Cybermobbing: digitaler Albtraum

Bitte nicht verharmlosen: Cybermobbing ist keine Lappalie, sondern eine Form der Gewalt. Diese findet zwar im virtuellen Raum statt, wirkt sich aber massiv auf das echte Leben der Opfer aus. Neben Erwachsenen sind auch mehr und mehr Kinder und Jugendliche davon betroffen.
Inhaltsverzeichnis:

1. Was genau ist eigentlich Cybermobbing?
2. Formen von Cybermobbing
3. Mobbing hat körperliche und seelische Folgen
4. Bloß Spaß und Neckerei? Oder schon Mobbing?
5. Starke Zunahme von Cybermobbing unter Kindern und Jugendlichen
6. Social Media als Katal
ysatoren
7. Frühwarnung und Prävention: Gemeinsam gegen Cybermobbing
8. Verantwortungsbewusst in der digitalen Welt unterwegs
9. Unterstützung und Hilfe: Zivilcourage zeigen, keine Opfer im Stillen lassen
10. Achtung: Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt
11. Hier bekommen Sie Hilfe
 

"Du bist so dumm und hässlich und so ein Loser. "

Derartig demütigende und aggressive Posts in Schüler-Chatgruppen und Messengern sind leider keine Seltenheit: Cybermobbing ist ein echtes Problem, vor allem unter den 13-15-jährigen, wie aktuelle Studien zeigen.
Im Jahr 2022 waren etwa 1,8 Millionen Schülerinnen und Schüler (ein Drittel aller Schüler) von Cybermobbing betroffen. Diese Form des Mobbings hat sich in den letzten Jahren rasant verbreitet.

Doch auch unter Erwachsenen ist es ein Problem: Kolleginnen und Kollegen werden online systematisch angegangen, Personen des öffentlichen Lebens durch E-Mail-Shitstorms und Hassrede  in Online-Foren attackiert. Expartner(innen) stalken Expartner(innen) und stellen sie auf Social Media öffentlich bloß. Doch bevor wir näher auf weitere Formen des Cybermobbings eingehen, klären wir zunächst die Frage:

1. Was genau ist eigentlich Cybermobbing?

Cybermobbing beschreibt die absichtliche und systematische Belästigung, Bedrohung, Beleidigung oder öffentliche Bloßstellung einzelner Personen im digitalen Raum. Meist erfolgt dies über einen längeren Zeitraum.

Und im Gegensatz zum "traditionellen" analogen Mobbing im echten Leben findet Cybermobbing online bzw. über digitale Kommunikationsmittel statt. Im schlimmsten Fall also auch rund um die Uhr – 24/7.
Durch die Nutzung digitaler Medien agieren die Täterinnen und Täter häufig anonym und verstecken sich nicht selten auch hinter Pseudonymen. Der Schutz der Anonymität im Internet führt dazu, dass manche Menschen jegliche Hemmungen und Manieren ablegen: Die Hürde, jemanden zu attackieren, ist im digitalen Raum wesentlich niedriger.

Gerüchte oder Fake-News sind zudem blitzschnell geteilt.

2. Formen von Cybermobbing

Es gibt verschiedenste Formen von Cybermobbing – hier sind ein paar Beispiele:
  • Hassnachrichten und Verleumdungen in Messengern oder sozialen Medien.
  • Beleidigungen in Chatgruppen und Online-Foren.
  • Sexistische Kommentare.
  • Gezielte Verbreitung von Falschinformationen über Kettenbriefe.
  • Manipulation und Veröffentlichung von Fotos und Videos zur öffentlichen Bloßstellung.
  • Ungefragtes Verbreiten von privaten Daten – siehe Doxing.
  • Im Extremfall gehört aber auch das gezielte Hacken von Accounts dazu.
  • Systematische Ausgrenzung bei Kontaktanfragen.
Diese typischen Auswüchse von Cybermobbing demütigen die Betroffenen und verletzen sie, schaden ihrem Ansehen und stellen sie ins Abseits, nicht nur digital.

3. Mobbing hat körperliche und seelische Folgen

Die Betroffenen von (Cyber)Mobbing leiden oft sehr unter den Attacken, da sie sich hilflos und allein gelassen fühlen.
Körperliche und psychische Reaktionen wie Bauch- und Kopfweh, Übelkeit, Erbrechen und Panikattacken sind nicht selten.
Im schulischen Umfeld berichten Lehrer von einem Leistungsabfall bei betroffenen Schülerinnen und Schülern. Auch das Fernbleiben vom Unterricht sei ein "Symptom" von Cybermobbing.
Cybermobbing: für Betroffene ein echter Albtraum.
Cybermobbing: für Betroffene ein echter Albtraum.

Extrem fatal: Auch Suizidgedanken sind weit verbreitet. Damit verbunden ist der Konsum von Alkohol, Tabletten und Drogen.Viele Opfer von Cybermobbing klagen über eine dauerhafte Belastung.
Es ist daher wichtig, dass wir uns als Gesellschaft mit dem Thema auseinandersetzen.

4. Bloß Spaß und Neckerei? Oder schon Mobbing?

Die Grenzen zwischen einer harmlosen Neckerei und Mobbing sind häufig fließend. Was auf der einen Seite als Spaß empfunden wird, kann auf anderer Seite als echte Beleidigung aufgefasst werden.

Beispiel:
Im Gruppenchat wird ein Foto aus dem Schwimmbad gepostet, das eine Person in einer unvorteilhaften Situation zeigt. Der Urheber möchte sich vielleicht nur einen kleinen Spaß erlauben, doch er verletzt damit die gezeigte Person in ihrer Würde.

Im ungünstigsten Fall lassen die Reaktionen (Smileys, Kommentare) der anderen Chat-Teilnehmer nicht lange auf sich warten. Durch die einfachen technischen Interaktionsmöglichkeiten (z. B. das Liken von Posts) entwickelt sich schnell eine ungesunde Dynamik.
Gepaart mit mangelndem Unrechtsbewusstsein und Feingefühl dafür, was andere eventuell als verletzend empfinden, entsteht so ein idealer Nährboden für Mobbing.

5. Starke Zunahme von Cybermobbing unter Kindern und Jugendlichen

Besonders da, wo Kinder und Jugendliche aufeinandertreffen und auch online vernetzt sind – nämlich auf Schulhöfen – kommt es häufig zu Cybermobbing. Denn ihre Online-Aktivitäten werden oft weniger überwacht als ihre realen Interaktionen.

Werden Fälle von Cybermobbing in der Schule publik, werden häufig disziplinarische Maßnahmen eingeleitet. Doch das allein löst das Problem im Kern nicht.
Cybermobbing hat in den letzten Jahren bei Kindern und Jugendlichen – vor allem durch Corona und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen im echten Leben – stark zugenommen. Aktuell scheint es sich zwar auf einem sehr hohen Niveau eingependelt zu haben, das gibt jedoch keinen Anlass zur Entwarnung.Vielmehr hat es sich zu einem kaum kontrollierbaren Problem ausgewachsen.

6. Social Media als Katalysatoren

Social Media-Plattformen (Tik Tok, Instagram oder Snapchat etc.) sind wie eine Art Katalysator – die ständige Präsenz von Smartphone und Co. führt definitiv zu einer Zunahme der Vorfälle. Die Inhalte werden schneller geteilt, gehen unglaublich schnell viral. Auch hier ist zu beobachten, dass durch die physische Distanz zum Opfer und die Anonymität, die das Internet bietet, auch die Hemmschwelle für Mobbing sinkt.

7. Frühwarnung und Prävention: Gemeinsam gegen Cybermobbing

Um Cybermobbing zu bekämpfen, sind Erziehungsberechtigte, Bildungseinrichtungen aber z. B. auch Sportvereine gleichermaßen gefragt. Ein Bewusstsein für das Thema muss geschaffen werden. Dies beginnt bereits mit der Aufklärung: Hier sollten Kinder und Jugendliche über die Gefahren des Internets Kinder informiert werden. Und ganz wichtig: Es muss aufgezeigt werden, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist.

8. Verantwortungsbewusst in der digitalen Welt unterwegs

Im Kontext der digitalen Bildung wird es immer wichtiger, dass Schulen über Cybermobbing aufklären, Risiken und Konsequenzen benennen und Präventionsprogramme anbieten.
Sinnvoll sind dabei sowohl individuelle Präventionsmaßnahmen wie Medienkompetenztrainings (Angebote gibt es z. B. durch gemeinnützige Initiativen in den Städten wie z. B. das Medienkompetenzteam aus Karlsruhe oder das Bündnis gegen Cybermobbing, das viele prominente Fürsprecher hat.


Aber auch Maßnahmen in den Schulen sind wichtig: Was bedeutet Respekt vor anderen? Welche Regeln gibt es? Was passiert bei Verstößen? Schülerinnen und Schüler müssen verstehen: Cybermobbing hat Konsequenzen. Konkret bedeutet dies, dass sie Verantwortung für ihr Handeln tragen, im Internet wie auf dem Schulhof.

Auch eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern ist unerlässlich, um gemeinsam Lösungen zu finden. Klare Regeln für den Umgang mit digitalen Medien und diese konsequent durchsetzen ist die Basis, und das nicht nur in der Schule: z. B. Bildschirmzeit, Benimmregeln für die digitale Kommunikation (Netiquette), handyfreie Zonen, nur kind-/jugendgerechte Apps nutzen.

9. Unterstützung und Hilfe: Zivilcourage zeigen, keine Opfer im Stillen lassen

Wie bei vielen anderen Herausforderungen ist die offene und bestenfalls vertrauensvolle Kommunikation zwischen Eltern, Schulen und Kindern die Basis:
  • Sprechen Sie mit Ihren Kindern.
  • Behalten Sie die Online-Aktivitäten Ihrer Kinder im Blick.
  • Interessieren Sie sich für ihr digitales Leben. So können Sie frühzeitig erkennen, ob es Probleme gibt und Hilfe anbieten oder professionelle Hilfe suchen.
Lehrerinnen und Lehrer (und natürlich auch Trainerinnen und Trainer in Sportvereinen) sollten bei Verdacht auf Cybermobbing sofort handeln. Sind mehrere Personen beteiligt, ist es hilfreich, das Thema im Klassenverband (beim Sport: im Team) zu besprechen.

Wie beim ursprünglichen Mobbing gilt auch hier: Es ist wichtig, dass alle Beteiligten aktiv gegen Cybermobbing vorgehen und nicht wegsehen. Unbeteiligte Mitschülerinnen und Schüler (im Sport Mitspielerinnen und Mitspieler) dürfen so ein Verhalten nicht tolerieren. Im besten Fall zeigen sie Zivilcourage und beziehen klar Stellung gegen die "Mobber".
Beratungsangebote wie Schulsozialarbeiter an Schulen helfen den betroffenen Kindern und Jugendlichen direkt. Darüber hinaus gibt es Anlaufstellen für professionelle psychologische Unterstützung.

10. Achtung: Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt

Aktuell gibt es leider noch kein eigenes Cybermobbing-Gesetz. Jedoch erfüllen bestimmte Handlungen von Cybermobbing den Straftatbestand und können entsprechend zur Anzeige gebracht werden:
  • Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch)
  • Verleumdung/Üble Nachrede (§§ 186 & 187 Strafgesetzbuch)
  • Nötigung (§ 240 Strafgesetzbuch)
  • Erpressung (§ 253 Strafgesetzbuch)
  • Bedrohung (§ 241 Strafgesetzbuch)
  • Stalking (§ 238 Strafgesetzbuch)
  • Unerlaubte Verbreitung von Bildern und Videos (§§ 22 & 23 Kunsturheberrechtsgesetz)
  • Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a Strafgesetzbuch)
 
Die Täterinnen und Täter können also durchaus zur Verantwortung gezogen werden - Opfer sind nicht machtlos!

Kommt es zu Cybermobbing sind daher folgende Schritte wichtig:
  • Beweise sichern und den Vorfall schriftlich dokumentieren: Screenshots, d.h. Bildschirmaufnahmen, sollten gemacht und die Nachrichten gespeichert werden, damit diese an die Polizei weitergegeben werden können.
  • Technisch hat der/die Betroffene die Möglichkeit die Verursacher auf dem Smartphone/Handy zu blockieren und sollte sich nicht provozieren lassen.
  • Kinder und Jugendliche sind nicht allein; im Gespräch mit ihren Vertrauten sollten sie sich Hilfe holen.

11. Hier bekommen Sie Hilfe:

In Deutschland:
https://www.cybermobbing-hilfe.de/ - hier bekommen Betroffene sogar von Gleichaltrigen Beratung.
https://www.buendnis-gegen-cybermobbing.de/hilfe/helpline.html
Kinder- und Jugendtelefon (0800 111 0333), Nummer gegen Kummer e.V. (116 111), Zentrum für Kinderschutz im Internet (www.zki.de).
In Österreich:
Helpline "Rat auf Draht" (147), Bundesministerium für Frauen, Familie und Jugend (www.bmfj.gv.at).
In der Schweiz:
Helpline "147", Stiftung gegen Cybermobbing (www.stiftung-cybermobbing.ch), Nationales Kompetenzzentrum für Jugendfragen (www.jugendfragen.ch).

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Quellen:

https://www.buendnis-gegen-cybermobbing.de/aktivitaeten/studien.html Stand: 14.07.2023
https://www.klicksafe.de/cybermobbing#c51002  Stand: 17.07.2023
https://www.lmz-bw.de/medienbildung/themen-von-a-bis-f/cybermobbing/verbreitung-von-cybermobbing  Stand: 24.07.2023
https://medienkompetenz.team/  Stand: 22.07.2023
https://www.polizeifuerdich.de/deine-themen/handy-smartphone-internet/cybermobbing/ Stand: 22.07. 2023
https://www.internet-abc.de/kinder/lexikon/a-g/cybermobbing/ Stand: 19.07.2023
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