• Obst probieren, am Shampoo riechen oder in der aktuellen Ausgabe einer Zeitschrift blättern – manche Dinge sind beim Einkaufen erlaubt, andere können aber für richtig Ärger sorgen.
  • Rechtsanwalt Christian Solmecke erklärt, was es damit auf sich hat.
Ein Interview

Schon einmal einen Schokoriegel naschen, weil der Magen gerade knurrt, oder sich schnell etwas Deo auf die Achseln sprühen: Nicht immer ist klar, was man im Supermarkt eigentlich darf und was man sich besser verkneifen sollte. Rechtsanwalt Christian Solmecke aus Köln erläutert im Interview die Antworten auf die häufigsten Fragen.

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Herr Solmecke, darf ich am Duschgel oder Shampoo riechen und dafür den Deckel öffnen – oder gar ein Deo testen?

Christian Solmecke: Gesetzlich erlaubt ist das Riechen am Inhalt, sofern die Verpackung und der Inhalt unbeschädigt bleiben. Ein eventuell vorhandenes Hygienesiegel darf nicht beschädigt werden. Bei dem Testen von Sprühdeos allerdings wird der Inhalt entnommen, weshalb das nicht erlaubt ist. Lediglich Tester, welche von manchen Supermärkten und Drogerien zur Verfügung gestellt werden, dürfen in kleinen Mengen versprüht werden. In den AGB der Geschäfte können jedoch andere, sogar strengere Bedingungen festgelegt sein. Solche Hinweise müssen dann gut sichtbar im Supermarkt hängen.

Mein Magen knurrt: Darf ich schon einmal etwas essen während des Einkaufs und dann später bezahlen, zum Beispiel einen Schokoriegel oder ein Brötchen?

Streng genommen ist das ein Diebstahl, da das Produkt noch nicht bezahlt ist. Jedoch tolerieren die meisten Supermärkte solches Verhalten, solange die Bezahlung an der Kasse erfolgt. Dafür sollte zumindest die leere Verpackung auf dem Warenband landen.

Darf ich denn eigentlich naschen und zum Beispiel Kirschen oder Erdbeeren probieren?

Grundsätzlich ist auch das ein Diebstahl. Zwar bieten viele Supermärkte Kostproben an, jedoch sind sie dazu keineswegs verpflichtet. Das händische Prüfen von Obst und Gemüse ist jedoch erlaubt, solange das Produkt abwaschbar ist und solange man das Essen nicht durch Druckstellen beschädigt.

Manchmal macht es Spaß, ein bisschen zu blättern. Darf ich Zeitschriften lesen und sie dann doch nicht kaufen?

Das Lesen von Zeitschriften ohne Kauf ist zwar grundsätzlich erlaubt. Solange das Heft nicht beschädigt wird, kann mit gutem Gewissen geblättert werden. Allerdings haben Ladeninhaber das Hausrecht und können verlangen, dass man die Zeitschrift entweder kauft oder zurücklegt und den Laden verlässt.

Kann ich meine eigene Tasche mitbringen und die Einkäufe darin zur Kasse tragen?

Nein, das ist nicht empfehlenswert. Der Supermarktbetreiber könnte hier den Verdacht bekommen, man wolle einen Diebstahl begehen – auch, wenn man das überhaupt nicht vorhatte. Um unangenehme Fragen zu vermeiden, sollte man offene Einkaufswägen oder Körbe des Supermarktes verwenden.

Muss ich die Ware bezahlen, wenn mir etwas kaputtgeht, also mir zum Beispiel eine Flasche herunterfällt?

Grundsätzlich muss Ware, wenn sie selbstverschuldet kaputtgegangen ist, bezahlt werden. Wurde die Ware jedoch durch einen Fehler des Geschäfts beschädigt, beispielsweise durch eine heruntergefallene andere Ware aus einem Regal, so muss sie natürlich nicht bezahlt werden. Allerdings sind die meisten Supermärkte auch bei einem Verschulden des Kunden kulant und nehmen solche kleineren Schäden auf die eigene Rechnung. Hierfür gibt es Versicherungen.

Darf ich im Supermarkt eigentlich Fotos machen?

Grundsätzlich ist es nicht verboten, Fotos in Supermärkten zu machen. Die Geschäfte können jedoch eigene Regeln haben, nach denen das Anfertigen von Fotos in den eigenen Räumlichkeiten untersagt ist. Bei Fotos von Mitarbeitenden oder anderen Einkaufenden ist jedoch das Persönlichkeitsrecht zu beachten – hiernach dürfen Fotos grundsätzlich nur mit Einwilligung gemacht werden.

Dürfen die Mitarbeitenden meine Taschen kontrollieren?

Taschen dürfen im Supermarkt grundsätzlich nicht vom Personal kontrolliert werden. Besteht ein konkreter Verdacht eines Ladendiebstahls, kann die Person festgehalten werden, bis die Polizei kommt. Die darf dann die Tasche durchsuchen. Allerdings kann man natürlich die verdächtige Person auffordern, die Tasche selbst zu leeren und dadurch das Eintreffen der Polizei verhindern.

Darf ich auch beschädigte Pfandflaschen abgeben?

Grundsätzlich muss das Geschäft, wenn es denn zur Rücknahme von Pfand generell verpflichtet ist, bei Einwegpfand auch zerbeulte und stark beschädigte Pfandflaschen annehmen, solange das Pfandlogo erkennbar ist. Was aber nicht geht: Pfand für eine Flasche ohne Logo erhalten – so könnte man ja doppelt abkassieren. Wenn der Automat die Flasche nicht nimmt, muss man das Personal ansprechen.

Was passiert, wenn ich vergesse, meinen Pfandbon an der Kasse einzulösen? Kann ich ihn auch erst sehr viel später einlösen?

Der Anspruch auf Auszahlung eines Pfandbons verjährt immer erst am letzten Tag des dritten Jahres nach Abgabe des Pfands. Wenn ich also am 25. Januar 2023 mein Pfand abgegeben habe, so kann ich den Pfandbon bis zum 31.12.2026 noch einlösen – sofern er dann noch lesbar ist.

"Warten Sie, ich glaube, ich habe es noch klein …" Muss das Personal an der Kasse eigentlich immer mein Kleingeld annehmen?

Nach dem Münzgesetz darf mit maximal 50 Münzen für einen Einkauf bezahlt werden. Aber auch geringere Mengen können abgelehnt werden, wenn dadurch der Betriebsablauf gestört wird. In den AGB der Geschäfte können jedoch andere Bedingungen festgelegt sein.

Es passiert ja immer wieder einmal: Darf ich das Wechselgeld behalten, wenn man mir zu viel herausgegeben hat?

Grundsätzlich ist das Behalten von zu viel Wechselgeld zwar nicht strafbar, denn der Kunde oder die Kundin hat keine Pflicht, den Kassierer über seinen Fehler aufzuklären. Allerdings gibt es einen Anspruch auf Rückzahlung, sobald der Fehler dem Kassierer auffällt und er diesen geltend macht. Letztlich sollte man das Geld schon deshalb von sich aus herausgeben, weil sonst die Kassiererin oder der Kassierer am Ende noch Ärger vom Vorgesetzten bekommt.

Über den Gesprächspartner: Christian Solmecke, Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei WBS.Legal
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