Viele Krankenkassen haben am Jahresanfang den Beitrag erhöht. Aber deshalb gleich wechseln? Das muss nicht sein. Oft lässt sich bei der eigenen Kasse noch etwas herausholen.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Bleiben oder gehen? Das ist die Frage, die sich Millionen Menschen jetzt stellen. Nein, nicht wegen ihrer Lebens- oder Bettpartner. Es geht um eine andere langfristige Beziehung: die zur Krankenkasse.

Mehr zum Thema Verbraucher

Sie finden den Vergleich überzogen? Keineswegs. Ich kenne eine Menge Leute, die mit ihrer Krankenkasse länger zusammen sind als mit ihrem Lebensgefährten. Und: Was man an ihr oder ihm hat, erfährt man bei der Krankenkasse – wie auch beim Partner – erst dann, wenn es hart auf hart kommt.

Gute Gründe also, in diese wichtige Beziehung (zur Krankenkasse) etwas Grips zu stecken. Anfang Januar haben zwei Drittel der bundesweiten Kassen ihre Beiträge erhöht. Versicherte haben daher ein Sonderkündigungsrecht – aber nur in dem Monat, in dem die Erhöhung erstmals wirksam wird, meist also im Januar. Höchste Zeit, die Antwort zu finden: Bleiben oder gehen? Drei Schritte helfen dabei.

Schritt 1: Blick auf die Webseite der Kasse

Neu ist, dass die Kasse ihren Versicherten keinen Brief mehr schickt, wenn sie die Beiträge erhöht. Um Geld zu sparen, erlaubt eine Gesetzesänderung, den neuen Beitrag lediglich auf der Webseite oder in der Mitgliederzeitschrift anzukündigen. Also: Webseite besuchen und nachsehen, ob die eigene Kasse erhöht hat. Die Antwort in meinem Fall: Ja.

Leider ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das bei Ihrer Kasse genauso ist. Im Finanztest-Vergleich von 71 geöffneten Kassen haben 54 den Zusatzbeitrag heraufgesetzt. Nur 15 ließen die Sätze unverändert, immerhin zwei haben sie gesenkt.

Schritt 2: Vor- und Nachteile sammeln

Wie in jeder guten Beziehung mache ich nicht einfach Schluss mit meiner Kasse, nur weil sie mich einmal nervt – also den Beitrag erhöht. Das verhindert allein schon meine natürliche Faulheit. Vorher mache ich eine gute alte Positiv-Negativ-Liste mit allen Fakten.

Dazu muss ich zuerst zwei Zahlen kennen:

  • Der allgemeine Beitragssatz, die für alle Kassen gleich ist, liegt unverändert bei 14.6 Prozent
  • Der individuelle Zusatzbeitrag meiner Kasse. Er liegt Anfang Januar zwischen 0,9 (bei BKK Firmus und BKK Gildemeister Seidensticker) und 1,9 Prozent (AOK Nordost).

Das heißt: Je näher meine Kasse an 1,9 Prozent liegt, desto schwerer wird es für unsere Beziehung.

Aber Geld ist ja bekanntlich nicht alles. Deshalb mache ich mir eine Liste, auf der steht, was mir meine Kasse sonst noch bringt und was sie zusätzlich bezahlt. Und ich schaue nach, ob es Vorteile gibt, die ich bisher nicht genutzt habe. Ich muss zugeben: Meine angeborene Faulheit führt dazu, dass ich manchmal Geld verschenke: Weil ich gar nicht genau weiß, was meine Kasse alles zahlt, und weil es mir zu umständlich ist, die Belege fürs Bonusprogramm zusammenzusuchen. Aber Achtung: Neujahrsvorsatz! Dieses Jahr soll das anders werden.

Zu den Vorteilen, die ich nutze, gehört, der Zuschuss meiner Kasse zur professionellen Zahnreinigung. Das bringt ein dickes Plus auf der Positiv-Seite. Außerdem zahlt sie wichtige Reiseimpfungen und zählt bei Vorsorgeuntersuchungen zu den großzügigsten Kassen. Manche Kassen finanzieren auch eine sportmedizinische Untersuchung oder bezuschussen sie, was je nach Kasse zwischen 30 und 750 Euro bringen kann. Wie jeder Paartherapeut bestätigen wird, ist Großzügigkeit enorm wichtig für eine langfristig stabile Beziehung.

Apropos großzügig, hier kommt das Bonusprogramm ins Spiel. Fast jede Krankenkasse hat eines, allerdings sehr unterschiedlich ausgestaltet. Bei meiner Kasse werden mir für Vorsorgeuntersuchungen, Sportverein und Impfauffrischung jeweils zwischen 10 und 20 Euro gutgeschrieben, die ich mir am Ende des Jahres überweisen lassen kann. 20 Euro dafür, dass ich beim Zahnarzt meine Zähne durchgucken lasse (was ich ohnehin mache). Das ist ein so unwiderstehliches Angebot, dass ich mich frage, warum ich das bisher übersehen hatte.

Schritt 3: Die Entscheidung

Jetzt kommt der Augenblick der Wahrheit: Bleiben oder gehen? Die Vor- und Nachteile liegen auf dem Tisch, das Geld ist gezählt. Jetzt muss ich mich entscheiden – und Sie auch. Die Abwägung ist sehr persönlich und subjektiv, und das muss auch so sein. Wer lässt sich bei wichtigen Beziehungen schon gern reinreden?

Bei mir sind die Würfel gefallen: Ich bleibe bei meiner Kasse und werde das Beste daraus machen – zum Beispiel das Bonusprogramm dieses Jahr voll ausreizen. Denn: Zu einer stabilen Beziehung gehören immer zwei.

Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von Finanztest und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin Finanztest gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und Finanztest sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
Rauchen in Zahlen: Das kostet Rauchen am Tag, in Lebenszeit, Euro und CO2

Schädlich und teuer: Das kostet Rauchen in Lebenszeit, Euro und CO2

Rauchen schadet nicht nur der Gesundheit, sondern ist auch ziemlich teuer. Zahlen belegen die wahren Ausmaße des Konsums.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.