuklingeln, ob Plätze frei sind, die man dann unkompliziert mündlich reservieren kann. Oder eine kurze Nachricht senden.

Die Preise für die Übernachtungen sind zur "Low-Season" zudem deutlich geringer, und spezielle Low-Budget-Mietwagenangebote werden meist auch nur dann angeboten. Wir sind mit unserem Sonderangebots-Hilux jedenfalls äußerst glücklich, auch wenn Dachzelt und Ausrüstung schon etwas abgenutzt wirken. Regen? Außer der morgendlichen Mischung aus Küstennebel und leichtem Sprühregen im kühlen, aber auch wegen der netten Cafés und Restaurants sehr gechillten Swakopmund am Atlantik: kein Tropfen. Die Regenzeit betrifft auch eher den tropischen Norden (dann dort erhöhtes Malaria-Risiko) und den bei Namibia-Reisenden sehr populären Etosha-Nationalpark.

Dort kann man in Trockenzeiten besser Tiere beobachten, weil diese sich dann häufiger an den wenigen Wasserlöchern zeigen. Wir erleben jedoch andere würdige Highlights: die atemberaubenden Ugab-Terraces, den Mount Etjo mit seiner Großwild-Vielfalt, Offroad-Action in den weitläufigen Küstendünen bei Swakopmund, extraterrestrisch anmutende Felsformationen am Brandberg und der Spitzkoppe, das formidable Unesco-Welterbe Sossusvlei, die spannende Gegend bei Lüderitz und die verwaiste Mine Kolmannskuppe sowie den Fish River Canyon als größte Schlucht Afrikas. Weiterer Höhepunkt und würdiger Abschluss dieser 5500-Kilometer-Reise: das Red Dune Camp in der Kalahari-Wüste.

Den ganzen Tag fahren wir durch die von rotem Sand und tiefblauem Himmel geprägte Einöde, halten auf Empfehlung in Koes am Moer Tor Coffee Shop kurz zu Kaffee und hausgemachtem Kuchen. Am Camp bei Gochas angekommen, fragen wir, ob noch Platz frei sei. Klar doch, wir sollen einfach ihrem Geländewagen folgen. Nach ein paar Kilometern steuern sie direkt auf eine Düne zu, geben Gas. Wir folgen, bleiben aber im tiefen Sand stecken, müssen rückwärts runterrollen, nehmen wieder Anlauf, scheitern erneut. Der Fahrer vor uns kommt zu Hilfe, verrät Fahrtipps. Gut, dass nun doch auch andere da sind … Als wir aber etwas später oben auf der Düne barfuß im Sand stehen, mit 360-Grad-Blick über der Wüste die Sonne untergeht, in der Ferne Antilopen springen und auf dem Grill die Würstchen brutzeln, sind wir wieder ganz auf uns selbst gestellt. Ganz allein – nice!

Die Kosten: oft günstiger als gedacht

Ein Direktflug (ca. 10 Stunden) von Frankfurt nach Windhoek kostet in der Holzklasse bei Discount-Fluggesellschaften ab günstigen 700 Euro. Tagesmieten für ein Fahrzeug (z.B. Toyota Hilux mit 2er-Dachzelt und komplettem Camping-Equipment, aber bereits vielen Kilometern und Gebrauchspuren, sogenannte Budget-Klasse) starten in der Nebensaison (Mitte Januar bis April) bei früher Buchung je nach Mietdauer ab ca. 65 Euro. Ein Spritverbrauch von knapp über 10 L/100 km ist machbar, der Liter Diesel kostet vor Ort etwas über einen Euro. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit der Vermittlungsplattform camperdays.de gemacht, weil hier die Fahrzeug-Auswahl und deutschsprachige Beratung zu Ausstattung und Mietvertrag-Details am besten war.

Die Campingausrüstung an Bord ist simpel, geht aber voll in Ordnung, wenn man Basic-Camping gewohnt ist. Man benötigt vor Ort eigentlich nur noch seine Reisetasche mit Kleidung und persönlicher Ausstattung. Übernachtungskosten auf Campingplätzen oder an ausgewiesenen Zonen an Lodges/Hotels: ab ca. 20 Euro pro Stellplatz und Nacht. Supermärkte finden sich in jeder größeren Ansiedlung, die Preise für Lebensmittel liegen auf deutschem Niveau. Restaurants, Grill-Imbisse, Fischbuden und andere Snackbars sind etwas preisgünstiger als hierzulande – sättigende Gerichte starten umgerechnet ab ca. 5 Euro pro Person.

Die Vorbereitungen: Bücher, Navi, Karten

Nur wenige Straßen in Namibia sind geteert, man sollte also keine Scheu vor Geländefahrten haben und nicht mehr als 500 Tageskilometer ansetzen. Wenngleich die meisten Schotterrouten gut gewartet sind und meist nur stier geradeaus führen. Als sehr hilfreiches Buch zur Vorbereitung der Reise hat sich "Auf Pad im 4×4-Camper – Camping in Namibia" von Bernhard Vogt erwiesen: superviele Infos zu Fahrzeugen, Straßen und Camping in Namibia. In der weitläufigen, nur dünn besiedelten Landschaft und vor allem auf Nebenrouten ist zudem eine gute Orientierung unerlässlich.

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Wir empfehlen ein eigenes oder gemietetes Navigerät (Garmin) mit vorinstalliertem Kartenmaterial. Dazu – fast schon ein Muss – eine Faltkarte für bessere Übersicht. Unser Tipp: die reißfeste Tracks4Africa-Papierkarte Namibia (Maßstab 1:1.000.000, 23 Euro) plus die iOS- und Android-App Tracks4Africa Guide APP.  © Promobil

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